“ Sarina bleibt immer cool!“

Eine Kooperation zwischen der Grundschule und dem Skiclub Bad Fredeburg bringen Sarinas Talent in den Eiskanal

Text und Foto von Inga Bremenkamp

„Sehr schön herausgekommen bist Du aus Kurve 9. Tolle Fahrlage, schöne Fahrspur! Gut gemacht! Wie fandest Du die Fahrt selbst?“, fragt Carolin Stöber durch das Funkmikrofon und erhält ein lautes und fröhliches „Supi dupi!“ zurück. Sarina ist nach ihrer letzten Trainingsfahrt für heute im Ziel angekommen und man kann sie vor lauter Freude und Stolz durch das Funkgerät nahezu tanzen hören.

Rodeln – Wie geht das überhaupt?
„Ich erinnere mich noch sehr sehr gut an Sarinas allererste Fahrt im Eiskanal“, erzählt Johannes Geueke, der Leiter der Rodelabteilung des Skiclubs Fredeburg. „Oben am Start stand sie. Hüpfte auf und ab, war superaufgeregt und vollkommen überdreht. Sie hat hundert Mal gefragt, was sie machen soll und wie das alles überhaupt geht. Ich habe ihr damals gesagt, dass sie einfach ruhig liegenbleiben und nicht zu viel lenken soll“, führt der 68-Jährige fort. Sarinas Jungfernfahrt vor zwei Jahren verlief unfallfrei – so wie alle Fahrten, die sie bislang absolviert hat. „Ich war damals richtig stolz und überglücklich. Ich habe im Ziel vor Freude getanzt und bin, wie Johannes gesagt hat, einfach ganz ruhig liegengeblieben“, berichtet die 10-Jährige, die die Anweisungen ihrer Rodeltrainerinnen Carolin Stöber und Svenja Nolte immer bemerkenswert gut und schnell umsetzt.

Die Coolness macht den Unterschied
„Sarina hat eine ganz besondere Stärke: Sie bleibt immer cool. Ganz egal, was in der Bahn passiert. Sie bleibt in jeder Situation vollkommen unbeeindruckt auf dem Schlitten liegen und lässt ihn fahren. Sie hat einfach dieses gewisse „Popo-Feeling“ und eine unglaublich gute Orientierung im Eiskanal“, sagt Johannes Geueke, der Sarina meist in Fredeburg einsammelt und mit zum Training nach Winterberg nimmt. Sarina hat gerade ein 120 Minuten langes Rodeltraining hinter sich. Sie wärmt sich in der Umkleidekabine auf, ölt die Kufen ihres Schlittens und trinkt einen Tee. Nicht ganz so gemütlich, wie es klingt, aber sie ist glücklich und zufrieden. „Sarina ist ein unglaublich lebhaftes Kind. Sie hat wahnsinnig viel Power und Energie, aber sie ist ein richtig tolles Mädchen und mein ganzer Stolz“, gibt Johannes Geueke zu, der für den Rodelnachwuchs im Jahr knapp 13.000 Kilometer fährt und sich mehr als 800 Stunden ehrenamtlich im Kufensport engagiert.

Ein Wirbelwind mit viel Potential
Ohne Johannes Geueke würde Sarina mit ihrem Schlitten heute vermutlich nicht durch den Eiskanal gleiten. Der Fredeburger hat Sarina vor zwei Jahren beim Schülerrodeln kennengelernt und sich gemeinsam mit ihr direkt im Anschluss daran gemeinsam mit ihr um die Anmeldung im Verein gekümmert. Danach war der Eiskanal für Sarina und ihr besonderes Talent die nächste Herausforderung. „Eigentlich wollte ich erst einmal nur schauen, wie das überhaupt so ist beim Rodeln. Aber nach der ersten Fahrt wollte ich unbedingt weiterrodeln. Und auch jetzt will ich immer noch weiterrodeln, weiterrodeln und nochmal weiterrodeln“, sagt Sarina, die auf ihrem Schlitten mit knapp 130 km/h durch die Winterberger Eisbahn rutscht. Johannes Geueke hat schon damals viel Potential in der Newcomerin gesehen und erinnert sich mit einem herzlichen Schmunzeln gerne an Sarinas erste Trainingseinheiten zurück: „Sie war ein richtiger Wirbelwind. Anfangs war es gar nicht so leicht, aber sie hat gelernt, sich zu disziplinieren und sich auf den Sport zu konzentrieren. Sie merkt natürlich auch, dass sie gut ist. Das motiviert und macht Spaß“, erklärt der Abteilungsleiter weiter.

Der Einzelsportler und das Team
Der Sport – da sind sich alle Trainer und Betreuer einig – ist für Sarina ungemein wichtig. „Sie lernt hier Achtung, Respekt und eine gewisse Ordnung“, berichtet Johannes Geueke. „Auch das ganze Drumherum und der Umgang miteinander sind im Sport immens wichtig. Mir ist zum Beispiel total wichtig, dass die Kinder zwar in der Bahn Konkurrenten sind, sich aber neben der Rinne als Team verstehen. Da muss man sich gegenseitig auch mal helfen zum Beispiel wenn der eine seine Handschuhe vergessen hat, dem anderen das Visier fehlt oder der Schlitten kurz mal gehalten werden muss“, erklärt der Sauerländer, der den Nachwuchs mit Herzblut unterstützt.

Ein beruhigender Adrenalinkick
Sarina packt derweil ihre Trainingstasche, nimmt einen weiteren Schluck aus ihrer Thermoskanne und strahlt. „Mir macht das richtig viel Spaß. Ich find’s einfach total cool, über das Eis zu fahren. Die Geschwindigkeit ist toll. Man darf eben nur nicht zu viel lenken“, sagt die junge Sportlerin, die sich im Kreise der anderen Athleten und der Trainer sichtlich wohlfühlt. „Sarina macht das klasse. All ihre Energie müssen wir nur in die richtige Richtung lenken, dann wird sie sich weiter so großartig entwickeln“, prophezeit Johannes Geueke, der Sarina und die C-Jugend im Winter vier bis fünfmal pro Woche in Winterberg trainiert und weiß, dass der Sport Sarina guttut. „Im Rennsport gibt’s natürlich auch immer einen Adrenalinkick. Genau der ist die richtige Antwort auf all die Energie, die Sarina hat. Der Sport macht sie zu einem ruhigeren und ausgeglicheneren Mädchen, die die Trainingsgruppe oft mit viel Selbstbewusstsein antreibt“, erklärt der Vater des bekannten Rodlers Robin Geueke weiter.

Das Ziel: Die deutschen Meisterschaften
„Meine Fahrlage war früher nicht wirklich richtig“, gibt Sarina zu, die sehr ehrgeizig und knallhart zu sich selbst ist. „Aber jetzt lieg‘ ich so, wie man liegen soll“, erklärt die Nachwuchsrodlerin, die im Februar an ihrer ersten Deutschen Meisterschaft in Königssee teilnehmen möchte. Ob sie in ein paar Jahren auch einmal bei den großen Weltcups starten wird, ist schwer vorauszusagen. „Bei vielen Talenten kommt die Pubertät der Karriere dazwischen“, sagt Johannes Geueke. „Aber Sarina hat ein außergewöhnliches Talent und ist für ihr Alter schon sehr, sehr weit. Das könnte was werden“, mutmaßt der ehemalige Koch, der mit seinem geschulten Auge sieht, dass Sarina schon jetzt – genau wie die Großen – das notwendige und besondere „Popo-Feeling“ hat.