Sauerländer Bräuche: Die Sache mit dem Loch im Hut – Norbertusprozession

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aus „Voll die Bräuche, woll!“ von Michael Martin

Wo? In Arnsberg
Wann?
Jeweils am zweiten Sonntag im Juli

Eberhard Beckermann hatte als gebürtiger Arnsberger scheinbar ein leicht gestörtes Verhältnis zu seiner Heimatstadt.

Während des Dreißigjährigen Krieg machte er eine steile Karriere in der schwedischen Armee und brachte es sogar bis zum Rang eines Generals. Statt nun irgendwo dort fröhlich zu marodieren und zu brandschatzen, wo ihn keiner kannte, entschloss er sich, ausgerechnet Arnsberg zu belagern. Unterstützt von hessischen Truppen, von wem auch sonst, denn die Hessen fanden uns Westfalen schon immer verhauenswert. Wir sie andersrum natürlich auch, klare Kiste.

Ende Juni 1634 legte Beckermann los, als Erstes nahm er das Kloster Wedinghausen ein. War bestimmt saugefährlich, durch den Hagel von Gesangsbüchern und die Weihwasserkanonen bis in die Klosteranlage vorzudringen. Stramme Leistung, Herr General! Anschließend sollte Arnsberg dran glauben und man legte mit der damals üblichen Belagerung los. Da so eine Belagerung aber gern mal ein bisschen länger dauert, soll Beckermanns Eberhard zwischendurch mal kurz beim Grab seiner Eltern vorbeigeschaut haben. Ist schon praktisch, so eine Heimatstadtbelagerung. Aber wie der Beckermann da so grabpflegend inne Rabatten krost, knallt ihm jemand eine Gewehrkugel durch den schicken Generalshut. Päng! Das fand Beckermann nun überhaupt nicht lustig, denn bei Gegenwehr macht so eine Belagerung ja schließlich echt keinen Bock mehr. Dazu sah es auch noch nach Dauerregen und Hochwasser aus, also brach er den Arnsbergangriff ab und zogmit seinenTruppen nach Schwerte weiter. Damit sich die Sache zumindest etwas gelohnt hatte, fing man noch schnell einen Schwung Arnsberger ein, um später wenigstens ein bissken Lösegeld kassieren zu können.

Arnsberg war jedenfalls gerettet, und am Hirschberger Tor der Stadt wurde eine Tafel genau dort angebracht, wo damals die Beckermann geltende Kugel in die Mauer eingeschlagen sein soll. Die Inschrift lautet: „Durch Blitz und Regen, hat Gottes Segen In St. Norberti Nacht, den Beckermann verjagt.“ Zum Dank für die Rettung der Stadt veranstaltet die Gemeinde seit 1646 die Norbertusprozession. Angeblich, weil der Heilige Norbert von Xanten bei Beckermanns Belagerung seine schützende Hand über die Stadt gehalten hat.

Gefällt mir, denn Norbertus war immer schon einer meiner Lieblingsheiligen. Ihm ist angeblich mal während einer Messe eine Giftspinne in den Kelch gefallen, die er aber voller Gottvertrauen einfach mitsamt Wein runterschluckte. Und siehe da, die Spinne killte ihn nicht, sondern krabbelte Norbertus zur Nase wieder raus. Dä! Also ich finde, dass ein Schutzpatron, der trotz ekliger Fleischeinlage einfach knallhart weitertrinkt, von der Grundhaltung her wunderbar ins Sauerland passt.Wie der dicke Lothar, der auf Schützenfesten immer die halbleeren Gläser einsammelte und trotz Fliegen drin und Lippenstift dran knallhart aussoff. Prost Lothar!

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