Talent, Fleiß, Erfolg: alles unter einem Dach

Legendäres Kopfballungeheuer lernte sein Handwerk in Eslohe

von Andrea Gödde-Kutrieb
Wer im Dachdeckerbereich in Deutschland tätig ist, kennt sie garantiert: Die Lorenz-Burmann-Schule in Eslohe. Seit fast 70 Jahren ist sie ein fester Bestandteil der Branche und das größte Ausbildungszentrum in diesem Bereich in Deutschland. Viele jungen Leute sind in Eslohe für den Beruf ausgebildet, aber auch für das Leben geprägt worden. Einer von ihnen wurde später sogar Fußball-Europameister und kickte als damaliger Schüler auf dem Esloher Sportplatz.

Deutschlandweit anerkannt

Als zentrale Ausbildungsstätte für den Innungsverband des Dachdeckerhandwerks Westfalens bietet die Lorenz-Burmann-Schule Ausbildung, Meisterschule und Weiterbildung unter einem Dach: Im Berufskolleg pauken die Schülerinnen und Schüler in Form von Blockunterrichtseinheiten über einen Zeitraum von 3 Jahren nicht nur die fachspezifi schen Techniken des Dachdeckerhandwerks. Auch Deutsch, Politik und Sport stehen als übergreifende Fächer auf dem Stundenplan. Parallel werden in den Werkhallen die notwendigen praktischen Kenntnisse vermittelt, sodass nach erfolgreich bestandener Abschlussprüfung ein Schulabschluss und Gesellenbrief erlangt werden kann. Das Bildungszentrum ist eine Ergänzung zur betrieblichen Ausbildung. Hier wird das gelehrt, was der berufl iche Alltag nicht leisten kann. Die Meisterschule genießt einen überaus guten Ruf. Den Absolventen des achtmonatigen Meisterkurses stehen in Industrie und Handwerk alle Türen off en, heißt es in Fachkreisen. Seit 2005 werden Meisterkurse übrigens auch im Klempnerhandwerk angeboten. Wer die Karriere fördern oder im berufl ichen Alltag auf dem neuesten Stand bleiben möchte, der wird wohl auch nach der Ausbildung immer wieder die Schulbank drücken und sich fortbilden müssen. Auch hier bietet die Lorenz-Burmann-Schule paxisorientierte Kurse mit neuen Lehrinhalten an und ist somit deutschlandweit eine kompetente Adresse.

Erfolgreich bewältigte Herausforderungen

Ein weites Feld, das täglich Lehrkräfte, Verwaltung und Verantwortliche vor neue Herausforderungen stellt. Die größte Herausforderung seit Jahren sei der demografi sche Wandel, erklärt Hauptgeschäftsführer Fritz-Marius Sybrecht dem WOLL-Magazin.
Wie in anderen Handwerksberufen hat auch die Dachdeckerbranche in den letzten 10 Jahren mit einem Rückgang von Abgängerzahlen der Schüler an den allgemeinbildenden Schulen in Höhe von 20 bis 25 Prozent zu kämpfen. Entsprechend weniger Schulabgänger bewerben sich zur Ausbildung im Handwerk.
Um diesen Trend zu stoppen, ist dringend ein Entgegenwirken notwendig. NRW hat 2016 als erstes Flächenland in Deutschland unter dem Titel „Kein Abschluss ohne Anschluss“ ein verbindliches landesweites System für einen reibungslosen Übergang von der Schule in den Beruf aufgebaut, um allen Schülern einen guten und zielgerichteten Start in eine Ausbildung aufzuzeigen.
Darauf aufbauend ist die eigene Kampagne des Dachdeckerhandwerks „Jump in your job“ entstanden, erklärt Sybrecht. Mit einem trendigen Internetauftritt und Präsenz an Schulen und bei Ausbildungsmessen spricht man hier zielgerrichtet Schüler der 7. und 8. Klassen an und stellt das Berufsfeld, Ausbildung, Aufstiegs- und Weiterbildungsmöglichkeiten des Dachdeckerberufs vor. Langsam, aber stetig tragen diese Bemühungen Früchte, der Negativtrend konnte gestoppt werden. Die Zahl der Auszubildenden sei seitdem wieder um 13 Prozent angestiegen.

Entscheidende Perspektiven

Als Mitglied der Geschäftsleitung hat Fritz-Marius Sybrecht zum einen die Qualität der Ausbildung und zum anderen betriebswirtschaftliche Aspekte im Blick.
Um eine gute Lehre zu gewährleisten, sind jedoch einige Voraussetzungen zwingend notwendig. So muss die Ausbildungsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler, insbesondere im Hinblick auf Grundlagenschulwissen und Sprachkenntnisse, gewährleistet sein. Eine gesellschaftspolitische Aufgabe, die Schule nicht allein leisten könne. Außerdem sollten Ausbildungsinhalte sich noch mehr an der Praxis orientieren. Schön wäre es, wenn hier mehr auf die Basis gehört würde. Zu guter Letzt wäre eine bessere finanzielle Ausstattung wünschenswert. Das Berufskolleg, dessen Träger der Landesinnungsverband ist, komme da oft zu kurz. Derzeit besuchen etwa 1000 Schüler, verteilt auf einem Zeitraum von 15 Wochen im Jahr, die Esloher Dachdeckerschule. Eine zufriedenstellende Zahl, doch wenn diese langfristig unter 900 sinken würde, wäre eine schwierige betriebswirtschaftliche Grenze erreicht.

Mit dem Schulort verbunden

Mit der Gemeinde Eslohe als Standort ist man bei der Schulverwaltung sehr zufrieden. Man pflege ein gutes Miteinander und sei mit dem Bürgermeister und seinem Team in ständigem Austausch.
Gruppen von jungen Menschen – Sybrecht ist sich bewusst, das das für einen Ort wie Eslohe auch eine Herausforderung sein kann. Die Verwaltung der Schule tut daher einiges, um für ihre Schülerinnen und Schüler auch außerhalb des Unterrichts für Kurzweil zu sorgen. Kicker, Kajaks am Hennesee, Tischtennis, Fußball und andere Aktivitäten werden beständig angeboten.
„Ein Bildungszentrum wie die Lorenz-Burmann-Schule biete aber natürlich auch eine enorme Chance für die hiesige Wirtschaft und den Tourismus. Eine gute Gelegenheit, sich auch außerhalb des Sauerlandes bekannt zu machen“, betont Geschäftsführer Sybrecht.

Kopfballungeheuer in Eslohe

Einer, der Eslohe genau so – als Dachdecker-Azubi – kennengelernt hat, ist Fußball-Legende Horst Hrubesch. Er machte 1971/1972 eine Umschulung zum Dachdecker – in der Lorenz-Burmann-Schule. Als Schüler kickte Hrubesch auf dem hiesigen Sportplatz gegen die örtlichen Vereine für den „FC Dachdecker“.
Eine Allergie zwang ihn damals, sich beruflich umzuorientieren. Das Ergebnis dürfte bekannt sein. Als Stammspieler und Kopfballspezialist spielte er für die Nationalelf und wurde mit dieser Europameister und Vize-Weltmeister. Erfolgreich war er viele Jahre auch als Trainer – unter anderem bei der deutschen U21-Mannschaft und der Damen-Nationalelf. Dem Internatsleiter Anton Reinartz aus Frielinghausen war seinerzeit das außergewöhnliche Fußballtalent des Dachdeckerschülers Hrubesch aufgefallen. In weiser Voraussicht bewahrte er dessen Trikot auf und übersandte es später mit der Bitte, es durch ein Autogramm zu ergänzen. Hrubesch erledigte das postwendend.
Heute schmückt das Trikot die Cafeteria der Dachdeckerschule und erinnert die Auszubildenden daran, dass Talent, gepaart mit Duchsetzungsvermögen und Fleiß, große Chancen im Leben bietet.