Mit einem Spenderherz in ein neues Leben

von Heike Schulte-Belke
Der 60. Geburtstag ist für viele Menschen ein großer Tag. Für Antonius Hilmers aus Holthausen war dieser Tag im vergangenen Januar aber ein ganz besonderes Geschenk, denn seit etwas über einem Jahr schlägt in seiner Brust ein neues Herz.

Foto: Heidi Bücker


Den 4. Dezember 2017 wird er wohl nie vergessen – den Tag, an dem ihm in einer knapp achtstündigen Operation ein Spenderherz eingesetzt und somit das Leben gerettet wurde. Bereits vor zehn Jahren machten sich erste Anzeichen einer Herzerkrankung bemerkbar und nach mehreren Untersuchungen stand fest, dass sein Herzmuskel nur noch zu 33 Prozent arbeitete. Erhebliche Aussetzer machten das Einsetzen eines Defibrillators und Schrittmachers unumgänglich, viele Medikamente sollten zusätzlich den Herzmuskel entlasten. In den nächsten fünf Jahren holte ihn der Defibrillator ganze achtzehn Mal zurück ins Leben. Jedes Mal wurde ihm aufs Neue bewusst, wie ernst es um ihn
stand – und dass ein Spenderherz seine einzige Chance war.
Mitten in einer Routineuntersuchung in Bad Oeynhausen im April 2014 kollabierte Antonius Hilmers – ein glücklicher Zufall, da ihm so umgehend in einer Herzoperation ein Herzunterstützungssystem, das sogenannte Kunstherz, eingesetzt werden konnte. Doch damit war noch lange nicht alles gut, denn das Kunstherz konnte keine Dauerlösung sein, auch wenn er auf der Dringlichkeitsliste erst einmal wieder nach unten gestuft wurde. Gut drei Jahre später wurden in Bad Oeynhausen wieder erhebliche Aussetzer registriert und von dem Moment an war klar: Ohne ein geeignetes Spenderorgan würde er die Klinik nicht wieder verlassen können. Der Holthauser konnte laufen, Sport machen und sich so bewegen, wie es sein Zustand zuließ. Aber eben alles unter ständiger Beobachtung und mit dem Gedanken: Wie geht es weiter?

Die entscheidende Nachricht

Dann kam die Nachricht, die über sein weiteres Leben entscheiden sollte. Es war der 4. Dezember 2017, zwei Uhr nachts. Ein für ihn geeignetes Spenderherz war gefunden und erforderte eine schnelle Entscheidung des Patienten. Auch wenn er schon lange wusste, dass diese Nachricht sein Leben verändern und die Entscheidung seine einzige
Chance sein würde, überschlugen sich die Gedanken. Es war so weit und seine Chance auf ein zweites Leben bedeutete gleichzeitig einen Verlust für eine andere Familie. Auch wenn dieser Mensch, dessen Herz vielleicht das seine werden sollte, irgendwo auf der Welt nicht für ihn gestorben war, ermöglichte er ihm doch ein neues Leben! Sämtliche Vorbereitungen auf die OP ließen ihm kaum Zeit für diese Gedanken und gegen sechs Uhr am Morgen war der entscheidende Moment schließlich gekommen – die etwa achtstündige Operation konnte beginnen. An die folgenden neun Tage kann sich Antonius Hilmers nicht erinnern, denn ein Schlaganfall am Tag nach der Operation machte ein künstliches Koma notwendig. Einige Komplikationen erschwerten die Genesung, der Zustand war kritisch, doch nach und nach stabilisierten sich die Werte. „Das neue Herz war von Anfang an nicht das Problem, der Körper nahm das Spenderorgan sehr gut an“, erzählt Antonius Hilmers. Es war eher das „Drum und Dran“, was die Rehabilitation erschwerte. Schritt für Schritt und mit eisernem Willen ging es jedoch aufwärts, die Reha-Maßnahmen zeigten Erfolg. Diese ersten Schritte in eine neue Welt erforderten viel Geduld. „Doch immer, wenn man einen Schritt weiter war, wenn kleine Ziele erreicht wurden, machte das Mut“, weiß der Sechzigjährige heute. Und er erinnert sich genau an den Moment, in dem er zum ersten Mal wieder draußen war: „Ich konnte das Leben wieder spüren.“

Ein Herz ist ein Gut, das man nur verschenken kann

Es ist ein anderes Leben, das er führt – aber es ist ein Leben. „Mit den Nebenwirkungen der Medikamente muss man sich arrangieren und auch mit einigen anderen Umständen findet man sich ab“, erklärt er. Dankbar ist er nicht nur dem unbekannten Spender, sondern auch dessen Familie, die der Organspende zugestimmt hatte. Gerade zum ersten Jahrestag der Transplantation kreisten seine Gedanken darum, wer ihm das Herz gespendet hatte
und welche Geschichte dahintersteht. Er selbst hatte schon Jahre vor seiner Erkrankung einen Organspendeausweis und genau eine solche Bereitschaft hat ihm nun selbst ein neues Leben geschenkt.
Eine wichtige Frage beschäftigt einen Außenstehenden: Was hat sich im Leben verändert? Dass Leben und Tod manchmal sehr dicht beieinander liegen, weiß Antonius Hilmers sicher. Doch er fühlt sich dem Spender auch verpflichtet: „Ich möchte sorgsam mit diesem ‚Geschenk‘ umgehen und dieses Leben leben.“ Und auch wenn er seinen Frohsinn und Humor nie verloren hat, so denkt er nun über vieles anders. „Man ist empfindlicher und lebt bewusster, es ist eben nicht alles selbstverständlich.“ Ein besonderes Geschenk seiner Familie ist ein großes Bild mit einem Herzen, auf dem geschrieben steht: Das Herz ist ein Gut, das man nicht verkaufen oder kaufen, sondern nur verschenken kann.
Blutspende, Knochenmarkspende, Organspende sind in der heutigen Zeit wichtige
Themen, mit denen sich jeder Mensch auseinandersetzen sollte. Denn jeder kann in die
Situation kommen, in der man auf diese lebenswichtigen Spenden angewiesen ist. Für
Antonius Hilmers war das die einzige Chance weiterzuleben. Aber auch erste und schnelle
Hilfe vor Ort ist entscheidend. Bei Herzstillstand kann der Einsatz eines Defibrillators eine
lebensrettende Maßnahme sein. Daher hat sich die First-Responder-Gruppe Schmallenberg
als Ziel gesetzt, Schmallenberg „herzsicher“ zu machen, und hat im vorletzten Jahr acht
Automatische Externe Defibrillatoren (kurz: AED) in Schmallenberg und Bad Fredeburg
platziert. Die Standorte sind: Volksbank Bigge-Lenne eG, Oststraße 19-23, Rewe Markt, bei
dem Geldautomaten der Volksbank, St. Valentin Apotheke, Stadthalle Schmallenberg,
Rathaus Schmallenberg, Turnhalle des Schulzentrums Schmallenberg, Möbelhaus Knappstein und die Turnhalle des Schulzentrums Bad Fredeburg. Beim Einsatz der Geräte kann man nichts falsch machen, der AED führt den Benutzer anhand der Sprachanleitung an. Des Weiteren stehen die Arztpraxen und Medizinischen Versorgungszentren während der Sprechstunden zur Verfügung sowie die Notdienste und rund um die Uhr auch das Fachkrankenhaus Kloster Grafschaft.