Alexander Reuber

Quelle: privat, Michael Penczynski

Die Stücke des Olper Komponisten erfreuen sich internationaler Beliebtheit

Was eine versunkene Stadt mit seiner Karriere zu tun hat, was ihn mit seinem Vorbild Hans Zimmer verbindet und warum er trotzdem keine Filmmusik komponieren möchte.

„Ich möchte Horn spielen“, so viel steht für den damals sechsjährigen Alexander Reuber fest. Schließlich sind sein Vater und sein Onkel Berufsmusiker an diesem Instrument. Während sein Vater das Horn im Gürzenich Orchester Köln spielt, musiziert sein Onkel an der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf. Doch aus dem Wunsch des Nachwuchsmusikers des Musikzuges der Freiwilligen Feuerwehr Olpe wird nichts. „Das ist kein Instrument für Kinder, die Tonerzeugung und die Fingerhaltung sind noch zu schwierig zu lernen. Starte erstmal mit der Trompete. Dann wechselst du später auf das Horn“, entscheidet Vater Gerhard. Doch so sollte es nicht kommen.

Alexander Reuber bleibt bei der Trompete und spielt sie, neben dem Klavier, leidenschaftlich gern. „Sie ist mit ihrem wandelbaren Klang für mich ein sehr vielseitiges Instrument, das sowohl als Solo-Instrument als auch als Orchesterinstrument gut einsetzbar ist“, erläutert der heute 36-Jährige. Er hat seine Leidenschaft für dieses Instrument und die Musik zu seinem Beruf gemacht. „Die Musik ist ein elementarer Teil meiner Person und meines Lebens. Mit ihr kann man auf einer emotionalen Ebene Dinge zeigen und fühlbar machen, die man mit Texten, Worten oder Bildern nicht zeigen kann.“ Jeder Konzertbesucher weiß, wovon Alexander spricht, wenn das Orchester den Raum mit unverwechselbaren Melodien und satten, vollen Klängen füllt, die das Herz berühren und eine Gänsehaut hinterlassen, auch wenn sie schon längst verklungen sind.

Quelle: privat, Michael Penczynski

Von der Trompete an die Tastatur

So ist es nur ein logischer Schritt, dass der Olper nach dem Abitur seinen Wehrdienst als Trompeter beim „Musikkorps der Bundeswehr“ in Siegburg leistet. Direkt im Anschluss nimmt er in Essen an der Folkwang Universität der Künste sein Studium mit dem Hauptfach Trompete auf, welches er 2012 mit dem Diplom abschließt. Ab 2010 nimmt Alexander parallel sein Studium zur „Integrativen Komposition“ mit dem Schwerpunkt „Instrumentale Komposition“ auf. „Der Studiengang ist breit gefächert, weil er auf unterschiedlichste Kompositionsformen und Stile eingeht. Als Komponist ist das ein unschätzbarer Vorteil, diese vielfältigen Kenntnisse zu erlangen.“ Anschließend stellt ihn das Musikkorps der Bundeswehr in Siegburg als Trompeter ein und ist bis heute sein Arbeitgeber. Das Komponieren wird wenige Jahre später sein zweites Standbein.

Musikalischer Aufstieg mit einer untergegangenen Stadt

Trotz aller beruflichen Verpflichtungen bleibt Alexander „seinem“ Verein, dem Musikzug der Freiwilligen Feuerwehr Olpe, in welchem er einst Trompete lernte, treu. Sie gaben ihm die Möglichkeit, sich als Komponist auszuprobieren. Alexander erinnert sich: „Es gab in unserem Verein eine Tanzmusik-Besetzung, in der ich Keyboard und Trompete spielte. Wir wollten bei Auftritten aktuelle Titel spielen, die nicht in Verlagen erhältlich waren. Somit habe ich diese Titel dann entsprechend für unsere Besetzung ausnotiert, sodass wir sie spielen konnten. Das waren die ersten Dinge, die ich zu Papier gebracht habe. Das hat sich immer weiterentwickelt, bis ich irgendwann für das große sinfonische Blasorchester geschrieben habe, zunächst Arrangements und dann auch eigene Kompositionen. Mein erstes komponiertes Stück war tatsächlich ein kleines Stück für eine Hornquartett.“

Seine erste Komposition für Blasorchester ist „Atlantis“ und beschert ihm internationales Interesse. Das Stück entsteht im Rahmen des Jahreskonzertes des Vereins im Jahr 2012. Alle Musikstücke weisen eine Verbindung zum Konzertmotto „An Bord“ auf. „Dazu habe ich dann meine erste Komposition geschrieben. Sie dauert etwa sechs Minuten und erzählt in drei Teilen die Geschichte der Stadt Atlantis: von den Anfängen als stolze kriegerische Stadt, ihre verträumten Anteile und schließlich von ihrem Untergang“, erzählt der Olper von seinem Erstlingswerk.

Von Baseballfestivals und niederländischen Fernsehsendern

Dieses Stück wird der Startschuss für seine Komponistenkarriere. Verschiedene Verlage, unter anderem der renommierte Rundel Verlag, klopfen an seine Tür, lassen sich Tonaufnahmen und Noten geben. Damals machte das Stück rasch seinen Weg durch die internationale Blasmusikszene, wird in Südamerika, Spanien oder Italien gespielt.

Mittlerweile hat der zweifache Familienvater über 400 Stücke komponiert. Seine Kompositionen reichen von Werken für Blas- und Sinfonieorchester bis hin zu kurzen Trailerstücken für internationale Musiklabels. Einige seiner Kompositionen erlangen dabei eine große Reichweite, werden auf amerikanischen Baseballfestivals oder in den öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern der Niederlande gespielt.

„13 Minuten im Frühling I Stille“

Ein besonderes Werk stellt sicherlich „13 Minuten im Frühling I Stille“ dar. „Das Stück habe ich zum 75-jährigen Gedenken an den großen Bombenangriff auf Olpe am 28. März 1945 geschrieben. Bei solch einer Thematik muss man sich zwangsläufig im Vorfeld sehr tiefgründig mit Historie und Fakten auseinandersetzen. Das Material aus dem Stadtarchiv ist sehr umfangreich. Das Studieren dieses Materials mit allen Details und Fakten rund um den Angriff war gleichermaßen fesselnd wie erschreckend. Wenn man sich so tiefgründig mit einer Thematik auseinandersetzt und das in Musik zu fassen versucht, beschäftigt mich das als Komponist natürlich nachhaltig. Das Stück wird am 26. und 27. März 2023 in der St. Martinus Kirche in Olpe durch den Musikzug der Freiwilligen Feuerwehr Olpe uraufgeführt“, erzählt Alexander Reuber.

Quelle: privat, Michael Penczynski

Die Angst vor dem leeren Blatt Papier

Neben intensiver Recherchearbeit lässt sich der Komponist am liebsten vom Leben inspirieren, das können ein sonnig-frostiger Morgen im Januar oder eine kurze Melodie sein, genauso wie die Stücke der großen Meister, beispielsweise von Engelbert Humperdinck, Richard Strauss oder seinem Lieblingskomponisten Gustav Mahler: „Ich schaue gern in ihre Partituren und lerne jedes Mal wieder etwas dazu.“

Im Studio von Hans Zimmer

Eine besondere Inspiration war sicherlich Alexanders Begegnung mit dem berühmten Filmmusikkomponisten und Oscarpreisträger Hans Zimmer („Der König der Löwen“, „Dune“), den er nach beharrlichem Nachfragen im Jahr 2010 in seinem Studio in Amerika besuchen durfte. Lächelnd erinnert Alexander sich: „Seine kumpelhafte Art hat mir jegliche Nervosität genommen. Für mich überraschend war die Tatsache, dass er, genau wie ich, die Angst vor dem leeren Blatt Papier kennt. Er hat mich ermutigt, eigene Ideen zu verwirklichen und den Mut zu Experimenten zu haben.“ Auch solche innovativen Technologien, wie Hans Zimmer sie beispielsweise in seiner Filmmusik zu Dune verwendet, inspirieren Alexander. „Er hat ein Orchester aus knapp 100 Flöten zusammengestellt, von der Piccoloflöte bis zur Kontrabassflöte wurde jede Stimme eines klassischen Orchesters nur von diesen Instrumenten gespielt.“ Der Olper selbst möchte allerdings keine Filmmusik schreiben, da er damit nicht frei genug arbeiten kann. „In dieser Branche ist man als Komponist zu eng an den Regisseur gebunden. Ich schreibe mich immer ein Stück selbst auf und möchte mich in meine Stücke einbringen. Zwar schließt sich das Ganze nicht aus, trotzdem muss man als Filmkomponist in erster Linie die Wünsche des Regisseurs erfüllen.“

Ob seine Kinder einen ähnlich musikalischen Weg wie ihr Vater und Opa einschlagen werden? Alexander lacht: „Meine vierjährige Tochter singt bereits im Kinderchor und schaut mir manchmal bei meiner Arbeit am Klavier zu. Mal schauen, was die Zukunft bringt.“

… Hoffentlich noch viele Kompositionen, die mitten ins Herz treffen und eine Gänsehaut hinterlassen, so wie sein „Atlantis“.