Oberelsper trampt 16.000 Kilometer bis zum Nahen Osten
Wenn er erzählt, beginnen seine Augen zu glänzen. Patrick Bambach aus Oberelspe ist 33 Jahre alt. Er arbeitet am Max- Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Göttingen. Weit über seine wissenschaftlichen Ambitionen hinaus erfüllt der sympathische junge Mann alle Voraussetzungen für einen waschechten Globetrotter. Die längste seiner Touren liegt zwar schon sechs Jahre zurück, doch was er auf der insgesamt fast 16.000 Kilometer langen Strecke gemeinsam mit seiner Freundin Mareike (sie begleitete ihn von Istanbul bis Georgien) beziehungsweise seiner Schwester Elisa (Jordanien und Israel) erlebt hat, wird ihm für immer unvergesslich bleiben.
Das Trampen für sich entdeckt
Dabei zählte Bambach auf die Hilfsbereitschaft zahlreicher motorisierter Mitmenschen und machte sich seine Leidenschaft fürs Trampen zu nutzen. Als Soldat war er 2007 in Hemer stationiert. Als Orkan Cyrill damals das Sauerland heimsuchte und Bus- und Bahnverkehr außer Gefecht setzte, entdeckter der Oberelsper das Trampen als ideale Alternative, die ihn in den Folgejahren kreuz und quer durch Deutschland und Nachbarländer führte. 2014 fasste er den Entschluss zur Riesentour durch den Nahen Osten. Seine Eltern brachten ihn bis zur nächsten Autobahn- Raststätte, nur sieben Stunden später hatte der Tramper bereits die tschechische Hauptstadt Prag erreicht. Über Ungarn ging es im Februar quer über den Balkan in die Türkei. „Auch wenn es“, so Bambach, „ab und zu Verständigungsprobleme gab, dank der Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Chauffeure waren die Sprachbarrieren nur von untergeordneter Bedeutung.“
Bambach eignete sich schnell einige notwendige türkische Vokabeln an. In den verschiedenen Ländern waren die Sauerländer nach eigenem Bekunden recht konservativ gekleidet unterwegs. „Man muss ja nichts absichtlich provozieren“, so Bambach. Trotzdem waren die einzelnen Etappen nicht immer risikofrei. So war er einmal mit einem LKW der PKK unterwegs, am Folgetag wurde er freundlicherweise von der türkischen Polizei weiterbefördert. Bambach: „Es war wohl besser, dass die beiden Parteien nichts voneinander wussten.“
Die landschaftliche Schönheit der Karpaten in Georgien werden für den Sauerländer für immer unvergesslich bleiben. Ebenso wie die Etappe in einem Geländewagen, als dessen Fahrer plötzlich in einen einsamen Waldweg abbog. Bambach: „Da schossen mir und meiner Freundin schon die Gedanken durch den Kopf: Wollen die uns jetzt zerstückeln oder nur zu einem Wildschweinbraten in einer Jagdhütte einladen?“ Das Pärchen öffnete die Hintertüren, sprang mit seinen Rucksäcken hinaus und flüchtete.
Patrick Bambach lässt sich nicht aufhalten
Abenteuer pur folgte dann im Irak und im Iran. Der leidenschaftliche Kletterer ließ es sich nicht nehmen, eine steile Anhöhe zu erklimmen. Dem Abstieg bereitete eine lotrechte Felswand ein Ende. Ein Umweg war die Folge. Unten angekommen war der Weltreisende dann doch ein wenig irritiert, als er sich umschaute: Er war in einem umzäunten militärischen Sperrgebiet gelandet. Ein schwerbewaffneter Soldat hatte ihn schnell entdeckt und war wohl ebenso überrascht wie der unfreiwillige Besucher aus Alemannia. Eine ganze Weile musterten sich die beiden aus einiger Entfernung, dann bewegte sich Bambach ganz langsam in Richtung Eingangstor, öffnete es vorsichtig, schlüpfte hindurch, schloss es wieder und winkte dem Sicherheitsmann freundlich zu. Auf einer Etappe mit neuen Freunden stürzte der Sauerländer mit einem Bein in einen tiefen Felsspalt. Der Verdacht, er habe sich den Oberschenkel gebrochen, bestätigte sich gottseidank nicht. Doch der Oberelsper war einige Tage nahezu außer Gefecht gesetzt. Bei der Erinnerung an einen unfreiwilligen Opium-Konsum muss Bambach grinsen. Die Iranische Familie hatte es im Rahmen ihrer Gastfreundschaft wohl zu gut mit ihrem ahnungslosen Besucher gemeint.
Der Besuch einer unterirdischen Traumwelt auf einer kleinen Insel entschädigte für die erlittenen Strapazen. Sein Führer bat ihn, den einsamen Ort niemandem zu verraten: „Unsere Taschenlampen erhellten ein wahres Zauberreich aus Salzkristallen, das in allen Regenbogenfarben schimmerten.“ Der Iraner wollte mit seiner Verschwiegenheit den einzigartigen Ort vor Massentourismus schützen.
Reise endet nach fünf Monaten
Per Schiffsfähre führte die Reiseroute weiter in die Arabischen Emirate, von dort ging es dann per Flieger nach Israel: „Eigentlich ein nicht erlaubtes Transportmittel“, so Bambach, der es deshalb schmunzelnd in seinen Aufzeichnungen als „Plane of Shame“ (Flugzeug des Schämens) bezeichnet. Wegen der unsicheren politischen Lage 2014 verzichtete der Sauerländer auf die eigentlich geplante Abschluss- Etappe nach Ägypten. Nach fünf Monaten sei es auch genug gewesen und er habe sich unter anderem auch auf ein ausgiebiges Bad in einer echten Badewanne gefreut.
Seine Erinnerungen hat der passionierte Tramper nun in einem Buch niedergeschrieben. Auch wenn er es inzwischen etwas ruhiger angehen lässt, würde er auf seine überwiegend positiven Erfahrungen niemals verzichten wollen.
Per Anhalter durch den Nahen Osten
Patrick Bambach
272 Seiten, ISBN 9783959102452, 16,95 Euro