Warum bezeichnet man manche Dorfbewohner als “Buiterlinge“?

Aus unserer Reihe „Warum heißt eigentlich …?“

„Der isso‘n Buiterling …“, das haben Sie vielleicht mal gehört, nachdem Sie kurz nach dem Umzug durch den neuen Wohnort gestreift sind. Vielleicht haben Sie das nicht direkt auf sich bezogen. Schließlich lautet Ihr Nachname ja ganz anders und mit dem Namen Ihres Heimatorts hat dieses „Buiterling“ auch nichts zu tun. Möglicherweise dauert es also ein wenig, bis Sie merken, dass eben doch Sie damit gemeint sind. Was aber steckt denn nun dahinter? Etwas, worüber man sich Gedanken machen sollte, will man am neuen Wohnort eine Heimat finden? Muss man am Ende etwas unternehmen, um das Etikett „Buiterling“ abzustreifen?

Seien Sie beruhigt, es ist alles halb so wild. Als Buiterling sind Sie im Grunde nur jemand, der nicht aus dem Ort stammt, sondern von außerhalb zugezogen ist. Neudeutsch wird man wahrscheinlich gerne ein „Wahl-“ vor die Orts- oder Regionsbezeichnung setzen, würde hier entsprechend vom „Wahl-Sauerländer“ oder beispielsweise von der „Wahl-Brachterin“ sprechen. Viel zu kompliziert aber für uns Sauerländer, die wir doch gerade sprachlich die berühmte „klare Kante“ bevorzugen und vom Buiterling sprechen, ganz gleich, ob da jemand aus dem Münsterländischen den Weg in unsere Mitte gefunden hat oder ob man aus Stelborn, Neuastenberg, Endorf oder Wildewiese in welches schöne Fleckchen Sauerland auch immer gezogen ist.

Michael Martin erklärt in seinem Wörterbuch „Wem hörsse?“ den Buiterling entsprechend mit „Zugezogener“ bzw. „Fremder“. Im ebenfalls im WOLL-Verlag erschienenen Werk „Sauerländer Platt – Ein Wörterbuch“ begegnet einem die Schreibweise „Buiterlink“ und der Hinweis, dass das Wort von „biuten“ und damit von „außen“ bzw. „draußen“ abgeleitet ist. Der Buiterling wäre also so etwas wie ein „Äußerling“. Mag etwas befremdlich klingen, vielleicht sogar abschätzig anmuten. Schaut man sich aber in den Orten des Sauerlands um, mischt man sich unter ihre Bewohner, vielleicht bei einem der schönen Schützenfeste, dann merkt man schnell, dass manch einer als Buiterling bezeichnet wird, der sich beim Feiern wirklich keinen Deut von den Mitfeiernden unterscheiden lässt. Und wenn das beim Feiern schon so ist, dann ist das im Alltag ja vielleicht erst recht so …

Damit stellt sich aber die Frage, ob man es als Buiterling jemals schaffen kann, diese Bezeichnung loszuwerden. In manchen Orten gibt es Einwohner, die sich durchaus als „Alteingesessene“ bezeichnen lassen, im Ort jedoch dauerhaft als Buiterlinge gelten. Das aber ist keinerlei Diskriminierung, vielleicht eher so etwas wie ein lebendig bleibender Blick in die Ortsgeschichte. Früher machten schon leichte Unterschiede im Dialekt deutlich, dass jemand von außen zugezogen war. Wie beständig das sein kann, merken wir an unseren eigenen sprachlichen Eigenheiten, die wir pflegen und beibehalten, auch wenn wir in die Fremde gezogen sind. Was wir immer mit uns nehmen, ist die Herkunft. Und die hat doch im Grunde keinen Einfluss darauf, wo wir willkommen sind und ein Zuhause finden, oder?

In Brilon gibt es ein Hotel namens Buiterling; eine Namensgebung, die durchaus konsequent zu Ende gedacht ist, denn in der Regel ist ein Hotel ja Herberge für jene, die von außen kommen, kein Zuhause vor Ort haben und unter diesem Dach eines finden. Der Buiterling mag also von außen kommen, ein Äußerling sein, aber wir Sauerländer haben eine Bezeichnung für ihn, die zwar bezeichnet, wo dieser Mensch herkommt, zugleich aber ausdrückt, dass er oder sie in unserer Mitte angekommen ist. Ein schöner Gedanke …