Anja Geuecke alias Hettwich vom Himmelsberg: Kabarettistisches Multitalent mit einzigartigem Charme und roter Kappe

Quelle: privat

Die beliebte Kabarettistin Anja Geuecke aus Attendorn unterhält als Hettwich vom Himmelsberg ihr Publikum mit Witz und Verstand. Dabei schreckt sie nicht vor neuen Herausforderungen oder schwierigen Themen zurück.

„Ich bin durch das Elend meiner Eheschließung hier im Sauerland gelandet. Nee, Elend stimmt natürlich nicht, aber Eheschließung schon“, erzählt uns Anja Geuecke, gebürtige Bad Driburgerin, augenzwinkernd von ihrem Weg in unsere Heimat. Schon zu Beginn unseres Interviews beeindruckt die Kabarettistin mit ihrer Eloquenz und Wortwitz, den das Publikum an ihrem Alter Ego Hettwich (die richtige Schreibung ist ihr übrigens äußerst wichtig) vom Himmelsberg so sehr liebt. Wir lernen die Mimin, die einen Attendorner Straßennamen im Künstlernamen trägt, ohne ihre Markenzeichen, der roten Mütze und charakteristischen Brille, kennen und schauen, was Hettwich und ihre Schöpferin verbindet, aber auch unterscheidet.

Die 49-Jährige entdeckt schon als Kind ihre Vorliebe für das Theaterspielen und die Bühne. „Als kleines Kind habe ich manchmal Werbesprüche nachgesprochen und sie parodiert. Später, als ich zur Schule ging, spielte ich Theater. Im Studium schauspielerte ich beim Kindertheater Paderborn und während meiner Berufsjahre in Dortmund verbrachte ich viel Zeit auf der Bühne des dortigen Improtheaters“, erinnert sich Anja Geuecke an ihre ersten Schauspielerfahrungen.

Als Pädagogin für die Kirche tätig

Und beruflich? „Nach der Schule habe ich es ein bisschen mit dem Studieren übertrieben“, bemerkt Anja. So ist sie nicht nur Sozial-, sondern auch Religions- und Theaterpädagogin. Zunächst arbeitete sie für das Erzbistum Paderborn, später lebte sie in Bamberg und Dortmund, bevor sie ihr beruflicher Weg im Jahr 1998 nach Lennestadt-Altenhundem führte, wo sie als Referentin für katholische Jugendarbeit tätig war. Aus dieser Zeit stammt im Übrigen Hettwichs flauschige rote Kappe. Anja pflegt sie gut und erzählt: „Als wir die Dekanatsstelle auflösten, habe ich sie aus einer Verkleidungskiste mitgenommen. Bis heute trägt Hettwich sie mit Liebe. Alle Versuche, eine ähnliche Kopfbedeckung zu finden, scheiterten. Daher muss ich gut auf sie aufpassen.“  

Wenige Jahre später wird die Stelle im Dekanat Attendorn frei. „Dort wollte ich immer hin, weil es hier so schön ist“, freut sich Anja über ihre neue Heimatstadt. Mit Ehemann Theo bekommt sie drei Kinder. Ihr „viertes Kind“ Hettwich erblickt im Jahr 2005 das Licht der Bühnenwelt.

„Ein Hobby läuft aus dem Ruder“

„Wir suchten zu der Zeit in Attendorn für die Gäste des Weltjugendtages  Übernachtungsmöglichkeiten und ich warb als Hettwich auf witzige Art und Weise dafür: ‚Dann räumste den Fuchs vom Treppenabsatz, da kriegste doch locker zwei Mann unter.‘ Den Leuten gefiel das und eine meiner Kolleginnen motivierte mich, doch mal öfter kabarettistisch zu arbeiten. So ergaben sich immer mehr Termine“, beschreibt Anja Hettwichs erste Gehversuche auf der Bühne. Es folgten Auftritte auf Geburtstagen und Firmenjubiläen. „Es wurde ein aus dem Ruder gelaufenes Hobby“, Anja lacht bei den Gedanken an ihre ersten humoristischen Aufführungen.

Seit mittlerweile acht Jahren ist sie mit ihrer Kunst selbstständig. Den Startschuss für die Gründung ihres eigenen Unternehmens gibt ein Engagement im Hansehotel Attendorn. „Sie haben mich als Hettwich im Karneval gesehen und wollten, dass ich jeden Sonntag zum Frühschoppen im Hotel spiele“, beschreibt sie den Beginn ihrer Selbstständigkeit.

Die Figur „Hettwich“ als Schutz und Herausforderung

Im Jahr 2013 bewirbt sie sich mit einem Video, welches übrigens noch im Netz zu finden ist, um das Paderborner Einohr, einem Kabarettpreis. Sie gewinnt den Preis für die beste Bewerbung, darf allerdings nicht im Finale auftreten. Das Argument der Jury: Aufgrund ihrer Verkleidung sei ihr Auftritt zu wenig Kabarett und zu viel Comedy. Anja stört das nicht, bastelt trotzdem weiter fleißig an ihrer Kabarettkarriere und ihre Fangemeinde wächst. „Ihrer“ Hettwich bleibt sie dabei treu, auch wenn sie manchmal in andere Rollen schlüpft:

„Es ist von Vorteil, auf der Bühne eine Figur zu spielen. Die Verkleidung dient ein Stück weit als Schutz und macht vieles einfacher – ich sage die Dinge ja nicht als Anja, sondern als Hettwich. Allerdings begrenzt mich diese Rolle manchmal auch und fordert mich heraus. So hat Hettwich zwar zwei Wellensittiche, aber keine Kinder. Denn als sie Siechfried auf einer Mischehenverhütungsfahrt kennenlernte und kurz danach heiratete, war sie zu alt dafür. Allerdings spreche ich bei meinen Auftritten oft von Kindern. Diese Geschichten müssen glaubhaft erzählt werden. Deshalb hat meine Figur Hettwich in ihrer Vergangenheit als Erzieherin gearbeitet.“

Mit Hettwichs spitzer Zunge und Anjas scharfem Verstand

Durch ihren beruflichen Werdegang bilden die katholischen Themen, wie beispielsweise Frauen und Kirche, natürlich einen Schwerpunkt ihrer Auftritte, doch Anja lässt sich nicht auf diesen Bereich festlegen. Sie ist neugierig auf alles Neue. So stehen beispielsweise kabarettistische Stadtführungen in Attendorn oder Plettenberg auf ihrem Terminplan und bei der VW Automobilzulieferermesse in Wolfsburg hat sie für Gedia technische Themen humorvoll aufbereitet – sicherlich nicht ganz einfach für eine Fachfremde. „Ich sach nur: Sex sells!“, sprichts und schmunzelt. Über sich selbst lachen, genaues Beobachten, neugierig auf das Leben sein – das sind Eigenschaften, die die beiden Ostwestfälinnen Hettwich vom Himmelsberg und Anja Geuecke gemeinsam haben: „Allerdings bin ich, Anja, ein wenig eitler als Hettwich und nicht ganz so böse. Außerdem ist mein Mann Theo zum Glück nicht so mürrisch und genervt wie Hettwichs Mann Siechfried. Theo weiß zum Beispiel auch, dass Spülmaschinen auch von Männerhänden bedient werden können. Dem Siechfried ist das noch nicht bekannt.“

Anjas Ehemann ist Entwicklungsingenieur bei einem großen Automobilhersteller. Durch ihn hat die Kabarettistin den „Fresh Eye Review“ kennengelernt – mit anderen Augen auf eine Sache blicken. „Wenn jemand das Problem am Tankeinfüllstutzen nicht lösen kann, schaut mal jemand von den Scheinwerfern drauf. So versuche ich auch bei meinen Themen einen anderen als den konventionellen Blick auf die Sache zu werfen.“

Schwierige Themen kabarettistisch und manchmal spontan aufbereitet

Anja schreckt in ihrer Paraderolle nicht vor schwierigen Inhalten zurück. Sie lockert mit ihren humoristischen Beiträgen Tagungen und Konferenzen auf, nimmt dadurch auch unangenehmen Themen, wie Drogenmissbrauch, Depressionen oder Suizidgedanken von Jugendlichen, die Schärfe und dabei kein Blatt vor den Mund.

Doch nicht nur Einstudiertes bringt die Attendornerin gekonnt auf die Bühne. Während einer bistumsübergreifenden Fachtagung fasste Anja in unterhaltsamer Hettwich Manier die Ergebnisse, die zuvor in stundenlangen Diskussionen erarbeitet wurden, zusammen. Spontan und unterhaltsam neu Erarbeitetes darzubieten ist etwas völlig anderes als auswendig gelernte Pointen abends auf der Bühne zu präsentieren. Das ist wohl nur mit großer Liebe zum Beruf, Eloquenz und Kreativität zu bewältigen.

Auf die Bühnen in ganz Deutschland

Anjas außergewöhnliches Können hat sich mittlerweile in ganz Deutschland herumgesprochen. Ihre Auftritte führen sie von Frankfurt über Dortmund, Kamen, Moers über Heidelberg und sogar bis zum Tegernsee. „Ich versuche bei meinen Auftritten immer auch spontan auf das Publikum einzugehen, denn der Humor ist in allen Regionen unterschiedlich. Das macht einfach Spaß“, so die Pädagogin.

Ganz lässt sie ihre Arbeit als Referentin für das Erzbistum Paderborn allerdings nicht los. So gibt sie weiterhin Schulungen beispielsweise in Altenheimen oder der Industrie- und Handelskammer Paderborn zu den Themen Prävention, Selbstbewusstsein oder Bühnenpräsenz. „Das ist ein spannendes Feld, da muss ich die Menschen ebenfalls unterhalten. Auch für die Kirche arbeite ich gerne. Sie ist ein guter Arbeitgeber, ermöglicht hervorragende Fortbildungen und die Überstunden sind für das Seelenheil“, beschreibt Anja mit ihrem trockenen Humor ihr zweites Standbein neben der Bühne.

In Zukunft möchte Anja alias Hettwich gern weiterhin auf Bühnen in ganz Deutschland stehen. Das tun, was sie liebt: Kabarett. Das sind doch großartige Nachrichten für alle, die gute Unterhaltung lieben, woll?! Und Hettwich ist auch froh, dass sie dann mal raus kommt. „Dann muss ich nicht immer ganz pünktlich Siechfrieds Essen auffen Tisch bringen. Dat kann manchmal ganz schön nerven“, hat Hettwich das letzte Wort.