„Am Anfang war das Wort – und dann kommt das Bild.“

Quelle: privat

Karikaturist Arnd Hawlina

Sauerländer wurde er eigentlich eher durch Zufall. Weil es 1968 die A45 noch nicht gab, war das nächstliegende Krankenhaus von seinen Großeltern in Valbert aus, das in Attendorn. Die ersten dreizehn Jahre seines Lebens verbrachte er dann jedoch zunächst in Aachen, bevor es für Arnd Hawlina zurück ins Land der 1.000 Berge ging, nach Kierspe. Heute lebt der Künstler in Köln, das Sauerland ist jedoch immer in seinem Herzen.

Schon früh begann Arnd Hawlina mit dem Zeichnen. „Naturgemäß kann ich mich nicht daran erinnern, aber angeblich ging das bereits in meinem dritten Lebensjahr los, dass ich mich außergewöhnlich lange und konzentriert mit Papier und Stift beschäftigte“, erzählt er. Sein fünf Jahre älterer Bruder und großes Vorbild zeichnete auch und so war die Motivation hoch, möglichst schnell so zeichnen zu können wie er. Mit der Zeit wurde das Zeichnen zu Arnd Hawlinas Waffe. „Während der Schulzeit nutzte ich meine Zeichenfähigkeiten, um mich an Lehrern zu rächen, von denen ich mich schlecht behandelt fühlte“, erinnert er sich und lacht. Öffneten die Lehrer die Tafel, konnte es passieren, dass sie ihr Konterfei dort wiederfanden – auch zur Freude seiner Mitschüler. „Und auch die Schulbücher waren vor meinen Stiften nicht sicher.“

Schon damals merkte er, dass das Zeichnen, neben der Musik, seine größte Leidenschaft war. „Ich habe sehr viel Zeit mit mir alleine verbracht und mich im Zeichnen geübt und damit den Grundstock gelegt für das, was ich heute kann.“

Nach dem Abitur in Kierspe und dem Dienst bei der Bundeswehr ging es nach Köln. Das Studium der Germanistik und Philosophie brach er jedoch nach zwei Semestern ab. „Ich glaubte nicht, dass ich von der Kunst leben konnte und suchte etwas Handfestes, bei dem ich gleichzeitig kreativ sein konnte.“ Seine Wahl fiel auf Architektur. Doch das kreative Zeichnen ließ ihn nie ganz los. Seit achtzehn Jahren ist er nun schon freiberuflich als Karikaturist tätig. Seine Arbeit als Architekt hat er inzwischen vollständig hinter sich gelassen.

Quelle: privat

Von Pressekarikaturen bis Graphic Recording

Seine Arbeit als Künstler lässt sich heute in mehrere Bereiche aufteilen. „Ich zeichne Pressekarikaturen für Zeitungen und Magazine“, erklärt der Künstler, der für seine Karikatur zur Plagiatsaffäre um Karl-Theodor zu Guttenberg eine Auszeichnung von der Akademie für Kommunikation erhielt. „So etwas entsteht zuhause am Schreibtisch. Ich bin aber auch viel live unterwegs.“ Auf Hochzeiten zeichnet er die Gäste, die ihr Porträt als Gastgeschenk später mit nach Hause nehmen können, auf Messen erklärt er unterhaltsam neue Produkte und karikiert gleichzeitig die Besucher und für Kongresse und Tagungen kann man ihn zum Graphic Recording buchen. „Dabei fertige ich simultan zum Redner Illustrationen an, die dann live auf dem Monitor abgebildet werden. Darüber werden emotionale Botschaften präsentiert, die sich viel besser ins Gedächtnis einprägen als eine einfache PowerPoint-Präsentation.“

Es ist die Mischung aus all dem, die ihm besonders viel Freude bereitet. „Ich brauche immer wieder die Erfrischung, live mit Menschen zu arbeiten, ihnen gegenüber zu sitzen; ihr Gesicht sehen, ihre spontane Reaktion und die Stimmung spüren“, erzählt er. „Live zu zeichnen ist nicht nur reine zeichnerische Tätigkeit, sondern auch Entertainment und Kommunikation. Es ist eine viel komplexere Arbeit, es geht um Psychologie und darum, Menschen einzuschätzen.“

Aber auch zuhause am eigenen Schreibtisch neue Karikaturen zu erschaffen, ist eine tolle Herausforderung. „Ein Motiv für eine Karikatur entstehen zu lassen, ist letztendlich Training – ähnlich wie bei einem Stand-up-Comedian.“ Assoziatives Denken ist hier das Stichwort. „Du hast dir ein Thema ausgewählt und dir fällt ein Wort dazu ein, dann Bilder und schließlich kommst du zu deinem finalen Motiv.“ Bei Arnd Hawlina kommen die Bilder oft über die Sprache, über Redewendungen und Wortspiele. „Am Anfang war das Wort – und dann kommt das Bild“, erklärt er.

Zeichnet er Gesichter, geht er natürlich anders vor. „Dort scanne ich das Gesicht innerhalb von Sekunden und teile es in Achsen auf.“ Karikatur, das kommt vom italienischen Wort „caricare“, das so viel bedeutet wie „überladen“ oder „überfrachten“. Und genau das macht er: Alles, was er sieht, wird in die jeweilige Richtung übertrieben. Ein langes Kinn wird noch länger, eine kleine Nase wird noch kleiner. Er erkennt sofort, was wichtig ist, um einen Menschen oder ein Tier darzustellen. „Man muss sich das Gesicht vorstellen wie eine Landschaft – mit Tälern und Bergen, mit Rinnsalen und kleinen Furchen.“

Geprägt wurde Arnd Hawlinas Stil durch die Comics, die er in seiner Jugend gelesen hat. Asterix und Obelix vor allem, ein wenig Tim und Struppi, aber auch das Comic-Magazin MAD. Inzwischen kommen auch noch neue Einflüsse hinzu. „Man lernt einfach nie aus“, weiß der Künstler. Das digitale Zeichnen am iPad hat seinen Stil noch einmal verändert, aber auch der Austausch mit einer Gruppe von Karikaturisten aus der ganzen Welt, mit denen er sich in Europa oder den USA bei gemeinsamen Workshops trifft, haben Einfluss auf seine Arbeit.

Kunst als Therapie

In Zukunft möchte Arnd Hawlina jedoch nicht nur seine Zeichenfähigkeiten immer weiter verbessern, sondern seine Kunst auch dazu nutzen, anderen Menschen zu helfen. „Ich möchte gerne therapeutisch arbeiten und mache daher gerade eine Ausbildung zum Gestalttherapeuten.“ Die Gestalttherapie ist ein humanistisch orientierter Therapieansatz. „Ich bin am Ende der Ausbildung jedoch kein Psychotherapeut, sondern Gestaltpädagoge.“

Besonders am Herzen liegt ihm das Thema der Suchtkrankheiten – begründet in seiner eigenen Vergangenheit. Er möchte seine künstlerischen Fähigkeiten dazu einsetzen, um Suchtkranke zu stabilisieren, ihnen dabei zu helfen, eine Ausgeglichenheit zu finden und vielleicht zu lernen, Probleme aus sich selbst heraus zu kompensieren, innere Stärke zu entwickeln, Resilienz. „Das hat auch mit Achtsamkeit zutun, auch mit Meditation. Viele Suchtkranke haben große Probleme, sich zu konzentrieren. Diesen Menschen ein Blatt Papier, den Raum und die Möglichkeit zu geben, ihre Emotionen zum Ausdruck zu bringen und auf Augenhöhe mit ihnen arbeiten, das ist das, was ich in Zukunft machen möchte“, erklärt er. „Ihnen zu sagen, so wie du fühlst, kann ich auch fühlen, ich kann dich verstehen. Ich bin nicht besser als du. Auch ich kenne die andere Seite. Mir ist genug geholfen worden, jetzt ist die Zeit gekommen, in der ich ein Stück zurückgeben kann.“

Ein Menschenfreund und das Sauerland im Herzen

Arnd Hawlina ist das Zeichnen in die Wiege gelegt worden – und sein ganz besonderer Sinn für Humor. „Dieses mit dem Florett fechten, nicht mit dem Säbel, dieser feine Humor, das Hintersinnige und durchaus auch mal Feingeistige ist es, was mich so begeistert: Der sensible und subtile Umgang mit Themen, auch Ironie, aber niemals mit der Brechstange. Ich bin ein großer Menschenfreund und auch wenn Satire eigentlich alles darf, gibt es für mich gewisse Respektsgrenzen, die ich nicht überschreiten möchte.“

Eine Grenze, die er jedoch noch regelmäßig überschreitet, ist die zum Sauerland. „Ich bin unglaublich glücklich, wenn ich dort sein kann. Mein Puls geht runter und ich bin sofort tiefenentspannt. Das Sauerland ist für mich mein Wohlfühlgebiet und meine Heimat.“

von Sonja Nürnberger