Mein Lieblingsplatz – Anton

Als Redaktionshund im WOLL-Verlag ist unsereins morgens bis abends in Lauerstellung. Daher braucht man unbedingt einen Platz, an dem man immer mal wieder etwas zur Ruhe kommen kann. Ab und zu ein bisschen frische Landluft schnuppern oder sich mal nur um sich selbst kümmern, ist auch nicht schlecht. Da ich als steuerpflichtiger Menschenversteher viel von alldem brauche, habe ich gleich mehrere Lieblingsplätze.

Einer davon ist natürlich in meinem Büro, genauer gesagt, vor der Tasche von Sonja, die fast jeden Tag zu mir kommt und stundenlang am Computer sitzt – genauso wie Herrchen und Frauchen. Ich weiß wirklich nicht, wieso sie nichts Besseres zu tun haben. Mich streicheln zum Beispiel. Aber zurück zur Tasche: Aus dieser Tasche riecht es immer ganz wunderbar nach Leckerlis und ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass ich irgendwann einmal etwas abbekomme. Wenigstens ein ganz kleines Stück. Das habe ich bisher nämlich noch nicht, obwohl ich Sonja mit meinen treuen Augen immer so nett angucke, wenn sie ihr Brot aus der Tasche holt.
An manchen Tagen kommen ganz viele Menschen zu uns. Die setzen sich dann alle um einen Tisch und reden und lachen ganz viel, vor allem mein Herrchen. Dann sitze ich am liebsten unter dem Tisch und höre zu, was sie sich so erzählen. Einige bringen mir auch schon mal was mit. Zu denen bin ich immer besonders nett und springe sie an oder stupse sie mit der Nase, damit sie mir von den Leckerlis was abgeben.

Und dann gibt es Tage, da sind Herrchen und Frauchen unterwegs. An solchen Tagen ist mein Lieblingsplatz auf der Treppe im Flur. Ich stecke dann den Kopf durchs Geländer und warte, bis sie wieder nach Hause kommen. Vom Rumdösen bekommt man nämlich auch Kohldampf und braucht neues Futter in den Napf. Damit ihr jetzt nicht denkt, dass ich ein fauler Stubenhocker bin: Ich gehe auch gerne nach draußen. Am liebsten alleine. Manchmal feuern mich mein Herrchen und mein Frauchen oder Sonja an, sobald ich aus der Tür bin: „Anton! Anton!“, schreien sie. Das finde ich richtig nett und dann laufe ich extra noch ein bisschen schneller. Mein Dorf mag ich wirklich gerne. Da gibt es so viel zu entdecken, besonders in den Gärten der Nachbarn, und manchmal treffe ich dann auch die anderen Köter, Kleffer und Ruiens aus dem Dorf.

Mein allerliebster Lieblingsplatz ist draußen auf dem Feld. Besonders, wenn der Schnee weggetaut ist und dieses grünbraune, wohlriechende Zeug auf die Felder gefahren wurde. Manchmal finde ich eine besonders große Pfütze und wälze mich genüsslich darin. Einen schöneren Ort kann ich mir wirklich nicht vorstellen! Leider gibt’s danach immer eine ordentliche Wasserdusche und die Stimmung ist auch nicht mehr die beste. Aber was soll’s? Ich bin ja schließlich ein richtiger Dorfköter….

Nach einer Erzählung von Anton, aufgeschrieben von Sonja Nürnberger