Fels ist nicht gleich Fels

Bei der Hangsicherung „Am Sengenberg“ war Präzisionsarbeit gefragt

Text: Philip Stallmeister

Foto: S. Droste, Jürgen Eckert

Das neue Teilstück der A46 besteht nicht nur aus der Straße selbst. Etwa auf der Höhe von Ostwig ergänzen zwei Parkplätze mit WC-Gebäuden (sogenannte PWC-Anlagen) das Gesamtpaket. Da sind einmal in Fahrtrichtung Olsberg die PWC-Anlage „Alfert“ und auf der anderen Fahrtrichtung die Anlage „Am Sengenberg“. Zur Erstellung dieser Parkplätze musste neben einer weiteren Bodenbewegung von rund 100.000 Kubikmeter mit Felsmaterial, das in der Baustelle gewonnen werden musste, auch die vollständige Erschließung der Gebäude sehr aufwendig geplant und durchgeführt werden. So werden die Trinkwasser- und die Schmutzwasserleitung an das Kanalnetz in Nuttlar angeschlossen. Für den notwendigen Strom hingegen wurden Leitungen aus Föckinghausen verlegt.

In unmittelbarer Nähe zu den PWC-Anlagen befindet sich in östlicher Richtung eine gigantische Gabionenwand, Markenzeichen der Hangsicherung Sengenberg. Fast 800 Meter lang und bis zu 25 Meter hoch ist diese Wand. Ein Vergleich zu dem ursprünglichen Gelände fällt dementsprechend auf. „Das Gesamtbild in der Natur hat sich gerade auch an dieser Stelle sehr markant verändert“, erzählt der zuständige Diplom-Ingenieur Bernd Krass, der für die Umsetzung der Straßen- und Erdbauarbeiten für Straßen.NRW vor Ort zuständig war. „Alleine auf diesem kleinen 800 Meter langen Teilstück der A46 mussten 320.000 Kubikmeter Boden bewegt werden. Davon bestehen gut 240.000 Kubikmeter aus Fels der sogenannten Bodenklassen 6 und 7. Das ist schwer beziehungsweise sehr schwer lösbarer Fels“, erklärt Krass. Selbst sehr große Bagger stoßen bei solchem Untergrund an ihre Grenzen. Der Experte klärt auf: „Weil dieser Fels nicht maschinell lösbar ist, mussten wir Lockerungssprengungen vornehmen. Im böschungsnahen Bereich musste die Sprengladung jedoch so präzise angepasst werden, dass die Gefahr einer Unterschneidung der Endböschung vermieden wird.“ Bei der Hangsicherung am Sengenberg war also Präzisionsarbeit gefragt. Erfahrene Sprengmeister sorgten dafür, dass die Arbeiten ordnungsgemäß durchgeführt wurden. Die abgetragenen Bodenmassen wurden dabei auf kurzem Wege verfahren. Sie wurden zwischen der Talbrücke Hammeke und der PWC-Anlage „Alfert“ zur Dammschüttung genutzt.

Gabionen werten den gesicherten Hang optisch auf

Die Gabionenwand verdeckt jedoch die technisch sehr aufwendigen Sicherungsarbeiten. In einem stufenförmigen Felsabtrag von maximal 2,50 Meter Höhe musste die freigelegte Felsböschung zunächst mit Dauerfelsnägeln als Anker gesichert werden. Diese Felsnägel sind alles andere als handelsüblich. „Die Stahlnägel sind zwischen sechs und 16 Metern lang, haben einen Durchmesser von 32 Millimeter und sind doppelt korrosionsgeschützt. Wir haben auf der ganzen Fläche insgesamt gut 3.800 Felsnägel verbaut, das entspricht einer Gesamtlänge von rund 36 Kilometern an Ankern“. Anschließend wurde eine mindestens 20 Zentimeter dicke, bewehrte Spritzbetonschicht hergestellt. Die in einem dichten Netzwerk auf der 13.700 Quadratmeter großen Fläche verteilten Nägel sorgen im Zusammenspiel mit der Spritzbetonschale für die erforderliche Stabilität. Eine so große mit Spritzbeton bearbeitete Fläche ist aber optisch kein Hingucker. Daher wurde die Hangsicherung mit eindrucksvollen Gabionen verkleidet.

Eine weitere wesentliche Sicherheitsmaßnahme war die Errichtung von insgesamt 119 Drainagebohrungen, jede davon 35 Meter tief. „Dieses so abfließende Wasser wird äußerst aufwendig gefasst und frostsicher abgeführt, schließlich dürfen die Drainageleitungen nie zufrieren. Die Drainagefunktion muss 365 Tage im Jahr gewährleistet werden“, betont Krass. Um die Standsicherheit der Böschung in den kommenden Jahren überprüfen zu können, wurden neben einer ausgeklügelten befahrbaren Bermenanordnung* auch Messapparaturen eingebaut, die Verschiebungsmessungen sowohl an der Oberfläche als auch im Gebirge selbst erlauben. An Grundwasserpegeln können Kontrollmessungen des Grundwasserspiegels vorgenommen werden. „Es war eine insgesamt gut acht Millionen Euro teure Sicherungsmaßnahme, die es im wahrsten Sinne des Wortes in sich hat“, fasst Krass zusammen.

„3.800 verbaute Felsnägel mit bis zu 16 Meter Länge“

* Berme = Absatz in der Böschung eines Hangs. Sie unterteilt die Böschung in zwei oder mehrere Abschnitte.

Mehr Geschichten rund um das neue Teilstück der A 46 gibt es im 100 Seiten starken WOLL Sonderheft, welches Sie hier im WOLL Onlineshop bestellen können. (Der Link lautet: https://woll-onlineshop.de/woll-magazin-sonderausgabe-a-46-2019/)

Fels ist nicht gleich Fels Bei der Hangsicherung „Am Sengenberg“ war Präzisionsarbeit gefragt