Kalorien finden ein neues Zuhause

Weihnachtsbacken mal ganz anders

Text: Andrea Gödde-Kutrieb – Fotos: Heidi Bücker

Plätzchen backen für Weihnachten – das gehört einfach dazu! In diesem Jahr müssen wir allerdings nicht Einkäufe nach Hause schleppen und unsere eigene Küche schmutzig machen. Wir backen einfach bei jemand anderem und haben uns für einen Backkurs bei Gerhard Schulte in dessen Dorfbäckerei in Eslohe angemeldet. Wir, das sind Heidi Bücker als Fotografin und ich als WOLL-Redakteurin.

13 Personen sind wir an diesem trüben Novembernachmittag – zwölf Frauen und ein Mann. Max, so heißt er, hatte seiner Freundin Bea den Backkurs zum Geburtstag geschenkt, weil sie immer so gerne backt. Dass er nicht nur als psychologische Unterstützung mitgekommen ist, wird sich später noch herausstellen.

Die Backstube ist vorbereitet: Die Zutaten – in Großgebinden – und die Backutensilien wie Schüsseln, Rührer, Nudelhölzer liegen bereit. Nach kurzer Begrüßung bekommen wir Instruktionen von unserem Bäckermeister Schulte: „So, nun bitte alle die Hände waschen und die Schürzen umbinden!“, kommandiert er. Schließlich sollen wir heute insgesamt 40 kg Gebäck fertigstellen. Heidesand, Nougattaler, Kokosecken, Rahmplätzchen, Schwei-neohren, Spritz- und Schwarz-Weiß-Gebäck stehen auf der Liste. Gerhard Schulte drückt jedem einen Rezeptzettel in die Hand. Nun heißt es erst mal die Teigzutaten wie beschrieben zusammenzustellen und abzuwiegen. Wir schaufeln Mehl und Zucker aus Riesensäcken, fügen Butterstücke, Eier, Wasser hinzu. Zitronenaroma kommt aus einer großen Plastikflasche. Ich bin unsicher, wie viel ich davon nehmen soll. „Noch zwei beherzte Schuss dazu, dann ist es perfekt“, lacht Gerhard Schulte, als er mir über die Schulter schaut. Das Rühren des Teiges übernimmt (Gott sei Dank) eine professionelle Rührmaschine.

Wir lernen, was Ziehmargarine ist, wie man Plätzchen mit Schachbrettmuster und einen Blätterteig herstellt. Was Teigruhe bewirkt und wie man richtig ausrollt. Alles, was der Chef vormacht, sieht so einfach aus. Ist es aber nicht. Beim Ausrollen mit schwerem Gerät – das hier verwendete Nudelholz könnte man locker auch als Mordwaffe nutzen – tun sich einige Frauen schwer. Aber Max, der hat den Bogen raus. Er rollt beherzt, bis eine schöne und gleichmäßige Teigplatte entsteht. Das gefällt dem Chef so gut, dass Max ein Extralob von ihm erhält. Unser aller Respekt ist ihm sicher. Wie viele Kalorien wir heute hier verarbeiten, möchte ich wissen. Die hat der Chef natürlich nicht gezählt, aber „die Kalorien werden bald ein neues Zuhause haben“, scherzt er. Insgesamt ist die Stimmung sehr gut. Es wird geschwatzt, gefachsimpelt und gelacht. Gerhard Schulte versteht es, die Gruppe für seine Arbeit zu begeistern, fügt hier und dort mal ein Anekdötchen oder einen Scherz ein.

Er selbst hat bis vor wenigen Jahren selbst ein Bäckereigeschäft betrieben. „Meine Eltern haben die Bäckerei gegegründet“, erzählt er. Vor einigen Jahren habe bei ihm ein Umdenken stattgefunden, erinnert er sich. „Jeden Tag um Mitternacht aufstehen und nie frei. Kostendruck und Rentabilitätsberechnungen. Irgendwann war mir meine Gesundheit wichtiger. Ich habe immer Ideen gehabt. Bin ein Kreativer und gerne mit Menschen zusammen“, sagt er. Da lag es nahe, Backkurse anzubieten. Nicht nur für die Weihnachtsbäckerei, auch für Backen mit Sauerteig, für herzhafte Snacks zu Bier und Wein, Backen mit Dinkel und anderem. Auch bietet er Backen mit Kindern an – das etwas andere Event zum Kindergeburtstag. Dass die Backkurse so einschlagen, damit hätte selbst Gerhard Schulte nicht gerechnet. „Ich hatte schon die verschiedensten Gruppen hier. Und jedes Mal ist es anders, aber immer schön“, resümiert er. Neben seinen Backkursen hat er sich auf das Backen von Spezialbroten fokussiert: Gluten- oder salzfrei, Dinkelbrote oder Dinkelbrötchen kann man bei ihm bestellen. Hierbei legt er Wert auf wenige, aber gute Zutaten und viel Teigruhe, die ein Brot insgesamt bekömmlicher macht.

Unsere Plätzchen sind mittlerweile im Ofen gelandet. Es duftet herrlich. Nebenbei haben wir noch einen Hefeteig zubereitet und mit Frischkäse, Speck und Zwiebeln belegt. Diese Snacks sind bereits fertig und wir lassen sie uns schmecken. Lecker! Und so leicht zu machen, lautet unser Urteil. Ein toller Partysnack, den man – so der Fachmann – auch gut vorher einfrieren und dann ganz entspannt kurz vor Eintreffen der Gäste herrichten kann. Inzwischen möchten die Plätzchen aus dem Ofen geholt werden. Wir schütten den Inhalt der großen Bleche auf die Arbeitsfläche. Was für ein Anblick! Was für eine Menge! Jeder bekommt die Rezeptauswahl und einen Karton zur Hand, in dem wir unsere gebackenen Köstlichkeiten mit nach Hause nehmen können. Nicht nur wegen der Ausbeute – circa drei Kilo Plätzchen für jeden –, auch wegen der guten Tipps und des geselligen Beisammenseins hat sich der Backkurs heute gelohnt. Ob ich im nächsten Jahr wieder alleine in der Küche stehe und Weihnachtskekse backe, werde ich mir jedenfalls schwer überlegen.

Dorfbäckerei Gerhard Schulte
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