„Ganz wichtig ist Präsenz.“

Mit Gabriele Lingemann auf Streife in Eslohe

Es ist Donnerstagnachmittag. In der Bezirksdienstelle der Polizei in Eslohe ist heute, wie auch montags, offene Sprechstunde für alle polizeilichen Anliegen der Bürger. Seit Dezember 2019 ist Gabriele Lingemann hier die Ansprechpartnerin. Ihr dürfen wir heute ein wenig über die Schulter schauen und uns ein Bild über den Alltag einer Polizeibeamtin machen. Gabriele Lingemann wohnt im Esloher Ortsteil Kückelheim, ist halbtags tätig und vollzieht ihren Dienst an fünf Tagen in der Woche in der Bezirksdienststelle in Eslohe.

Als wir dazustoßen, sitzt die Polizeibeamtin an ihrem Computer. Zu Beginn ihres Arbeitstages informiert sie sich normalerweise, ob während ihrer Abwesenheit Einsätze erfolgt sind und worum es dabei ging. Außerdem ist sie heute schon einer Beschwerde nachgegangen. Da hatte jemand mit dem Auto den Bürgersteig so zugeparkt, dass man mit Kinderwagen oder Rollator nicht mehr durchkam. „Ich suche dann das Gespräch mit den Pkw-Besitzern, weise sie auf ihr Fehlverhalten hin und erkläre die Gründe dafür“, berichtet Gabriele Lingemann. Manchmal wird die Dienststelle kontaktiert, wenn Fahrzeuge Straßen befahren, die nur von Anliegern oder landwirtschaftlichem Verkehr genutzt werden dürfen. „Dem gehe ich nach, indem ich in gewissen Abständen die entsprechenden Stellen überprüfe und Fahrzeugkontrollen mache.“

Ansprechpartnerin für die Bürger

Das kleine Büro an der Hauptstraße, in der Mitte des Ortes, gefällt Gabriele Lingemann. „Der Standort ist optimal. Wir sind hier sehr zentral, optisch präsent und für die Bürger sehr gut zu erreichen“, sagt sie. Die Aufgaben in einer kleinen Bezirksdienststelle unterscheiden sich etwas von der Arbeit auf einer größeren Polizeiwache. In erster Linie sei sie erste Ansprechpartnerin für die Bürger, betont Gabriele Lingemann. „Ich arbeite außerdem eng mit dem Ordnungsamt zusammen, kümmere mich um die frühkindliche Verkehrserziehung, gehe Beschwerden nach, vollstrecke Haftbefehle, nehme Strafanzeigen auf und sorge für die Schulweg-sicherung.“ Ganz wichtig sei Präsenz, fügt sie hinzu. So könne im Vorfeld schon Vieles vermieden werden.

Die offizielle Sprechstunde ist nun vorüber und wir begleiten die Beamtin auf einer Fußstreife durch den Kurpark. Mit einer Polizistin in Dienstuniform an der Seite fällt man ganz sch.n auf, bemerke ich. Man hat uns im Blick. Viele Passanten, die uns begegnen, grüßen freundlich. Man kennt sich. Ich nutze die Zeit für ein paar Fragen und möchte von der Polizistin wissen, was die drei silbernen Sterne auf der Schulterklappe ihrer Dienstuniform zu bedeuten haben. „Die silbernen Sterne werden im gehobenen Polizeivollzugsdienst vergeben“, lässt sie mich wissen. „Sie deuten den Dienstgrad des jeweiligen Trägers an. Ein Stern bedeutet Kommissar, zwei Sterne Oberkommissar, drei Sterne entsprechen dem Dienstgrad Hauptkommissar.“

Ist Eslohe ein ruhiges Pflaster, was die Kriminalität angeht? „Es gibt auch hier die ganze Bandbreite an Delikten, die auch woanders vorkommen. Nur sind die Vergehen punktuell verteilt und in der Summe nicht ganz so zahlreich wie beispielsweise in einer größeren Stadt“, erklärt die Hauptkommissarin.

Vor 38 Jahren ist die Kückelheimerin in den Dienst der Polizei eingetreten. Damals hat sie eine dreijährige Ausbildung absolviert. Heute absolvieren die Polizei-Anwärter ein Studium an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung.

„Ich wollte immer einen Beruf ausüben, in dem man es mit Menschen zu tun hat“, erinnert sie sich. „Krankenschwester stand ganz oben auf meiner Wunschliste. Als Polizistin zu arbeiten, das hatte ich zunächst nicht auf dem Zettel.“ Wie auch? Die Laufbahn bei der Schutzpolizei war damals Männern vorbehalten. 1978 stellte Berlin als erstes Bundesland auch weiblichen Nachwuchs ein, in den Folgejahren zogen die anderen Länder nach. In Bayern mussten sich junge Frauen bis 1990 gedulden. Just in dem Jahr (1982), als Gabriele Lingemann die Schule verließ, wurde die Regel in NRW geändert. Sie bewarb sich, wurde angenommen und gehörte damit zum ersten gemischten Ausbildungslehrgang.

Empathie und Durchsetzungsstärke

Bei der Frage, ob sie eine strenge Polizistin sei, überlegt sie einen Moment. „Meine Aufgabe ist es, Gesetz und Ordnung durchzusetzen. Ich bin ein freundlicher Mensch, der anderen mit Respekt begegnet, allerdings erwarte ich das auch umgekehrt. Ich glaube schon, dass ich eine Polizistin bin, mit der man ganz gut reden kann.“ Dass es heutzutage ab und zu an Respekt gegenüber den Ordnungshütern fehlt, kann auch Gabriele Lingemann bestätigen. „Eine gesellschaftliche Entwicklung, die sich ja auch in vielen anderen Bereichen bemerkbar macht“, meint sie dazu.

An diesem Sommertag ist alles ruhig im Esloher Kurpark. Wir haben unsere Runde beendet und Gabriele Lingemann steigt wieder in ihr Dienstfahrzeug, um ins Büro in der Hauptstraße zu fahren und die restliche Büroarbeit zu erledigen.

Am nächsten Tag erfahre ich von ihr, dass sie noch einmal in den Kurpark gefahren ist. Jemand hatte sich über Lärm, ausgehend von einer Gruppe Jugendlicher, beschwert. Gabriele Lingemann kontaktierte die jungen Leute und wies sie auf die örtlichen Regeln hin. Die Teenager zeigten sich einsichtig.

Oft ist es entscheidend, den richtigen Ton zu treffen. „In meinem Job braucht man eine gute Mischung aus Empathie und Durchsetzungsstärke“, betont die erfahrene Hauptkommissarin. Am Anfang guckt man sich viel von älteren Kollegen ab, später entwickelt man selbst ein Gefühl dafür. In den Polizeidienst zu gehen, war eine gute Entscheidung, sagt sie heute: „Ich bin nach wie vor sehr gerne Polizistin!“