Als Groomer gegen den Filz

Schicker Style auf Hundisch

Hund müsste man sein! Nie mehr zur Arbeit, ganz viel Schlaf, noch mehr Streicheleinheiten und mit gekonntem Augenaufschlag das ein oder andere Leckerchen erhaschen … Und als wäre das nicht schon genug, haben unsere vierbeinigen Freunde gerade jetzt einen großen Vorteil gegenüber uns Menschen: Sie durften auch im Lockdown zum Frisör. Während Frauchen und Herrchen mehr und mehr verzotteln, stolziert Bello perfekt gestylt und très chic durch die Gegend – den Hundefrisörinnen und -frisören sei Dank.

Lucia Bräu ist eine von ihnen. Ihren Hundesalon in Wenholthausen betreibt sie seit 17 Jahren. Damals gab es nur wenige ihrer Zunft im Hochsauerlandkreis. Sie erinnert sich: „Ich hatte selbst einen Pudel und wusste, wie schwer es war, einen Termin zum Scheren zu bekommen.“ „Mach doch einfach selbst einen Hundesalon auf“, meinte ihr Mann damals. Dieser Vorschlag entwickelte sich weiter und weiter zu einer echten Perspektive. Niemals habe sie diesen Schritt bereut, urteilt Lucia Bräu aus heutiger Sicht: „Für mich ist es der schönste Beruf der Welt!“

Knowhow

Ihr Wissen hat sich Lucia Bräu damals nicht in einem Schnellkurs, sondern bei einer erfahrenen Kollegin angeeignet, bei der sie eineinhalb Jahre hospitierte. „Hier habe ich viel gelernt und war dann erstmal gut auf meinen eigenen Start vorbereitet“, erinnert sie sich. Heute hat sie sehr viele Stammkunden und nicht nur zu den Hunden, sondern auch zu den dazugehörigen Menschen ein gutes Verhältnis. Während der Hund schöngemacht wird, bleibt Zeit zum Klönen. „Viele kenne ich schon so lange, da geht es auch mal um andere Themen als den Hund. Eigentlich wie beim normalen Frisör auch.“ Momentan ist das allerdings ausgesetzt. Denn im Lockdown heißt es für Frauchen und Herrchen: „Wir müssen leider draußen bleiben!“

„Ganz wichtig ist hundisch.“

Anders als beispielsweise in Belgien und den Niederlanden ist der Beruf des Hundepflegers oder „Groomers“, wie es auf Neudeutsch heißt, in Deutschland kein Ausbildungsberuf. „Völlig unverständlich“, findet Lucia Bräu, denn es ist sehr viel Knowhow gefragt. Nicht nur, dass man mit scharfem Gerät hantiert, man sollte zudem tiermedizinisches Wissen – etwa zu Hautkrankheiten, Rassen oder zur Anatomie der Hunde – besitzen. Ganz wichtig sei „hundisch“ so nennt es Lucia Bräu und meint damit, dass man das Verhalten der Tiere deuten und Reaktionen verstehen können muss. „Wenn ich merke, ein Hund hat große Angst, dann lasse ich mir ganz viel Zeit und baue Vertrauen auf. Mit viel Geduld klappt es bei den meisten Hunden. Wenn mal einer dabei ist, der sich gar nicht scheren lassen möchte, kann der Hundebesitzer helfen, beruhigen und festhalten. Wenn nichts hilft, bekommt der Hund einen Maulkorb, aber das ist wirklich ganz selten.“

Der Sauerländer Hund liebt es pragmatisch

Für alle Nichthundebesitzer gefragt: Die Hundefrisur, muss das eigentlich sein? „Ja, für einige Rassen ist das absolut wichtig“, so die Fachfrau. Besonders bei Hunden, deren Haare wachsen, wie beispielsweise bei Pudeln. Ohne regelmäßigen Schnitt würde ihr Fell verfilzen, zu einem Nährboden für Milben und anderes Ungeziefer und für den Hund wie ein Panzer, durch den keine Luft mehr an die Haut kommt, was zu chronischen Hautleiden führen kann. Auch Hunde mit dichtem langen Fell, wie beispielsweise Berner Sennen-Hunde, sind dankbar, wenn sie in der warmen Jahreszeit ein bisschen davon befreit werden. Modischer Schnickschnack, wie Zöpfchen hier und Schleifchen da, das kommt eigentlich nicht vor, lacht Lucia Bräu.

„Unsere Sauerländer Hunde dürfen sich noch im Wald und auf den Wiesen austoben und sich auch schon mal dreckig machen. Mit kurzem Fell ist auch das Saubermachen danach kein Problem.“ Nach der langen Frisörabstinenz wird nun auch der ein oder andere Mensch wieder einen praktischen Fassonschnitt zu schätzen gelernt haben. Sicher wird es aufgrund der eintretenden Terminknappheit noch ein Weilchen dauern, bis wir alle wieder durchfrisiert sind. Bello und Co wird es jedenfalls freuen, wenn sie nicht mehr die Einzigen an der Leine sind, die gut gestylt sind.