380 Millionen Jahre Erdgeschichte und das Handwerk des Kalkbrennens

Foto: S. Droste

Geopark Suttrop

Wer sich für alte, wirklich alte Steine interessiert, ist im Geopark Suttrop genau richtig. Der jüngste Stein ist gerade mal 50 Millionen Jahre alt. Heiß geht es gleich nebenan zu. Dort steht ein alter Kalkofen, der zu regelmäßig in Betrieb gesetzt wird.  

Der Geo-Steinkreis 

„Alles begann mit dem Diamantenpfad“, erzählt der Suttroper Ortsheimatpfleger Bernhard Meyer. Dort kann man Gesteinsarten aus der Umgebung ansehen und anfassen. Der „jüngste“ Stein ist der Hornstein mit circa 50 Million Jahren, die ältesten Arten sind 380 Millionen Jahre alt. Passend dazu geben Schautafeln Informationen über die heimatliche Geologie. Benannt wurde der Pfad nach den weltweit berühmten „Suttroper Diamanten“, hexagonalen (sechseckigen) Quarzkristallen, die von der Natur geformt wurden und hier einfach aus dem Boden kommen. 

2017 legte der Heimatverein den Geo-Steinkreis an. Im äußeren Ring führen 36 Informationstafeln die Besucher durch 380 Millionen Jahre Erdgeschichte. Innen befinden sich Glasvitrinen, in denen rund 300 Mineralien ausgestellt werden. Außerdem gibt es 300 Meter vom Gelände entfernt eine Aussichtsplattform an der Steilkante eines aktiven Steinbruchs. Im Ausstellungs- und Tagungsraum befinden sich ebenfalls Exponate und Informationsmaterial. 

Ortsheimatpfleger Bernhard Meyer. Foto: S. Droste
Ortsheimatpfleger Bernhard Meyer. Foto: S. Droste

Der Kalkofen 

Herzstück der Anlage aber ist der Kalkofen. Die Idee zu dem originalgetreuen Nachbau entstand 2005, der erste Probebrand fand 2008 statt. Rund 11.000 Stunden ehrenamtliche Arbeit und die Unterstützung zahlreicher heimischer Firmen sowie der NRW-Stiftung waren nötig, um dieses Projekt umzusetzen.  

„Um 1900 gab es im Umkreis drei Kalköfen, einen davon in meiner Nachbarschaft“, erzählt Bernhard Meyer. „Wir wollten zeigen, wie unsere Großväter aus Stein nützlichen Kalk getrennt haben.“ Der Kalkofen misst unten etwa ein Meter mal ein Meter und wird nach oben hin breiter, sodass die obere Öffnung um die 3,5 Quadratmeter groß ist. Dieser Trichter hat ein Fassungsvermögen von sieben Kubikmetern. 

„Kalkbrennen ist dreckig, staubig und gefährlich.“ 

„Zunächst wird kalkhaltiger Stein gebrochen, maximal zehn Zentimeter cm groß“, erklärt Bernhard Meyer. Unten im Ofen wird dann ein Tisch aufgebaut, auf den Holz geschichtet und dann entzündet wird. Darüber werden kalkhaltiger Stein und Koks* im Wechsel bis oben hin aufgeschichtet. Zwei Kammern zu beiden Seiten sorgen für Luftzufuhr. 

„Als Kinder sind wir als Mutprobe immer oben über den Kalkofen drüber gelaufen“, erzählt Bernhard Meyer und schmunzelt. „Der Betreiber hat zwar gut aufgepasst, aber ab und zu haben wir es geschafft.“ Rückblickend ein extrem gefährliches Unterfangen: „Der Stapel im Trichter hätte ja jederzeit nachgeben können.“ 

Kalkbrennen, wie es unsere Großväter taten 

Ist der Ofen erst einmal an, werden schnell Temperaturen von 1.000-1.300 Grad Celsius erreicht. Die gilt es mindestens 24 Stunden zu halten. In der Regel führt der Heimatverein Suttrop mit den „Jungen Kalkbrennern“ das Spektakel einmal im Jahr Interessierten vor. Der Ertrag eines Brennvorgangs kann sich übrigens sehen lassen: Das Verhältnis zwischen Stein und gewonnenem Kalk beträgt 3:1. Der so gewonnene Kalk wird auch heute noch vielfältig eingesetzt, etwa in der Stahl-, Kunststoff-, Glas- oder Bauindustrie oder zur Düngung. 

Der Trichter des nachgebauten Kalkofens. Foto: S. Droste
Der Trichter des nachgebauten Kalkofens. Foto: S. Droste

Ausflugsziel unter freiem Himmel 

Die Anlage des Heimatvereins Suttrop ist eine Erfolgsgeschichte: Das zunächst vom Heimatverein angepachtete Gelände konnte mit Hilfe von Unternehmen und der NRW-Stiftung 2020 gekauft werden. 700 bis 1.000 Besucher aus Deutschland und der ganzen Welt melden sich jedes Jahr zu den Führungen an. 

Derzeit finden keine Führungen statt, jedoch steht das Gelände mit seinen Exponaten den Besuchern offen. Neben dem Kalkofen befindet sich eine selbst zu bedienende Videoanlage, über die Besucher sich unter anderem den ersten Probebrand anschauen können. Die Mediathek enthält außerdem einen Film über die nicht öffentlich zugängliche Liethhöhle. 

*Koks ist ein Brennstoff, der aus Kohle gewonnen wird. Er ist poröser als diese und stark kohlenstoffhaltig. Beim Verbrennen von Koks fällt im Vergleich zur Kohle weniger Rauch, Ruß und Schwefel an.