Quelle: JULIANA MARTEJEVS
Alessa Risse aus Arnsberg-Niedereimer ist im Team des jungen Modelabels JULIANA MARTEJEVS für Marketing, Social Media und den Verkauf verantwortlich. In ihrem Schnupperpraktikum beim WOLL-Magazin hat die junge Iranerin Maryam Yektapoor aus Schmallenberg Juliana Martejevs und Alessa Risse nach der Entstehung und den Aufgaben und Herausforderungen eines Modelabes befragt.
WOLL: Ihr seid ein DIY (Mach-es-selbst)-Modelabel. Was genau bedeutet das?
Alessa: Das bedeutet, dass wir es jeder und jedem ermöglichen möchten, sich nachhaltige und trendorientierte Mode zu schaffen – egal, ob mit oder ohne Nähmaschine und -erfahrung. In unseren DIY-Modeboxen ist alles enthalten, was man zur Anfertigung eines bestimmten Kleidungsstücks oder Accessoires benötigt. Dabei kann man zwischen zwei unterschiedliche Produktkategorien wählen: für Ready-to-Craft Produkte braucht man keine Nähmaschine. Hier wird gestickt oder mit anderen Techniken wie Makramee gearbeitet. Für Produkte aus der Kategorie Ready-to-Sew benötigt man Zugang zu einer Nähmaschine. Dabei ist jedoch keine Näherfahrung notwendig, weil wir in unseren DIY-Video-Tutorials Schritt für Schritt erklären, wie die Teile gefertigt werden.
Juliana: Genau, in den Videos zeigen wir ganz konkret jeden einzelnen Arbeitsschritt – vom Zuschneiden des Stoffes bis zum Einnähen eines Reißverschlusses. Hier soll keine Frage offenbleiben.
WOLL: Wann und wie ist die Idee hierfür gekommen?
Juliana: Nach einer Ausbildung zur Damenmaßschneiderin habe ich Modedesign studiert. Schon vor und während meines Studiums habe ich mich sehr für Nachhaltigkeit interessiert. Deshalb arbeiten wir auch eng mit dem USE-LESS Zentrum für nachhaltige Designstrategien in Hannover zusammen, welches aus dem Forschungsprojekt Slow Fashion entstanden ist. Im Sommer letzten Jahres hatte ich dann die Vision, ein DIY-Modelabel zu gründen.
Während meines Studiums habe ich bereits mit Methoden wie Upcycling gearbeitet. Und auch jetzt spielt der Nachhaltigkeitsgedanke bei uns eine tragende Rolle. Wir denken: wenn man etwas selbst herstellt, hat man einen größeren persönlichen Bezug zu dem Kleidungsstück und schätzt auch den Wert viel mehr. Das sagen auch viele unserer Kundinnen. Außerdem versuchen wir, möglichst nachhaltige und zertifizierte Materialien zu verwenden und reduzieren Abfall dadurch, dass wir alles in einer Box und in der tatsächlich benötigten Menge verschicken.
WOLL: Wer ist euer Vorbild beim Entwerfen und Nähen von Kleidung?
Juliana: Ich interessiere mich generell für kleinere Labels, finde aber auch Marken wie Ganni oder Molly Goddard sehr inspirierend. Ich mag es, mit vielen verschiedenen Materialien und Strukturen zu arbeiten oder wenn unterschiedliche Farben und Muster aufeinandertreffen. Außerdem lasse ich mich von Kultur und Kunst inspirieren, gehe gern in Museen und nehme so neue Eindrücke mit.
WOLL: Hat euch jemand bei eurer Idee unterstützt?
Alessa: In unserem kleinen Team aus vier Leuten werden drei von uns durch das Exist-Gründerstipendium, einer Startup-Förderung von Bund und EU, gefördert. Das Stipendium haben wir unter anderem aufgrund unseres Forschungsbezugs zum Thema Nachhaltigkeit bekommen. Es ermöglicht uns, Materialkosten zu decken, Coachings in Anspruch zu nehmen und ein Gehalt zu bekommen.
WOLL: Was ist euer Ziel für die Zukunft?
Juliana: (schmunzelt) Wir möchten mit unserem Konzept die Modewelt revolutionieren. Da es uns erst seit März gibt, stehen wir noch ganz am Anfang. Wir hoffen aber, dass wir in Zukunft noch mehr Menschen davon überzeugen können, sich Kleidung einfach mal selbst zu machen und so zu lernen, sie mehr wertzuschätzen.
Alessa: Dabei möchten wir zwei verschiedene Gruppen ansprechen: einmal DIY-Interessierte, die schon mal genäht oder etwas selbst gemacht haben. Wir wenden uns gleichzeitig aber auch an Modeinteressierte, die vielleicht noch nie darüber nachgedacht haben, sich selbst etwas herzustellen – vielleicht auch, weil sie denken, sie könnten das gar nicht. Mit unserem Konzept ist es aber ganz einfach.
WOLL: Wie wird euer Konzept angenommen?
Juliana: Wir können von Monat zu Monat ein Wachstum verzeichnen, was uns natürlich unglaublich freut. Unsere Boxenverkäufe steigen und auch das Interesse an unserem Konzept wächst. Das soll natürlich so weitergehen. Im nächsten Schritt kümmern wir uns deshalb um eine Anschlussfinanzierung.
WOLL: Welche Botschaft möchtet ihr eurer Community mitgeben?
Alessa: Nachhaltigkeit ist kein Trend, sondern ein konstant wichtiges Thema, das uns alle angeht. Dabei ist der Ansatz, in der Mode auf nachhaltigere Materialien zu achten, aber nicht der Einzige. Es ist wichtig, sich Gedanken darüber zu machen, was und wie viel man kauft. Mit unserem Konzept möchten wir das Wertschätzungsvermögen von Kleidung steigern und Menschen zum Denken anregen. Sich Mode mit unserem Konzept selbst herzustellen, soll natürlich eine Menge Spaß machen. Gleichzeitig zeigt es aber auch, wie viel Mühe eigentlich in einem einzigen Kleidungsstück steckt.
Weitere Infos über JULIANA MARTEJEVS HIER: Website und Instagram
Maryam Yektapoor (23) kommt aus dem Iran und hat dort Kunst studiert. Sie lebt seit etwas mehr als zwei Jahren mit ihrer Mutter und ihrem Bruder in Schmallenberg. Familie Yektapoor ist aus dem Iran geflüchtet und hat Asyl in Deutschland beantragt. Maryam hat zur Vorbereitung auf die bevorstehende Ausbildung mehrere Schnupper-Praktika in Schmallenberger Betrieben absolviert. In ihrer Zeit beim WOLL-Magazin hat Maryam Texte für Social-Media geschrieben und unter anderem das Interview mit Juliana Martejevs und Alessa Risse geführt. In den kommenden Wochen wird sie über ihre Erfahrungen mit der DIY-Box des Modelabes JULIANA MARTEJEVS berichten.