50 Jahre Freunde der Völkerbegegnung

„Frieden ist fragil“

von Sonja Nürnberger
„Brücken verbinden, und die Brücke, die in Meschede zum Bahnhof führt, ist die Coventry-Brücke. Die wurde durch unseren Verein damals so genannt“, erzählt Maria Hüser, seit 2007 erste Vorsitzende der Freunde der Völkerbegegnung. Coventry steht für Versöhnung und Friedenswillen. Im Zweiten Weltkrieg wurde die englische Stadt, die etwa 40 Kilometer südlich von Birmingham liegt, nicht nur einmal Ziel deutscher Bombenangriffe, die viele Tote und Verletzte forderten.
Irmgard Rode wurde nach dem Krieg als Ratsmitglied der Stadt Meschede nach Coventry geschickt, um Demokratie kennenzulernen.
Von da an entwickelte sie zusammen mit Konrad Hengsbach, einem gebürtigen Velmeder, Ideen und Ziele für ein besseres Miteinander verschiedener Nationalitäten. Daraus entstand am 1. Dezember 1968 der Verein Freunde der Völkerbegegnung. Sprachkurse und Schüleraustausche wurden organisiert, denn will man eine Kultur kennenlernen und sich eine Sprache aneignen, ist es wichtig, nicht im Hotel zu wohnen, sondern in einer Gastfamilie, um miteinander zu leben, zu diskutieren und Freundschaften zu schließen. „Wer sich kennt, wer freundschaftlich verbunden ist, der schießt nicht aufeinander“, zitiert Maria Hüser Konrad Hengsbach. „Wenn man im Ausland gewesen ist, verändert sich der Blick auf die Welt und die verschiedenen Kulturen, man wird großzügiger, toleranter und aufgeschlossener“, so Huberta Eickhoff, zweite Vorsitzende des Vereins. Unter dieser Leitidee entwickelte der Verein Kontakte zu anderen Ländern von Irland bis Israel und die Mitgliederzahl wuchs in den 80er Jahren auf fast 600.
Sprachreisen bietet der Verein, der heute etwa 130 Mitglieder hat, nicht mehr an. Sprachkurse gibt es jedoch nach wie vor. Alle drei Monate finden außerdem Begegnungsabende mit sozialen oder kulturellen Themen statt. Im Zwei-Jahres-Rhythmus wird eine Aktivwoche organisiert, in der sich der Verein mit den Kontakten aus Frankreich und England zusammenfindet. In diesem Sommer wurde das 50-jährige Bestehen gefeiert, daher fand die Begegnung im Sauerland statt. 29 Gäste aus Vannes, einer Stadt in der Bretagne, sowie neun Gäste aus Coventry reisten zur Festwoche an. Untergebracht wurden sie in 20 Gastfamilien in der Umgebung, von Brilon bis Sundern und Schmallenberg. Nachdem die Engländer dem Verein vor 20 Jahren eine Weißbirke geschenkt hatten, brachten die Franzosen zum Jubiläum eine Zierbirne mit, die in Meschede in der Nähe der Birke zwischen Rathaus und Ruhr mit der Coventry-Brücke im Hintergrund gepflanzt wurde.
„Sowohl die Engländer als auch die Franzosen kommen aus historischen, schönen Städten. Es ist das Urige, das viele Grün und die Mittelgebirgslandschaft, aber auch das Dörfliche, das saubere Fachwerk und einfach die Ruhe, die das Sauerland für unsere Gäste so reizvoll machen und sie immer gerne hierherkommen lassen“, erzählt Maria Hüser. „Schmallenberg ist dabei, so meinen wir, das Herzstück des Sauerlandes und darf in unserem Programm nicht fehlen“, erklärt Huberta Eickhoff. „Das Grillen in Grafschaft an der Jacobushütte stößt immer auf große Begeisterung, genauso wie der Besuch der Kunstschmiede Klute.“ Aber auch im restlichen Sauerland und im Umland gibt es für die Gäste viel zu erleben: die Himmelsbrücke und die Friedensglocken am Hennesee, die Behindertenwerkstätten in Brilon oder die weltälteste evangelische Orgel in Ostönnen. Ein besonderes Highlight war der ökumenische Gottesdienst mit internationalen Gebeten und Liedern am Festabend, bei dem auch die Töchter der Vereinsgründer anwesend waren.
„Selbst wenn der Kontext nicht mehr derselbe ist wie zu der Zeit, als der Verein gegründet wurde, sind die Ziele Frieden, Austausch, Respekt und Toleranz heute noch oder gerade heute von großer Bedeutung“, stellt Huberta Eickhoff fest. „Frieden ist fragil“, fügt Maria Hüser hinzu.