Das Talent liegt in den Genen

🖊️ Anne von Heydebrand  📷 S. Droste
Davis Cup, Australien Open, Wimbledon – Jan-Lennard Struff ist auf dem internationalen Tennisparkett zuhause. Doch seine Heimat hat der 29-jährige Tennisprofi in Warstein. Dort wurde ihm das Talent in die Wiege gelegt. Auch seine Mutter Martina ist Profi im Tennisgeschäft und trainiert den Sauerländer Nachwuchs.
Dass Martina Struff ein Tennistalent ist, war schon früh klar. Als Kind gewann sie gleich ihr erstes Turnier in der Betonhalle und an ihre Trainerin denkt sie heute noch oft. „Ich hatte eine Trainerin, die sehr mütterlich und immer ansprechbar war. Ich habe mich da sehr gut aufgehoben gefühlt und ich glaube, dass das die Wurzeln sind, für das was ich heute mache“, erzählt Struff, die in ihrer Jugend sogar von Günther Bosch trainiert wurde. Jenem Mann, der einst Boris Becker entdeckte und mit ihm den ersten Wimbledon-Sieg feierte.

Tennistraining mit Kindern ist eine absolute Herzensangelegenheit

Heute trainiert Martina Struff, die ihren Lebensmittelpunkt in Arnsberg gefunden hat, den Tennisnachwuchs zwischen fünf und zwölf Jahren für den TC Blau-Gold Arnsberg. Hinzu kommt das Fördertraining auf Kreis- und Bezirksebene. Für die studierte Sportpädagogin ist das Training mit den Kindern eine absolute Herzensangelegenheit. „Ich begleite die Kinder und ihre Eltern vom Schuleintritt über den Schulwechsel bis hin zu den Anfängen der Pubertät. In dieser Zeit entwickeln sich die Kinder unwahrscheinlich. Es ist eine ganz tolle Zeit, in der ich den Kindern auch noch Werte und Normen mitgeben und sie als Mensch fördern kann. Ich sehe meine Arbeit nicht nur darin, dass ich ihnen das Tennisspielen beibringe. – Das allein wäre mir zu wenig“, erklärt Struff ihre Beweggründe und sie ergänzt, dass sie von den Kindern viel Ehrlichkeit und unverblümte Freude zu spüren bekommt. Dies sei unbezahlbar.
Für die 54-Jährige ist Tennis nicht nur ein Sport; sie ist davon überzeugt, dass er Werte fürs Leben vermitteln kann. „Es ist ein schwieriger Sport und ein Kind muss lange und konzentriert lernen, um ihn zu beherrschen. Es wird dadurch auf die Schule und auch auf das Leben vorbereitet. Außerdem ist man für seine Leistung auf dem Platz selbstverantwortlich. Man will natürlich siegen, aber man muss auch lernen, mit den Niederlagen umzugehen. Da bin ich als Trainerin dann wieder gefragt, in dem ich die Siege und Niederlagen mit den Kindern und Eltern zu besprechen.“

Tennis wird wieder elitärer

Trotz aller Vorteile bleibt auch der Nachwuchsschwund Martina Struff nicht verborgen. „Vor 25 Jahren war Tennis ein Breitensport. Die Leute sind in die Tennisclubs gerannt und wollten trainieren. Leider ist es heute anders und Tennis wird wieder elitärer“, meint Struff und sie ist davon überzeugt, dass der Tennissport mehr beworben werden muss. Aus ihrer Sicht sei er in den Medien nicht präsent genug und auch in den Lokalzeitungen sei der Fußball viel dominanter. Sie würde sich wünschen, wenn sich daran etwas ändere. Aber auch die Clubs und Vereine seien gefragt. Man müsse Schnuppertage anbieten und sogar in Kindergärten und Grundschulen Werbung für den Tennissport machen, meint Struff.
„Aber es steht und fällt natürlich alles mit den Ehrenamtlichen in den Clubs und Vereinen. Wenn die sich für die Jugendarbeit einsetzen und noch andere Freizeitaktivitäten planen, dann kommen die Kinder auch“, macht die 54-Jährige klar. Sie glaubt aber auch, dass die Eltern dabei viel Verantwortung tragen. „Die Eltern müssen Zeit investieren, um ihre Kinder zum Training zu bringen. Außerdem muss im Winter die Tennishalle bezahlt werden und auch gut ausgebildete Trainer bekommen ein anderes Honorar als zum Beispiel Trainingsleiter im Fußball. Dafür trainiert ein Kind dann allerdings in kleinen Gruppen und kann individuell gefördert werden“, erklärt Martina Struff.

Mehr Verständnis für den Leistungssport

Genauso wichtig sei es, dass die Schulen mehr Verständnis für den Leistungssport zeigen. „Die Kinder müssen sich die Zeit für den Sport irgendwie abknapsen und haben teilweise einen Tag wie ein Schwerstarbeiter. Sie haben lange Schule, dann trainieren sie zwei oder drei Stunden, machen anschließend ihre Hausaufgaben und gehen abends schlafen. Die Honorierung durch die Schule fehlt mir da ein bisschen, denn wir machen ja etwas Sinnvolles und die Kinder lernen etwas für Leben. In den USA ist das da etwas anderes. Dort wird die sportliche Leistung mit Stipendien belohnt.“
Auch ihre eigene Tenniskarriere hat Martina Struff noch nicht auf Eis gelegt. Im letzten Jahr spielte sie um Platz 1 in der Westfalenliga „Damen 40“ und ist sogar in der deutschen Rangliste auf Platz 69 geführt. Anderes als früher, steht heute für sie allerdings der Spaß im Vordergrund. Dennoch will sie dieses Jahr noch einmal angreifen und auf zwei Turnieren spielen. Und dann natürlich auch gewinnen!