Von der „Sparkasse der Landwirte“

Wem gehört unser Wald? Der weitaus größte Anteil befindet sich in Privat-Besitz

Text: Paul Senske                  
Fotos: S. Droste

Seine Aufgaben sind vielfältig: Der Wald ist Klimaschützer Nr. 1, exzellenter CO2-Speicher, Lebensraum für Tiere und Pflanzen, Erholungsraum, Bau- und Brennstofflieferant und damit auch ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Der weitaus größte Anteil befindet sich in Privatbesitz, meist kleiner und mittlerer landwirtschaftlicher Betriebe. In NRW sind das gut 63 Prozent, im Sauerland und im Kreis Soest liegt der Anteil gebietsweise darüber. Der kommunale Waldbesitz beträgt NRW-weit rund 21 Prozent. Brilon ist die waldreichste Stadt Deutschlands. Stürme, Dürre und Borkenkäfer setzen Forstbetriebe und Waldbesitzer derzeit unter Druck. „Der eigene Wald galt bis vor gut zwei Jahren als die Sparkasse der Bauern, also der kleinen Leute“, sagt Landwirt Klaus Bauerdick aus Arnsberg-Kirchlinde. „Das hat sich geändert.“

Bauerdick ist Vorsitzender des Waldbauernverbandes Hochsauerlandkreis, der mit rund 500 Mitgliedern die größte Bezirksgruppe des NRW-Verbandes stellt. Im Kreisverband Soest sind ca. 450 Waldbauern und weitere private Eigentümer engagiert. Sie müssen sich neuen, teilweise dramatischen Herausforderungen stellen. „Stürme und Trockenheit, der Borkenkäfer frisst vieles weg, die Folge sind ungeplante Holzeinschläge mit niedrigen Holzpreisen“, betont Bauerdick. „Bis vor kurzem war der Holzeinschlag noch eine stille Reserve für schlechte Zeiten, für die Aussteuer der Töchter oder für Investitionen. Das ist jetzt deutlich schwieriger geworden.“ Das sieht auch Burkhard Schröer, Kreisgeschäftsführer des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes Soest und Geschäftsführer des dortigen Waldbauernverbandes, so: „Der Sparkasseneffekt für die Waldbauern hat sich deutlich abgeschwächt.“

Theo Nagel, Bio-Bauer und Waldbesitzer aus Arnsberg-Wettmarsen, umschreibt es folgendermaßen: „Der Wald als vorbildliches Generationen-Modell ist in Frage gestellt.“ Nagel zitiert in diesem Zusammenhang einen Spruch des deutschen Schriftstellers Max Bewer (1861-1921): „Hast Du Raum, so pflanze einen Baum. Und kannst Du auch nicht ahnen, wer einst in seinem Schatten tanzt, bedenke Mensch, oh es haben Deine Ahnen einst auch schon für Dich gepflanzt.“ Für Bauerdick ist der Wald ein „Musterbeispiel für Nachhaltigkeit und zwar seit über 300 Jahren. Es darf nur das geerntet werden, was nachwächst“. Nachhaltigkeit eben als forstliches Berufsethos und Wahrung der Schöpfung. „Bei allen Schwierigkeiten, es geht weiter.“

Bauerdick hat seinen bäuerlichen Betrieb 2016 „auf Bio“ umgestellt und bewirtschaftet zudem rund 50 Hektar Wald. „Zwei Drittel entfallen auf die Landwirtschaft, ein Drittel auf die Forstwirtschaft.“ Bei Theo Nagel ist es „jeweils die Hälfte“. Durchschnittlich besitzen die Waldbauern im HSK 17 Hektar Wald, im Kreis Soest, so Schröer, sind es „vier bis fünf Hektar“.

Brilon bewirtschaftet größten Stadtwald in Deutschland

Die Gesamtwaldfläche des Regionalforstamtes Oberes Sauerland (Sitz in Schmallenberg), das die Kommunen Medebach, Hallenberg, Winterberg, Schmallenberg, Eslohe, Meschede und Sundern umfasst, beträgt gut 68.000 Hektar. 71 Prozent befinden sich in Privatbesitz, die Kommunen haben einen Anteil von 22 Prozent, sieben Prozent sind Staatswald. Das in Rüthen ansässige Regionalforstamt Soest-Sauerland mit dem gesamten Kreis Soest und den HSK-Kommunen Arnsberg, Bestwig, Olsberg, Brilon und Marsberg hat eine Gesamt-Waldfläche von 59.000 Hektar. Der Privatbesitz beträgt 61 Prozent, der Kommunalwald ist mit 34 Prozent deutlich höher als im Regionalforstamt Oberes Sauerland. Das liegt u. a. daran, dass allein Brilon mit 7.750 Hektar den größten Stadtwald in Deutschland bewirtschaftet. Auch Warstein (4.841) und Rüthen (3.917) weisen einen großen Stadtwald auf. Warstein ist der zweitgrößte kommunale Waldbesitzer in NRW. Arnsberg mit den Technischen Diensten Forstwirtschaft hat einen kommunalen Wald mit 2.284 Hektar Fläche. Im Regionalforstamt Oberes Sauerland steht Winterberg mit 3.505 Hektar Stadtwald und eigenem Forstbetrieb an der Spitze der Kommunen. Schmallenberg hat einen Anteil von rund 2.890, Meschede von 2.407 Hektar. Die Kommunen sind im Waldbesitzerverband der Gemeinden, Gemeindeverbände und öffentlich-rechtlichen Körperschaften in NRW (Kommunalwald NRW) organisiert. Der Verband hat 141 Mitglieder. Vorsitzender ist Schmallenbergs Bürgermeister Bernhard Halbe.

Zusammenschluss in Forstbetriebsgemeinschaften

Die privaten Waldbesitzer haben sich auf lokaler und regionaler Ebene zu Forstbetriebsgemeinschaften zusammengeschlossen. Im Bereich Oberes Sauerland sind das 98 Prozent aller Privatbesitzer in 41 forstlichen Gemeinschaften. Im Regionalforstamt Soest-Sauerland organisieren sich 90 Prozent der Waldbesitzer. Klaus Bauerdick ist beispielsweise Mitglied der Forstbetriebsgemeinschaft Röhrtal. Ziel ist die gemeinschaftliche und damit effektive Bewirtschaftung. Entsprechende Verträge wurden mit dem Landesbetrieb Wald und Holz NRW geschlossen, dessen Forstverwaltungen die Betriebsgemeinschaften beraten, betreuen und unterstützen. Die größeren Privatbesitzer bewirtschaften ihre Wälder mit eigenem Forstpersonal.

Neue Holzvermarktungsgenossenschaft: „Ihr Holz ist in guten Händen“

Die Holzvermarktung für den Privat- und Kommunalwald erfolgte bis Mitte 2019 durch den Landesbetrieb Wald und Holz NRW. Aufgrund rechtlicher (Kartellrecht) Grundlagen musste er eingestellt werden. Um auch weiter einen gebündelten Holzverkauf mit allen Vorteilen zu gewährleisten, haben sich im letzten Jahr Forstwirtschaftliche Vereinigungen gegründet, in denen die regionalen Betriebsgemeinschaften und Waldgenossenschaften der privaten Waldbesitzer organisiert sind. Die drei Forstwirtschaftlichen Vereinigungen Sauerland, Meschede und Soest mit ihren über 50 Betriebsgemeinschaften, Waldgenossenschaften und anderen Zusammenschlüssen sowie der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband haben sich Mitte Januar 2019 zur Holzvermarktungsgenossenschaft „Waldbauernholz Sauerland-Hellweg e. G. („Ihr Holz ist in guten Händen“) vereinigt. Am 1. Januar 2020 ist auch die Forstwirtschaftliche Vereinigung Hochstift als fünfter Gesellschafter der Genossenschaft beigetreten. Die Genossenschaft ist zudem für den Holzverkauf der Städte Hamm und Unna zuständig. Dienstsitz ist das Haus der Landwirtschaft in Meschede. Ziele sind vor allem der weiterhin gebündelte Verkauf, Verhandlungen auf Augenhöhe mit Abnehmern wie die Sägewerke der Region oder anderen Kunden sowie Planbarkeit und Preissicherheit durch langfristige Verträge. Die erfreuliche Bilanz nach einem guten halben Jahr: Trotz Käferkrise ist die Holzvermarktung gut angelaufen. Die kommunalen Waldeigentümer vermarkten ihr Holz weitgehend selbst.

Klaus Bauerdick: „Einen Urwald können die Menschen nicht betreten“

Beim Blick in die Zukunft und besonders vor dem Hintergrund des Klimawandels stellen sich die Waldbesitzer die Frage: Welche Baumarten können wir uns im Klimawandel noch erlauben? Bauerdick rechnet damit, dass die Fichte in Lagen unter 500 Metern „massiv wegbrechen“ wird. Bauerdick appelliert an die Politik: „Wir brauchen klimastabile Wälder. Was sollen wir pflanzen? Welche Baumarten können 2050 wachsen? Die Politik muss die Wissenschaft bemühen und entsprechende Forschungsmittel zur Verfügung stellen.“  Ein „Urwald“ ist für Bauerdick „reines Geldverbrennen“. „Warum haben wir den Wald gepflegt? Er hat große wirtschaftliche Bedeutung und ist ein überragender Erholungsraum für die Menschen. Einen Urwald können die Menschen nicht betreten.“

Waldbauernverband NRW umfasst 150.000 private Waldbesitzer

Der Waldbauernverband Nordrhein-Westfalen, ein eingetragener Verein e. V., ist die freie Vereinigung der privaten Waldbesitzer des Landes. Das sind rund 150.000 Waldbesitzer, die 585.000 Hektar Privatwald bewirtschaften. Der Verband ist in Bezirksgruppen unterteilt. Die größte Bezirksgruppe stellt der Hochsauerlandkreis mit gut 500 Mitgliedern. Der Kreisverband Soest hat ca. 450. Mit über 63 Prozent ist NRW das Land mit dem höchsten Privatwaldanteil der Bundesrepublik. Der Verband versteht sich als die forstpolitische Interessen-Vertretung seiner Mitglieder. Ziel ist, die Leistungsfähigkeit des privaten Waldes mit den vielfältigen Nutz,- Schutz- und Erholungsfunktionen zu fördern und zu steigern. Der Verband setzt sich daher für die Interessen seiner Mitglieder gegenüber Politik, Verwaltung sowie in der Öffentlichkeit ein. Dabei geht es besonders um die Waldeigentümer-Rechte und die Freiheit bei der Bewirtschaftung des Waldes. 

 „Sprachrohr“ der kommunalen Waldbesitzerfamilie

141 Mitglieder, von der Millionenstadt Köln bis zur kleinsten Gemeinde in NRW, Dahlem (Eifel), gehören zum Gemeindewaldbesitzer-Verband NRW (Kommunalwald NRW). Es ist ein Zusammenschluss der Wald besitzenden Gemeinden, Gemeindeverbänden und öffentlich-rechtlichen Körperschaften in Nordrhein-Westfalen. Gegründet am 12. Juli 1966 auf Schloss Burg an der Wupper vertritt der Verband die Interessen der kommunalen Waldbesitzer gegenüber der Politik, den einzelnen Fachressorts, dem Landesbetrieb Wald und Holz NRW und in der Öffentlichkeit. Wesentlicher Schwerpunkt der Aufgaben ist die Förderung der forstwirtschaftlichen, vermögensrechtlichen und vermögenswirtschaftlichen Belange und Interessen der Mitglieder. Der Verband ist also das „Sprachrohr“ der kommunalen Waldbesitzerfamilie. Der kommunale Waldanteil in NRW beträgt gut 21 Prozent, wobei es deutliche regionale Unterschiede gibt. Vorsitzender des Verbandes ist Bernhard Halbe, der Bürgermeister von Schmallenberg. Die Stadt besitzt einen Stadtwald von deutlich über 2.800 Hektar und unterhält einen eigenen Forstbetrieb. Halbe: „Von der Größe der einzelnen Betriebe ist der Kommunalwald in NRW ein bedeutender Faktor für die Marktstellung. Er ist ein verlässlicher Holzlieferant.“

Kommunalwald ist ein bedeutender Faktor: Bernhard Halbe.