So viele Elche!

Quelle: Patrick John Azzopardi

WOLL-Interview mit Kerstin Matthies, Autorin und Fotografin des Buches „Die Reiter der Apokalypse“

WOLL: Ein Buch mit 49 Pferdegeschichten und ebenso vielen bemerkenswerten Fotos von Pferden erscheint unter dem Titel „Die Reiter der Apokalypse“. Warum dieser etwas bedrohliche Titel?
Kerstin Matthies:
Es ist der Titel einer der Hauptgeschichten des Buches, in der der Protagonist auf einem Neujahrsspaziergang auf eben diese vier Reiter trifft. Für mich ist die Geschichte überhaupt nicht bedrohlich, sie gibt viel Hoffnung, dass ein reines Herz noch immer die wichtigste Währung ist. Der Titel dient auch ein wenig dazu, das Buch von reinen Kinderbüchern abzugrenzen, da es eben nicht nur heile Ponyhof-Welt zeigt, sondern mit verschiedensten Literaturgattungen rund um das Pferd auch die ein oder andere Kriminalgeschichte im Gepäck hat.

WOLL: Beim Durchblättern des großformatigen Buches überraschen die ungewöhnlichen Situationen und Hintergründe der Pferdefotos. Was willst du damit aussagen oder erreichen?
Kerstin Matthies:
Die Bilder sind keine Fotos im eigentlichen Sinne, sondern Photoshop-Werke, die ich so auch gezielt gestalten kann. Im ersten Step entstehen die Bilder im Kopf – und da ist viel Platz für ungewöhnliche Ideen und Situationen. Es sollten bewusst keine „Ich-stell-mein-Pferd-ins-Blumenfeld“-Bilder entstehen, sondern Bilder, die den Betrachter neugierig machen, die im Kopf hängen bleiben.

WOLL: Wie ist überhaupt die Idee für dieses ungewöhnliche Buch über Pferde entstanden?
Kerstin Matthies:
Solche Ideen entstehen bei mir nebenbei, zum Beispiel während des Autofahrens. Meist beginnt es mit „Man könnte ja mal … “. Aber ich bin dann immer sehr schnell bei der Umsetzung der ersten Bilder, so wird aus der fixen Idee ein konkretes Projekt. Ich hatte glücklicherweise für dieses Projekt viele tolle Menschen um mich herum, die mit ihrem Mitwirken die Ideen zum Leben erweckt haben. An dieser Stelle ein Dank an meine zwei- und vierbeinigen Models – ihr wart einfach grossartig!

WOLL: Wie aufwendig waren die Fotoaufnahmen? Gab es dabei besondere Momente und Erlebnisse?
Kerstin Matthies:
Die Aufnahmen waren sehr unterschiedlich, manche Bilder waren nach wenigen Minuten „im Kasten“, für andere haben wir auch sehr viel länger gebraucht. Man darf nicht vergessen, dass man bei den Aufnahmen ein Lebewesen im Team hat, das manche Situationen wie eine auslösende Kamera oder bestimmte Requisiten spooky findet, oder das manchmal auch einfach keine Lust hat, in die Kamera zu schauen. Aber letztendlich hat alles immer geklappt, auch dank vieler Helfer und so mancher „Tricks“.

WOLL: Gibt es eine Geschichte und ein Foto in dem Buch, das dir selbst am allerbesten gefällt?
Kerstin Matthies: Es gibt einige Geschichten, die mir besonders am Herzen liegen. „Brief von Dylan“ ist eine berührende Geschichte darüber, dass man, wenn man sich ein Pferd anschafft, auch eine sehr grosse Verantwortung übernimmt. Dass man das Pferd nicht einfach parken kann, wenn man keine Lust mehr darauf hat. Die Geschichte „Horsetreck“ nimmt genau dieses Thema dann wieder spielerisch auf: Was wäre, wenn es perfekte Roboterpferde gäbe, die von einem Pferd aus Fleisch und Blut nicht zu unterscheiden wären, aber eben „parkbar“, leicht unterzubringen und im Krankheitsfall einfach per „Update“ kurierbar? Horsetreck ist mein persönlicher Liebling und ich würde die Geschichte wirklich gerne verfilmt sehen. Aber ich mag auch alle anderen – zum Beispiel die besonderen Textgattungen, die Ballade von der Wildschützin oder die Parabel vom Glück. Ich denke jeder Leser wird eine Geschichte finden, die er besonders mag – und es wird immer eine andere sein.

WOLL: Welche persönliche Beziehung zu Pferden hast du?
Kerstin Matthies:
Ich bin seit dem Kindesalter in Pferdeställen zu finden, mich haben die Tiere immer fasziniert. Seit einigen Jahren bin ich stolzer Besitzer einer etwas eigenwilligen Stute, die natürlich auch im Buch verewigt ist. Pferde haben für mich etwas Erhabenes, Eigenes, Stolzes. Ich mag die Idee, dass man ein so starkes Tier durch richtiges Verhalten und Verständnis zur gemeinsamen Arbeit und Freundschaft animieren kann. Aber das sieht nicht jeder so. Ein Kollege hat mal mein Pferd beziehungsweise mich liebevoll beleidigen wollen und sagte mir, dass meine Stute aussähe wie ein Elch, wegen des langen Gesichts. Als das Buch im August erschienen ist, und er es in meinem Facebook-Verlauf sah, kommentierte er direkt begeistert, er habe noch nie ein Buch mit so vielen Elchen gesehen.

WOLL: Welche persönliche Beziehung hast du zum Sauerland?
Kerstin Matthies:
Ich bin in Eslohe im Sauerland aufgewachsen. Obwohl ich streng genommen ein Buiterling bin, also zugezogener, habe ich mir den Status als Sauerländerin erkämpfen können. Sicherlich war es hilfreich, lange Zeit in der Dorfkneipe gearbeitet zu haben. Sauerländer ist man auf Lebenszeit – was besseres als Sauerländer kann der Mensch schliesslich nicht werden! Am Sauerland schätze ich die Menschen, die schon einen sehr eigenen Schlag haben, mit einem sehr besonderen Humor, aber auch einer sehr tiefen Verbundenheit zur Heimat und zu den Werten, die hier gelebt werden. Es ist kein Wunder, dass die erste Bilder-Ausstellung zu diesem Buch im Sauerland, in meinem Heimatort Eslohe gestartet ist.

WOLL: Wie gehts jetzt weiter? Und kann man dir auf Social Media folgen?
Kerstin Matthies:
Ich hoffe, dass es für die Bilderserie noch viele schönes Ausstellungen gibt, verbunden mit Lesungen. Als Autorin habe ich immer ein Interesse daran, die Reaktionen der Menschen auf meine Bilder und Geschichten zu erleben. Folgen kann man mir auch, bei Instagram und Facebook gebe ich die weiteren Termine und Infos zum Buch bekannt. Bei Instagram ist der Account unter „kerstin.matthies“ zu finden, bei Facebook gibt es zwei Accounts, einmal „kerstinmatthies“ und „Pferdegeschichten“. Ich freue mich auf Kommentare und Diskussionen zu den Bildern und Geschichten!

„Die Reiter der Apokalypse“ gibt es im WOLL-Onlineshop zu kaufen.

Quelle: WOLL Verlag