5 Fragen auf der WOLL-Bank

von Hermann-J. Hoffe
Stefan Fuchte (44), Landwirt aus Eslohe-Beisinghausen und 1. Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Vereins Reiste e.V., der alljährlich den Reister Markt veranstaltet, stellte sich auf der WOLLBank unseren Fragen. Zusammen mit seiner Frau Christiane führt er einen landwirtschaftlichen Familienbetrieb mit 260 Kühen. Die vier Kinder erleben auf dem Fuchte-Hof in Beisinghausen, einem der kinderreichsten Orte in unserer Gegend, heutiges Landleben wie aus dem Bilderbuch (siehe hierzu den Bericht im WOLL-Magazin
Winter 2017).
WOLL: Herr Fuchte, was sind die Gründe, warum sich der Reister Markt über so viele Jahrhunderte hier am Ort hat halten können?
Stefan Fuchte: Oma und Opa waren hier, Mama und Papa waren hier, und dann ist es auch für die Kinder selbstverständlich, dass man zum Reister Markt geht. Früher war das unter anderem auch so eine Art Heiratsmarkt. Man trifft hier viele Bekannte, Menschen, die man sonst das ganze Jahr nicht sieht. Ganze Jahrgänge verabreden sich zum Reister Markt und kommen von überallher zu diesem traditionellen Treffpunkt.
WOLL: Was ist das Besondere am Reister Markt?
Stefan Fuchte: Der Reister Markt ist ein Treffpunkt für Jung und Alt. Die Vielfalt des Programms macht den besonderen Reiz aus. Um sechs Uhr sind schon die ersten Besucher da. So mancher kauft sich dann hier seine Hühner für das ganze Jahr. Später kommen die Familien zur Tierschau, um die Kühe, Pferde, Ponys und anderen Tiere des Dorfes zu begutachten. Es ist ein stetes Kommen und Gehen. Der Kirmesbetrieb hat seinen Reiz und unser Krammarkt bietet an beiden Tagen beste Möglichkeiten, um Putzlappen, Schälmesser und viele andere Dinge für den Alltag einzukaufen. Die Aussteller berichten immer, dass hier nicht nur geschaut, sondern auch ordentlich gekauft wird. Und in der Halle und an den Ständen trifft man Freunde und Bekannte und findet Zeit für einen netten Plausch.
WOLL: Die Tierschau ist der Höhepunkt des Reister Marktes. Sind Tierschauveranstaltungen heutzutage noch sinnvoll?
Stefan Fuchte: Ja, wir wollen den Menschen zeigen, was wir Landwirte machen. Es ist Öffentlichkeitsarbeit, damit die Bevölkerung die Kühe, Kälber, Pferde und die Kleintiere, die das Dorfleben prägen, ganz nah und unmittelbar sehen und erleben können. Für die teilnehmenden Landwirte hat die Leistungsschau natürlich auch ihren Sinn. Man kann zeigen, wie gut man arbeitet und welche Ergebnisse das bringt. Alle zwei Jahre findet deshalb auch der Leistungswettbewerb als Kreistierschau statt. Seit dem vergangenen Jahr wird außerdem jährlich die „Miss Reiste“ gewählt, die beste Milchkuh aller Klassen. Die Volksbank Reiste-Eslohe hat eigens dafür einen Wanderpokal gestiftet, den der bekannte Motorsägenkünstler Tasso Wolzenburg gefertigt hat.
WOLL: In unseren Dörfern gibt es kaum noch Bauernhöfe und damit immer weniger Kühe, Pferde, Schweine, Hühner und andere Tiere. Wie sehen Sie die Entwicklung?
Stefan Fuchte: Die Anzahl der Betriebe nimmt stetig ab. Das ist richtig. Die Entwicklung zu größeren landwirtschaftlichen Betrieben mit mehr Tieren ist nicht aufzuhalten. Auf der anderen Seite ist die Anzahl der Kühe zum Beispiel in den Dörfern gegenüber früher insgesamt eher gewachsen. Auch darum ist es gut, dass es den Reister Markt gibt, um die Vielfalt der Haustiere, die in unseren Ställen und auf den Weiden lebt, einmal zu sehen.
WOLL: Auf welches Ereignis im Jahr, außer dem Reister Markt, freuen Sie sich besonders?
Stefan Fuchte: Für mich persönlich ist das Frühjahr, wenn alles wieder grün wird, die schönste Zeit im Jahr. Und natürlich das Schützenfest in Reiste.
WOLL: Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg auf
dem diesjährigen Reister Markt.
Reister Markt
Der Reister Markt ist als Bartholomäusmarkt bereits seit dem Mittelalter belegt. Reiste besaß zu dieser Zeit ein Kirchspielgericht, welches urkundlich für den 23. August 1347 überliefert ist und 1445 durch Dietrich II., Erzbischof von Köln, bestätigt wurde.
Wer bei diesem Gericht nicht anwesend war, hatte mit empfindlichen Strafen zu rechnen. Daher kamen auch möglichst alle Bauern zum Gericht. Dabei ergab sich gleichzeitig eine günstige Gelegenheit, mit Vieh und anderen Dingen zu handeln. Oft boten verschiedene Händler bei solchen Gelegenheiten ihre Waren an. Daher ist anzunehmen, dass in Reiste neben dem Gericht ein Markt stattfand. Die Westfälische Landeszeitung (27. August 1935) schrieb: „Einwandfrei weist die Chronik diesen [den Reister Markt] von 1777 ab nach.“
Einer der frühesten Belege für den Reister Markt stammt von dem Schutzjuden Isaak aus Schmallenberg, der am 4. Juli 1805 die Verlegung des „Pferdemarkts zu Reiste“ beantragte. Dieser wurde tatsächlich von der Regierung in Arnsberg vom 24. auf den 26. August verschoben. Im Jahre 1810 wurde der Reister Markt dann vom Bartholomäustag auf den Sonntag vor Bartholomäus verlegt.
Der Markt fand immer auf dem Platz vor der Kirche und dem angrenzenden Pfarrgrundstück statt, daher fielen der Kirche auch der Marktzoll und das Standgeld zu. Im Jahre 1826 wurde der Reister Markt auf den schultischen Hof, heute Kenter-Schulte, verlegt. Ein großer Teil des Standgeldes und der Erlöse aus den Erlaubnisscheinen für die Tanzgelegenheiten fiel fortan der Armenkasse zu.
Den Reister Markt gibt es seit 1347.