Quelle: Foto: Maria Aßhauer / Erzbistum Paderborn
Landsatiriker Udo Reinke sorgte beim Festakt mit rasanten Pointen vom Lande wie gewohnt für lautstarkes Lachen. Foto: Maria Aßhauer / Erzbistum Paderborn
Paderborn / Hardehausen (pdp). „Hardehausen ist das Versprechen der Kirche an die Landwirtschaft“ – so steht es im Gründungsauftrag der Landvolkshochschule Anton Heinen in Hardehausen (LVH). Seit nunmehr 75 Jahren löst die Bildungsstätte in Trägerschaft des Erzbistums Paderborn dieses Versprechen als verlässlicher Partner für Landwirtinnen und Landwirte aller Generationen auch weit über das Erzbistum Paderborn hinaus ein. Familien aus der Landwirtschaft finden zudem seit 10 Jahren Unterstützung durch die Ländliche Familienberatung – zwei gute Gründe für ein großes Glaubens-Fest. Erzbischof em. Hans-Josef Becker feierte am Samstag, 9. November 2024, in Hardehausen eine Dankmesse. Anschließend würdigte ein Festakt mit Talkrunden, Vortrag und hochkarätigen Gästen das Doppel-Jubiläum.
In den 75 Jahren ihres Bestehens sei es immer das Ziel der Landvolkshochschule gewesen, „die Talente aus dem ländlichen Raum im Glauben, Leben und Arbeiten zu fördern und wachsen zu lassen“, erklärte Paderborns Erzbischof emeritus Hans-Josef Becker in seiner Predigt. Die Landvolkshochschule in Hardehausen sei ein Ort, an dem auch „junge Menschen groß gemacht werden, wo junge und alte Menschen aus dem ländlichen Raum ihren Glauben leben können“. Hardehausen sei von Anfang an ein „Heimatort für die Landwirtschaft“ gewesen: Jede Landwirtin und jeder Landwirt dürfe hier authentisch und unverstellt sein, lobte der emeritierte Paderborner Erzbischof die Erwachsenenbildungsstätte.
Heimatort für die Landwirtschaft
Gerade in einer polarisierten Gesellschaft, in der Landwirtinnen und Landwirte oft pauschal abgewertet würden, müsse deutlich gemacht werden: Jeder Mensch sei durch Gottes Menschwerdung ein Tempel, „in dem Gott selbst Wohnung nimmt“, betonte Erzbischof emeritus Hans-Josef Becker. Kein Mensch dürfe „nur dem Geld und dem Geschäft und der Welt unserer Zwecke und Absichten unterworfen sein“. Die Landvolkshochschule Hardehausen stehe dafür, dass der Mensch Tempel und nicht Markthalle sei, so der emeritierte Paderborner Erzbischof. Neben ihm konzelebrierten Pastor Dr. Peter Jochem als Geistlicher Rektor in Hardehausen und Pastor Dr. Andreas Rohde, Direktor des Bildungs- und Exerzitienhaus St. Bonifatius in Winterberg-Elkeringhausen.
Bildung, Seelsorge und Familienberatung
Landvolkshochschul-Dozentin Lisa Marie Rinker leitete als Moderatorin zum Festakt über, der ebenfalls in der Kirche der Annäherung stattfand. Mitgestaltet wurde dieser von den Stacheligen LandFrauen aus dem Kreis Höxter, die kabarettistisch-musikalisch Themen vom Strukturwandel über Energie bis zum fragwürdigen Konsumverhalten zu Gehör brachten. Barbara Leufgen als Direktorin der Landvolkshochschule, Antonius Tillmann als Vorsitzender der Ländlichen Familienberatung und Heinz-Georg Büker, Erster Vorsitzender des LVH-Kuratoriums als Fördergremium, übernahmen die Begrüßung. „Durch Ihre Teilnahme und Ihr Feedback konnten wir uns als Einrichtung weiterentwickeln und ein besonderes Angebot von Bildung, Seelsorge und Familienberatung machen. Dafür ein herzliches Dankeschön“, blickte Barbara Leufgen auf die Geschichte zurück. Heinz-Georg Büker betonte, dass die Menschen nach dem Zweiten Weltkrieg eine neue geistliche Orientierung brauchten. „Die Gründung der Landvolkshochschule war die Antwort darauf“, so Büker. Als „Hilfe zur Selbsthilfe“ kennzeichnete Antonius Tillmann die Ländliche Familienberatung: „In den 10 Jahren konnten wir über 200 Familien und damit weit über 1.000 Menschen helfen.“
Zuversicht für die Zukunft
Mit ihrem Festvortrag bewies Organisationsberaterin Dr. Andrea Hötger ihre besondere Verbundenheit zur LVH: Die Buchautorin ist nicht nur ehemalige Dozentin der Landvolkshochschule, sondern auch Ausbilderin für die Ländliche Familienberatung. Sie sprach zum Thema „Land mitgestalten. Zukunft eröffnen. Zuversicht säen“. Zum Doppeljubiläum brachte die Organisationsberaterin eine rhetorische „Festtagstorte“ mit, die ganz bestimmte Zutaten benötige – für die Hardehausen stehe und als da wären: „Wir brauchen in der komplexen Welt von heute geschützte Denk- und Experimentierräume“, so Hötger. „Wir müssen lernen, Spannungen und Widersprüchlichkeiten auszuhalten. Wir brauchen echten Kontakt und kritisches Denken.“ Der Blick sei mit Zuversicht auf das Mögliche zu lenken. Zuversicht sei dabei mehr als Optimismus. „Hardehausen kann ein echter Haltepunkt sein gegen Resignation und Empörung wegen so Vielem. Die Mauern dieses ehemaligen Klosters geben Sicherheit, um danach seinen Auftrag wieder in die Hand zu nehmen“, sprach die Festrednerin vielen Gästen aus der Seele.
Talkrunden hochkarätig besetzt
Drei Talkrunden mit hochkarätigen Gästen beleuchteten Themen, die das Profil der Landvolkshochschule ausmachen. Cornelia Langreck, Präsidentin des Westfälisch-Lippischen Landfrauenverbandes, Hubertus Beringmeier, Präsident des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes (WLV), und Dr. Arne Dahlhoff, Direktor der Landwirtschaftskammer NRW, machten zum Thema Landwirtschaft deutlich, welch großen Rollenspagat Landfrauen leisten müssen, dass der Blick der Gesellschaft auf die Landwirtschaft sich geändert hat und dass weiter eine fundierte Ausbildung nötig ist – aber auch die persönliche Entwicklung, für die Hardehausen stehe. Die Förderung seitens des Erzbistums Paderborn sei nicht selbstverständlich.
Dr. Annegret Meyer, stellvertretende Leiterin des Bereiches Pastorale Dienste im Erzbischöflichen Generalvikariat Paderborn, antwortete darauf in der zweiten Talkrunde: „Wir investieren als Erzbistum Paderborn in Hardehausen, weil wir davon überzeugt sind, dass es sich lohnt. Hardehausen zeigt auch aktuell wieder, dass Wandel möglich ist“, so die Theologin. Auch Dr. Peter Buhrmann, Geschäftsführer im Verband der Bildungszentren im ländlichen Raum Lernen im Grünen, und Hartmut Schneider als Erster Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft landwirtschaftlicher Familienberatungen und Sorgentelefone, brachten sich in die Talkrunde ein.
In der dritten Talkrunde betonte Michael Stickeln als Landrat des Kreises Höxter, dass Hardehausen für Zukunftsorientierung stehe, die er sich auch künftig wünsche. Auch Warburgs Bürgermeister Tobias Scherf lobte die Landvolkhochschule als „Ort der Kommunikation“, an dem Menschen hoffentlich auch künftig zusammengebracht würden.
Humoristische Schluss-Pointe
Die humoristische Schlusspointe des Festaktes konnte nur einer setzen: Landsatiriker Udo Reineke, im „echten“ Leben in der Abteilung bilden + tagen fürs Erzbischöfliche Generalvikariat im Einsatz. Beim Jubiläums-Festakt in Hardehausen blickte er im satirischen Schnelldurchlauf auf die Geschichte der Einrichtung und zeigte sich überzeugt: „Die Landvolkshochschule musste doch einfach erfunden werden!“ Sie sei immer ein Ort der Veränderung gewesen. „Es bleibt alles anders – nur der Grundkurs nicht“, würdigte der Landsatiriker augenzwinkernd diese „Ikone“ als sechswöchige intensive „Kundenbindung“ für junge Landwirtinnen und Landwirte.
Mit dem Hardehausen-Lied „Dort ist ein Ort“ ging der offizielle Festakt zu Ende und in ein gemeinsames Weiterfeiern bis in den Nachmittag über. „Eingeladen zum Fest des Glaubens“ stand am Anfang des Tages als Eingangslied beim Gottesdienst. Am Ende des Jubiläumstages stand fest: Das war tatsächlich ein Fest des Glaubens an einem Ort des Glaubens.
Landvolkshochschule und Familienberatung Hardehausen
1949 gründete der damalige Paderborner Erzbischof Lorenz Jaeger in Hardehausen die erste katholische „Bauernschule“ im Paderborner Raum. Menschen, die in der Landwirtschaft arbeiten, sollten in der Landvolkshochschule (LVH) Kraft tanken können. Durch die Begegnung und den Austausch in der LVH sind teilweise lebenslange freundschaftliche Beziehungen entstanden. Seit 2014 gibt es in Hardehausen außerdem die ländliche Familienberatung, die Familien aus der Landwirtschaft bei Krisen und Generationenkonflikten, etwa in der Frage der Hofübernahme, unterstützt. Die Berater haben selbst einen landwirtschaftlichen Hintergrund, sind intensiv geschult und unterliegen der Schweigepflicht. Mittlerweile engagieren sich 21 ehrenamtliche Beratende für die Ländliche Familienberatung. Innerhalb der letzten zehn Jahre wurden rund 1.500 Menschen begleitet.