„Allein sein ist nicht gleich einsam sein“

Isolde Jaspert (82) lebt in ihrem Haus ihren kreativen Geist aus  

„In der Ruhe liegt die Kraft“ – ein Sprichwort, das auf Isolde Jaspert aus Marsberg perfekt zutrifft. Die 82-Jährige lebt abseits vom Trubel in einem von der Natur umgebenen Häuschen über den Dächern von Marsberg. Ein Ort, wo die vielseitig talentierte und interessierte Dame das Alleinsein genießt und ihren künstlerischen Ideen freien Lauf lässt. 

Durch ein Metalltor gelangt man auf das Grundstück von Isolde Jaspert, einer zierlichen Frau, die mit ihrem langen grauen Haar, das zusammen mit einem schwarzen und einem lilafarbenen Schnürsenkel zu einem Zopf geflochten ist, positiv anders wirkt. „Das hier auf der rechten Seite ist eine alte Setzmaschine“, erklärt die 82-Jährige stolz, als sie einen schmalen von Sträuchern und Bäumen umrandeten Weg durch ihren Garten entlang geht. Die Maschine, die die Marsbergerin von einer Druckerei bekommen hat, als diese auf ein moderneres Gerät umgerüstet hat, fügt sich perfekt in die Pflanzenwelt des weitläufigen Gartens ein. Neben der Setzmaschine zieren noch weitere Gegenstände, die die Marsbergerin von den verschiedensten Leuten erhalten hat, den Außenbereich und deuten auf ihren kreativen Geist hin. 

Berufliches Glück als Freiberuflerin  

Isolde Jaspert bezeichnet sich selbst als „Naturmensch“. Die Pflanzen lässt sie sich selbst entfalten: „Hier wächst alles ganz von selbst. Ich lasse die Pflanzen leben. Sie haben auch alle Namen, die ich von den botanischen Fachbegriffen ableite.“ Zwischen der wild wachsenden Flora ragt die Turmspitze ihres Hauses über den Baumkronen empor. Seit 40 Jahren wohnt sie nun schon hier. „Damals war auf dem Haus noch nicht einmal ein Dach. Es war quasi eine Ruine. Alles herzurichten hat lange gedauert“, sagt sie mit einem Lächeln im Gesicht. Das Haus, das sie als „Lebensaufgabe“ bezeichnet, denn „es gibt immer etwas Neues zu tun“, hat die 82-Jährige damals als Wohnhaus und Atelier erworben. Dort hat sie sich als freiberufliche Künstlerin verwirklicht, eine ihrer vielen beruflichen Stationen. Studiert hat sie unter anderem Kunst und Pädagogik. „Ich habe beruflich sehr viel gemacht. Ich war zum Beispiel in der LWL Klinik hier in Marsberg tätig und habe auch als Quereinsteigerin im Journalismus gearbeitet. Was ich aber nie wollte, war irgendwo fest angestellt sein,“ betont sie. Als sie sich an ihre berufliche Laufbahn erinnert, wirkt sie zufrieden. An ihrem Haus angekommen, schaut sie zu dem Turm, der ihr Haus so besonders macht, hoch und fängt an zu strahlen: „Aus dem Turm möchte ich gerne eine Kapelle machen. Das ist etwas, was ich unbedingt machen will und zwar zu Gottes Ehren“, erklärt Jaspert, die sich als „sehr christlich“ beschreibt. 

„Man muss die Dinge einfach sehen“ 

Ihre Verbundenheit zur Natur und ihr Glaube spiegeln sich auch im Inneren ihres Hauses wieder. Durch eine hohe Glastür gelangt man in ihr Haus, das so positiv anders ist wie Isolde Jaspert selbst. „Ich habe keine normalen Fußboden. Er besteht aus Sand. Mein Fußboden ist quasi jeden Tag anders, je nachdem wie der Sand verteilt ist“, sagt sie schmunzelnd. „Manchmal stehe ich sogar nachts auf und gestalte den Sand anders“, ergänzt sie. Im Erdgeschoss, den sie selbst als „Erlebnisraum“ bezeichnet, finden sich die verschiedensten Kunstwerke und von ihr selbst gestalteten Einrichtungsgegenstände. Den Eingangsbereich schmückt etwa eine Marienfigur, die sie restauriert hat. Direkt neben der Statue lehnt ein altes schwarz-weiß Foto an der Wand: „Das bin ich vor etwa 40 Jahren. Ja so sah ich mal aus.“ Nicht zu übersehen sind zwei Orgelpfeifen, die die kreative Marsbergerin als Dekoration in ihrem Erdgeschoss platziert hat.  Neben einem runden Glastisch, um den vier Stühle angeordnet sind, schlängelt sich eine „Schlange“ an der Wand herunter. „Das ist eine echte Liane, die bereits diese schlangenartige Form hatte. Ich habe dann noch einen Kopf daran gesetzt und so ist eine Schlange aus der Liane entstanden. Man muss die Dinge einfach sehen.“ Genau das ist das Geheimrezept ihrer Kreativität. In ihrem Haus ist alles individuell gestaltet und ständig bereichern neue Kunstwerke die Räumlichkeiten. Und woher nimmt sie ihre Inspirationen? „Die kommen von selbst. Man darf nicht darauf warten“, bringt sie es auf den Punkt. Was man in ihrem Wohn- und Essbereich jedoch vergeblich sucht, sind Elektrogeräte. „Alles das, was die meisten Menschen glauben, haben zu müssen, brauche ich nicht“, sagt sie mit Überzeugung, während sie von ihrem Haus zurück in ihren Garten geht. Gäste seien bei ihr stets willkommen aber für sie ist dennoch klar: „Die Ruhe hier ist das, was ich am meisten schätze. Allein sein ist nicht gleich einsam sein. Das Alleinsein ist für mich einfach wunderbar“, fasst sie zusammen.