Das Unternehmen TITAL GmbH in Bestwig gehört seit April 2020 zur internationalen Unternehmensgruppe Howmet Aerospace und liefert einbaufertige, anspruchsvolle Aluminium- und Titan-Feinguss-Bauteile an weltweit führende Unternehmen aus Luftfahrt und Verteidigung. Die Gussteile werden nach dem Wachsausschmelzverfahren hergestellt. Das Unternehmen wurde bereits 1974 gegründet und profitiert von nun mehr 50 Jahren Erfahrung im Bereich Feinguss, Topologie-Optimierung, Design-to-Cost und Rapid Prototyping. Aktuell werden hier über 700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. Das Firmenjubiläum ist ein guter Grund im Gespräch mit dem TITAL-Geschäftsführer Gerrit Hilgefort (37) die Situation des innovativen Unternehmens aus der Gemeinde Bestwig näher zu beleuchten.
WOLL: Herr Hilgefort, die Firma TITAL wächst und wird immer größer. Was sind die Gründe?
Gerrit Hilgefort: Wir sind in der Lage, hochkomplexe, technische Bauteile herzustellen. Dabei werden wir immer besser. Der Kunde bestellt in der Regel Feingussteile, weil ein Bauraum oder eine Geometrie komplex und in der Luftfahrt gleichzeitig leicht sein muss. Deshalb werden statt Eisen oder Stahl, Aluminium oder Titan gefordert.
WOLL: Was ist das Besondere an den Werkstoffen Titan und Aluminium?
Gerrit Hilgefort: Beides sind Leichtmetalle, die verglichen mit Stahl, der eine sehr hohe Festigkeit hat, deutlich leichter sind. Für die Luftfahrt ist das enorm wichtig, weil Titan und Aluminium um den Faktor zwei oder vier weniger Gewicht aufweisen. Je nach Einsatzzweck, wie viel Festigkeit gebraucht wird und welche Temperaturen gefordert werden, wird in der Luftfahrt entweder Aluminium oder Titan als Werkstoff genutzt.
WOLL: TITAL, ein Unternehmen mitten in einem Wohngebiet. Wie geht das?
Gerrit Hilgefort: Das ist kritisch und birgt natürlich auch Konfliktpotenzial. Wir verstehen uns mit unseren Nachbarn hier in Bestwig gut. Bei vielen Themen stehen wir mit unseren Nachbarn und dem Bürgermeister im stetigen Austausch, auch wenn es um Lärm, Parken, Anfahrt und andere Themen geht. Wir haben einen Weg gefunden, um das gemeinsam zu meistern.
WOLL: Die Belegschaft hat in den vergangenen 20 Jahren eine ganze Reihe von Wechseln miterlebt. Ist das nun vorbei?
Gerrit Hilgefort: Wir haben nur einen großen Besitzerwechsel 2015 mitgemacht. Davor gab es schon Eigentümerwechsel. Aber das ist vorbei: Wir sind beim Howmet-Konzern als festes Mitglied angekommen.
WOLL: Wie funktioniert die Arbeit in einem international, aus den USA geführten Unternehmen?
Gerrit Hilgefort: Wir mussten uns alle ein Stück weit umgewöhnen. Die amerikanische und die deutsche Kultur sind ja nicht grundlegend anders, aber man geht in einigen Dingen doch anders an die Themen heran. In einem Konzern zu sein, heißt natürlich, sich an Standards zu halten. Das war für uns ein Prozess, sich daran zu gewöhnen. Wir haben unsere Prozesse angepasst, und sind in diesen Strukturen etabliert, angesehen und erfolgreich. Und wir haben unsere Identität und unseren Unternehmergeist trotzdem nicht verloren. Gegenüber unseren Kunden und Lieferanten und auch uns gegenüber, haben wir die Identität Howmet-TITAL jetzt definiert und geprägt. Wir sagen nicht: „Wir sind Howmet“ oder „Wir sind TITAL“. Wir sagen: „Wir sind Howmet-TITAL.“
WOLL: Bestwig ist nun nicht der Mittepunkt der Welt. Wie gelingt es TITAL ausreichend Fachkräfte zu bekommen?
Gerrit Hilgefort: Um sichtbar zu sein, setzen wir verstärkt auf Social Media, aber auch klassisch auf Printmedien. Social Media und Internet setzen wir ein, um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen. Wir sind damit aktuell recht erfolgreich. Dafür sorgt nicht zuletzt auch die Autobahnanbindung. Wir bezahlen nach IG Metall-Tarif, was sicherlich auch von Vorteil ist. Und ich glaube, dass wir eine Strahlkraft und auch einen Ruf haben. Das heißt: Auch über Mund-zu- Mund-Propaganda bekommen wir zahlreiche Bewerbungen, über Verwandte und Bekannte. Das führt wieder dazu, dass ein besonderes Zusammengehörigkeitsgefühl entsteht.
WOLL: Welche Ziele hat sich das Unternehmen für die kommenden Jahre gesetzt?
Gerrit Hilgefort: Wir wollen in den Bereich der großen Titanbauteile vordringen. Das sind Bauteile, für die es wenige Lieferanten gibt und die noch spezialisierter sind, beispielsweise die Intermediate Cases (IMC), die mitten im Triebwerk sitzen. In diesen Markt wollen wir rein. Gleichzeitig haben wir aktuell Initiativen auf den Weg gebracht, um aufzuholen. Wir überprüfen gerade unsere Prozesse und Systeme nochmals auf Fehler oder Schwächen, um das zukünftige Wachstum, das wir durch die neuen Märkte sehen, auf sichere Beine stellen können. Letztes Jahr haben wir 200 Mitarbeiter eingestellt. Das ist eine Herausforderung für die Organisation, da die neuen Mitarbeiter erst einmal unsere Abläufe kennenlernen müssen.
WOLL: Die gesamte Luftfahrtindustrie wird als Wachstumsmarkt gesehen …
Gerrit Hilgefort: Für uns sind das zunächst Airbus und Boeing. Airbus wächst gerade stark. Der chinesische Newcomer COMAC wird oft ein bisschen belächelt. Dabei fährt das Unternehmen gerade das erste große, zivile Flugzeug hoch. Das wird für uns eine enorme Umsatzsteigerung mit sich bringen, weil wir als westlicher Feingusslieferant Partner der Chinesen sind.
WOLL: 50 Jahre TITAL in Bestwig. Wie wird dieses Jubiläum gefeiert?
Gerrit Hilgefort: Wir haben bereits einige Aktivitäten unternommen und weitere geplant: Vor einigen Wochen haben wir eine schöne Betriebsfeier veranstaltet, auf der unter anderem ein Film von Roman Schauerte gezeigt wurde. Der Film drückt sehr gut aus, für was wir stehen und zeigt den Zusammenhalt innerhalb der Firma. Wir haben einige unserer Wände durch große Graffitis von den „Lackaffen“ verschönern lassen, die verdeutlichen, dass wir auf unsere 50-jährige Geschichte sehr stolz sein können. Im Herbst planen wir einen Tag der offenen Tür für unsere Mitarbeiter und deren Familien.
WOLL: Herr Hilgefort, wie geht es Ihnen in Ihrer Rolle als Geschäftsführer von TITAL?
Gerrit Hilgefort: In der Rolle als Geschäftsführer kann man das hoffentlich gar nicht anders sagen, als dass man sich voll mit dem Unternehmen, den Mitarbeitern und allem, was hier passiert, und der Region verbunden fühlt. Deswegen knüpfe ich nun auch den Draht zum Unternehmensverband Westfalen Mitte.
WOLL: Wir bedanken uns für das Gespräch und wünschen Ihnen und der TITAL GmbH eine gute Zukunft in den kommenden 50 Jahren.
Die Graffitis haben die Lackaffen gemacht: https://www.lackaffen.de/de/ueber-uns