Oliver Schäfer und die „Furchtlosen Frauen“

Junger Warsteiner Künstler stellt im Gruga-Park aus 

Pünktlich zum Weltfrauentag am 08.03. wurde die Ausstellung von Oliver Schäfer im Gruga-Park Essen eröffnet. Zwischen farbprächtigen Blumenbeeten leuchten die nicht minder knalligen Bilder seiner „Fearless Women“. Mit ihnen erzählt der Warsteiner Künstler Geschichten, die berühren, traurig machen, aber auch Hoffnung schenken. 

WOLL: Herr Schäfer, schön, dass Sie Zeit für uns haben! Sie sind 27 Jahre alt und studieren in Essen Kunst. Was bedeutet Kunst für Sie? 
Oliver Schäfer: 
Durch sie kann ich mich visuell ausdrücken. In jedem Bild steckt viel von mir, auch wenn ich darauf nicht zu sehen bin. 

WOLL: Wieso zeigt Ihre Bilderserie der „Furchtlosen“ nur Frauen? 
Oliver Schäfer:
 Ständig wird über „große Männer“ geredet, in Städten werden sie als Statuen verewigt. Eine berühmte Frau habe ich da noch nicht gesehen, keine deutsche Universität wurde je nach einer benannt. Dann kam Trump und ich hatte es satt. 

WOLL: 17 Ihrer „Fearless Women“ sind derzeit im Gruga-Park in Essen als wetterfeste Drucke zu bewundern, inzwischen arbeiten Sie an dem 19. Bild. Wie viele sollen es noch werden und wie entscheiden Sie, wen Sie portraitieren?  
Oliver Schäfer: 
Es wäre schön, die 100 voll zu bekommen. Das sind alles Frauen, deren Geschichte mich berührt hat, die etwas Tolles für die Allgemeinheit getan haben. Ich würde zum Beispiel nie Leni Riefenstahl oder Coco Chanel malen. 

WOLL: Einige Namen Ihrer Fearless Women sagen mir etwas – Catharina Cramer ist ja auch mit dabei – andere musste ich vor unserem Termin erstmal recherchieren … 
Oliver Schäfer: 
Genau! Ich sehe meine Kunst als Dialogöffner. Ich möchte, dass sich die Menschen mit der Geschichte dieser Frauen beschäftigen.  

WOLL: Dabei tauchten viele schwierige Themen auf wie Klimawandel, Atomunfälle, Mobbing und Gewalt gegen Frauen. 
Oliver Schäfer:
Ein Freund hat mal zu mir gesagt, dass ich mit den Bildern zeige, wie schlecht unsere Welt ist. Aber mir machen diese Frauen auch Hoffnung. Sie haben in ihrem Bereich etwas bewegt – wo kann ich etwas machen? 

WOLL: Sie verstecken ja immer ein Zitat der Frau auf dem Bild, von dem dann nur einzelne Buchstaben durchschimmern. Wieso das Ganze? 
Oliver Schäfer
: Die Menschen sollen darüber nachzudenken, was da stehen könnte. Es soll zeigen, dass Frauen mehr sind als nur Hüllen, dass hinter jeder mehr steckt, dass sie Subjekte sind und keine Objekte, als die sie leider immer noch oft behandelt werden.  

“Ich sehe meine Kunst als Dialogöffner. Ich möchte, dass sich die Menschen mit der Geschichte dieser Frauen beschäftigen” – Oliver Schäfer

WOLL: Die Kameras unserer Fotografen arbeiten mit Gesichtserkennung und haben die der Frauen eben automatisch fokussiert, so realistisch malen sie die Damen! 
Oliver Schäfer: 
Naturalistisch ist das natürlich nicht, aber wenn Sie sagen, dass das realistisch gemalt ist, dann ist das so für Sie.  

WOLL: Wie würden Sie denn Ihre Stilrichtung nennen? 
Oliver Schäfer: 
Das ist mir egal. Es ist nicht meine Aufgabe als Künstler, das zu betiteln. 

WOLL: Ich finde auch die Farben so klasse. Wie entschieden Sie, welche Sie nehmen? 
Oliver Schäfer:
 Das ist unterschiedlich. Bei Frau Thunberg habe ich zum Beispiel die Farben Arktis, Aquamarin und Karminrot als Sinnbild für den Klimawandel benutzt. Bei Frau Apfel habe ich die Farben ihres Lieblingsbildes „Die Schnecke“ von Henri Matisse übernommen. Meist entscheide ich das aber spontan. 

WOLL: Wie sind Sie eigentlich zum Malen gekommen? 
Oliver Schäfer:
Mit acht Jahren hatte ich in Rüthen bei dem Ehepaar Macdonald meine ersten Zeichenkurse. Meine Unimappe habe ich dann später bei Ute Pluntke in Warstein gemacht.   

WOLL: Was denken Sie: Ist Kunst etwas, wofür man Talent braucht, oder ein Handwerk, das jeder erlernen kann? 
Oliver Schäfer:
 Wenn du dich über Kunst ausdrücken möchtest, gibt es nichts zu lernen, dann sage ich: „Hey, mach´s einfach!“ Wenn du machst, was du liebst, wirst du darin auch irgendwann immer besser. 

WOLL: Wie ist das bei Ihnen? Wollen Sie immer besser werden? 
Oliver Schäfer:
 Ja, aber nicht im Sinne eines Strebens nach Perfektion, sondern dass man den Prozess schätzen lernt. Weiterentwicklung finde ich – gerade auch bei Kindern – wichtig und toll! 

WOLL: Eine sympathische Aussage für einen angehenden Kunstlehrer! 
Oliver Schäfer: 
Kunst ist leider so ein Freitag-sechste-Stunde-Fach. Das finde ich sehr schade, weil sie das kreative Denken fördert, und das ist ja auch in der Wirtschaft wichtig. Der Fokus liegt in unserem Bildungssystem aber eher auf den MINT-Fächern. 

WOLL: Hat sich eigentlich schonmal eine der gemalten Damen bei Ihnen gemeldet? 
Oliver Schäfer: 
Greta Thunberg hat mir in den sozialen Medien ein „Wow“ hinterlassen, Iris Apfel hat mir geschrieben. Mit Frau Cramer stand ich vorher schon in Kontakt, mit der Iranerin Marzieh Ebrahimi schreibe ich mich immer noch. Nachdem sie das Bild geteilt hat, haben sich viele Iraner bei mir gemeldet, haben sich bedankt und mir spannende Einblicke in ihre Kultur gewährt.  

WOLL: Haben Sie ein Lieblingsbild? 
Oliver Schäfer: 
Nicht direkt. Mein letztes Bild, das von Frau Cramer, zeigt meine Fähigkeiten im Moment, ist also mehr „Ich“ als die anderen. Frau Thunberg zum Beispiel würde ich heute ganz anders malen. Aber das gehört dazu, dass man akzeptiert, dass man damals so war.  

WOLL: Was ist das Schönste am Malen?  
Oliver Schäfer: 
Wenn man seine Signatur unter das Bild setzt und fertig ist. Das ist wie eine Erlösung. 

WOLL: Wie geht es mit der Ausstellung weiter? 
Oliver Schäfer:
Die wurde bis Oktober verlängert. Jeder ist herzlich eingeladen, nach Essen zu kommen und sich meine Bilder anzuschauen.  

WOLL: Sind Sie auch ab und an vor Ort? 
Oliver Schäfer:
Ja. Tatsächlich habe ich dort schon viele Besucher aus dem Sauerland getroffen.