„Früh übt sich“ beim Musikverein Herdringen
Hannah, Ziva, Marit, Marie, Linn & Emmy sind schon vor Unterrichtsbeginn vor der Eintrittstür versammelt und üben noch das „Affenglück: „Anna Affendame mag so gern Banane“; kräftig blasen sie dazu in ihre Blockflöten. Die Herdringer Kinder haben ihre Hausaufgaben gemacht. Gleich können Sie Vanessa Schulte, eine der beiden Leiterinnen der Blockflötengruppen, beweisen, wie gut sie es das Stück schon können.
Jede Woche treffen sie sich regelmäßig im Untergeschoss der Grundschule, zwei Jahre lang. Eine Kooperation des Musikvereins Herdringen mit der hiesigen Grundschule, die schon seit über 20 Jahren besteht, macht möglich, dass Kinder der 1. und 2. Grundschulklasse den Blockflötenunterricht besuchen können. Ab der 3. Klasse können sie dann – aufbauend auf den Grundunterricht – ein weiteres Blasinstrument erlernen. Vanessa Schulte, hauptberuflich beim WOLL-Magazin beschäftigt, geht selbst zu den Erstklässlern, um für den Unterricht zu werben. Im Schlepptau hat sie dann die fortgeschrittenen Schüler aus der 2. Klasse, die zeigen, was sie schon alles können. Schnell lassen sich die Kinder begeistern und haben Freude am Mitsingen und Mitklatschen. Nur selten hört sie ein „Das hört sich aber komisch an“.
Vanessa Schulte hat mit sieben Jahren begonnen, Blockflöte zu spielen. Gut kann sie sich noch daran erinnern, wie ihre Lehrerin – Frau Becker – sie motiviert hatte: „Mit Diddl-Blättern, quasi als Fleißkärtchen.“ Ihr Fleiß hat sich ausgezahlt: Heute spielt Vanessa Saxofon im Herdringer Musikverein und ist mit der gleichen Begeisterung dabei wie damals als Kind.
Zunächst wird durch Klatschen und gemeinsames Singen das Rhythmus-Gefühl gestärkt. Auch auf die richtige Körperhaltung und damit die bewusste Atmung kommt es an, deshalb spielen die Kinder im Stehen, dann sind der Bauchraum und speziell das Zwerchfell, der wichtigste Atemmuskel, frei. Apropos Körperhaltung, die ist auch im Sitzen wichtig. Deshalb richtet sich Vanessa gleich an ein Mädchen: „Warum stützt du deinen Kopf auf? Du bist doch keine Oma.“ Die anderen Kinder lachen, die kleine Kopf-Aufstützerin am lautesten.
Zu Beginn macht Vanessa den Kindern deutlich, dass sie ihr Instrument immer gut behandeln müssen. Klatsch, hört man wie eine Flöte zu Boden fällt. Nicht die letzte heute. Sind die Flöten einfach zu rund für den glatten Tisch?
Dann geht es an das Instrument. „Warum kaust Du auf der Flöte?“, fragt Vanessa eines der Mädchen. Luke, dem einzigen Jungen in der Gruppe „schmeckte“ die Flöte erst gar nicht – im wahren Sinne des Wortes. Zu weit möchte er die nicht in den Mund stecken: „Die schmeckt eklig.“ Mittlerweile weiß er sie schon recht gut zu benutzen, ohne sie anzuschlecken. Die meisten der anderen Kinder nehmen den Begriff Mund-Stück aber immer noch sehr wörtlich.
Endlich dürfen die Kinder das Übungsstück vortragen – zunächst einzeln. Wer fängt an? „Ich, ich, ich!“ Und auch ein leises „Ich kann das nicht.“ Vanessa lobt, korrigiert, ermahnt die anderen, denen die Konzentration manchmal doch noch recht schwerfällt: „Wenn andere vorspielen, ist hier Ruhe“ , sagt Vanessa ruhig, aber bestimmt. Die Finger werden wieder an die Flöte gelegt. Noch sind sich die Kinder nicht immer sicher, welche Hand sie benutzen sollen, um die oberen Löcher der Blockflöte abzudecken. So richtig? Nein. Also Seitenwechsel. Gar nicht so einfach, der Flöte die richtigen Töne zu entlocken. So mancher Ton erinnert doch noch eher an ein Tinnitus-Geräusch.
Dann spielen alle Kinder gemeinsam. Also wieder die kleinen Finger auf das Mittelteil gelegt: Jetzt wird das „Affengück“ gespielt: „Habt ihr auch alle Löcher geschlossen?“ fragt Vanessa, die natürlich schon gehört hat, dass das nicht so ist. Einige Kinder drehen die Flöte rum, um nachzusehen. Autsch, jetzt muss die Fingerstellung schon wieder korrigiert werden. Aber bei diesem Durchgang sind die Kleinen voll konzentriert und spielen das Stück im richtigen Rhythmus und mit ziemlich sauberen Tönen: An-na Af-fen Daaa – me mag so gern Ba_naaa-ne.
Man merkt schnell, dass die Kinder gern zu Vanessa Schulte in die Stunde kommen. Einige der Kinder haben bereits die Musikfrüherziehung genossen, die „Kiddy‘s Musikwerkstatt“, in der schon Kindergartenkindern die Freude an der Musik nahegebracht wird. Noch nicht mit Instrument, aber durch Singen, Trommeln und Tanzen ……
Wenn die Kinder zum ersten Mal ein kleines Stück vor Publikum spielen erfüllt das nicht nur die Eltern mit Stolz und Freude. Vanessa Schulte hörte an solchen Tagen schon oft den Satz: „So haben wir damals auch angefangen.“
In alter Zeit wurden Flöten vor allem von Männern gespielt, von Adligen und auch Stadtmusikanten. Erst im 20. Jahrhundert wurde es zur ersten Musikausbildung bei Kindern populär.
Flötentöne tauchen in einigen Stücken von Beatles, Rolling Stones, Led Zeppelin und Yes auf. Und sogar bei Jimi Hendrix.