Alles hat ein Ende, …

Foto: Heidi Bücker

Corona-Krise bringt enorme Herausforderungen für regionales Fleischerhandwerk

„Ich möchte die Gelegenheit nutzen, ein großes Danke zu sagen, an unsere tollen Kunden und Mitarbeiter, die geduldig und mit viel Disziplin vorbildlich die Hygieneregeln einhalten. Gemeinsam halten wir den Laden am Laufen!“ Mit diesen Worten bedankte sich MERTE-Chef Bernd Willmes im April in einem Aushang in den MERTE-Geschäften, anlässlich der „Meisterstücke“- Preisverleihung der Qualitätsprüfung des Fleischerhandwerks NRW, bei der MERTE sieben Mal Gold für herausragende Leistungen zur Erhaltung der regionalen Vielfalt der Fleisch- und Wurstkultur entgegennehmen konnte.

Gold für Fleischwurst, Schmallenberger Mettwurst und Sauerländer Frikko

Foto: Heidi Bücker

Diese ausgezeichneten MERTE-Produkte sind einmal mehr ein Beleg für die herausragende Qualität und die regionale Ausrichtung des Schmallenberger Familienbetriebes. Doch die Corona-Krise hat die Firma MERTE ebenso hart getroffen wie viele andere Handwerksbetriebe und Einzelhandelsfirmen in der Region. Zurückhaltung beim Konsum, Schließung der Gastronomiebetriebe und Hotels, keine Events und Feste, öffentliche Diskussionen über die Arbeitsbedingungen in einigen Großbetrieben der Fleischindustrie, zu denen sich das heimatliche Fleischhandwerk explizit nicht zählt. Das sind nur einige der Themen, die Familie Willmes und die Mitarbeiter des Schmallenberger Fleisch- und Wurstproduzenten beschäftigen. Wie geht es weiter mit und nach der Corona-Krise? WOLL hat Bernd und Claudia Willmes Anfang Juni zu einem Gespräch in Schmallenberg getroffen.

WOLL: Macht es noch Freude, Lebensmittel zu produzieren?
Bernd Willmes:
Selbstverständlich macht es noch Freude! Mehr denn je. Wir stellen fest, dass sich das Bewusstsein der Kunden dahin verändert, dass Regionalität eine immer größere Rolle spielt. Aus regionalen Produkten die unterschiedlichsten Fleisch- und Wurstwaren herzustellen ist seit jeher unsere Leidenschaft. Dabei spielen die Qualität der „Rohstoffe“, deren Herkunft und unsere Rezepturen eine ebenso große Rolle wie die Zufriedenheit unserer Kunden.

WOLL: Wie hat sich die Corona-Krise konkret auf die Wurst- und Fleischproduktion und den Verkauf der Produkte ausgewirkt?
Bernd Willmes:
Die Tiere stehen bei unseren Partnern aus der Landwirtschaft auf der Weide oder im Stall und wachsen weiter. Die können keine Rücksicht auf Corona nehmen. Und wir stehen in der Pflicht, die Tiere abzunehmen und zu schlachten. Aber durch die Schließungen unserer Handelspartner – Gastronomie und Hotels – fielen von einem auf den anderen Tag die Bestellungen weg. Das erforderte ein Um- bzw. Weiterdenken.
Claudia Willmes: In der Krise konnten die Menschen nicht mehr essen gehen. So stand zuhause „selber kochen“ auf dem Programm. Das haben wir natürlich im Geschäft sofort gemerkt. Besonders beliebt sind die Hausmacher Spezialitäten im Einmachglas: frisch gekocht, lange haltbar, einfach in der Zubereitung zuhause. Bei unseren Kunden fanden diese Angebote sehr viel Zuspruch. Zum einen, weil sie Vorräte wollten, und zum anderen ist es in diesen Zeiten ein kleiner Trost und Ersatz für den Besuch im Restaurant. Das gilt natürlich auch für besonderes Edelfleisch, zum Beispiel Filet und Roastbeef. So haben Fachgeschäfte kaum Umsatzeinbußen gehabt. Ganz im Gegenteil: Viele sind in der Krise Neukunden geworden, weil sie zwangsläufig zum Selbstversorger wurden.

WOLL: Keine Schützenfeste, keine großen Partys. Fällt in diesem Jahr der Grillsommer aus?
Bernd Willmes:
Für einen Grillsommer muss erstmal das Wetter passen. Wenn es keine großen Partys gibt, dann wird es sicherlich viele kleinere geben. Innerhalb der Familien ist die Saison schon eingeläutet. Keine Schützenfeste feiern zu können, ist für alle Beteiligten eine persönliche und wirtschaftliche Katastrophe. Ich denke da in erster Linie an die Vereine, aber auch an die saisonalen Mitarbeiter im Gastgewerbe, die auf die zusätzlichen Einnahmen verzichten müssen. Leidtragende sind doch eigentlich alle, die nicht im großen Stil feiern dürfen, und die, die in der Zeit keine Einnahmen haben. Und es ist die regionale Tradition, die uns allen fehlen wird.

WOLL: Durch die besonderen Vorkommnisse in einigen Fleischfabriken stehen die Fleischindustrie und das Fleischhandwerk unter erheblichem, öffentlichem Druck. Was kann der heimische Hersteller MERTE da tun?
Bernd Willmes:
Diese besonderen Vorkommnisse haben nichts mit dem Fleischhandwerk zu tun. In einigen industriellen Betrieben haben sich Mitarbeiter mit dem Corona-Virus infiziert. Und da sich viele der ausländischen Arbeiterinnen und Arbeitern aus den unterschiedlichsten Gründen Unterkünfte geteilt haben, war die Infektionsrate entsprechend hoch und der personelle Ausfall groß. Unsere Mitarbeiter leben in eigenen Wohnungen oder bei der Familie, nicht auf engstem Raum. Bei uns wird in zweieinhalb Schichten gearbeitet. Nur so kann ich gewährleisten, dass die Produktion im Betrieb weitergeht, falls die Mitarbeiter einer Schicht aus gesundheitlichen Gründen in Quarantäne müssen. Wir tragen in unserer Branche eine hohe Verantwortung in puncto Qualität, Gesundheit und Hygiene. Bei MERTE wird das sehr ernst genommen und unter ständiger Kontrolle gehalten.

WOLL: Was sollten die Kunden im Sauerland noch wissen, wenn Sie das nächste Mal Fleisch- und Wurstwaren kaufen, sich für die Grillparty eindecken oder in der Gastronomie endlich wieder ein heimisches Menü bestellen können?
Claudia Willmes:
Viele unserer Kunden denken und handeln regional. Für den Einzelhandel in unserer Stadt ist das enorm wichtig. Jeder, der in Schmallenberg einkauft, leistet einen Beitrag zur Wertschätzung des regionalen Einzelhandels. Solange wir noch mit diesem Virus „leben“, stehen Desinfektion, Maskenschutz und Spuckschutz an der Tagesordnung. Da können wir unseren Kunden einmal mehr danken, dass sie die vorgeschriebenen Maßnahmen geduldig und konsequent mitmachen und einhalten. Für alle, die hinter der Theke stehen, ist es ja auch nicht lustig, den ganzen Tag mit Schutzmasken zu bedienen, und eins ist klar: Stirbt der Einzelhandel, dann stirbt die Stadt!
Bernd Willmes: Ich möchte dazu noch einen Schritt weiter gehen und meine ganz persönlichen Alltagshelden loben: Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei uns und überhaupt im Einzelhandel. Abgesehen von der Buchhaltung und dem Büro-Team kann ich keinen ins Homeoffice schicken. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben sich immer schon als verlässliche Partner erwiesen. Und in diesen Zeiten erst recht. Das macht mich wirklich stolz.

WOLL: Wir bedanken uns für das Gespräch und wünschen Ihnen und der Firma MERTE eine glückliche Hand für die Aufgaben der kommenden Monate.