Spurwechsel bevorzugt

🖊️ Berthold Zeppenfeld  📷 S. Droste, Fa. Ewers
Zwei Flüchtlinge aus Afghanistan, der 19-jährige Mirza Amini und der 18-jährige Mohammad Amini, sind erfolgreich in eine Ausbildung bei Karosserie- und Fahrzeugbau Ewers in Meschede gestartet. Die beiden Großcousins sind 2015 unabhängig voneinander aus lebensbedrohlichen Situationen in ihrem Heimatland geflohen, trafen sich auf der Flucht bei Verwandten im Iran und traten dann gemeinsam den Weg nach Deutschland an. Über einige weitere Stationen landeten sie im November 2015 in einer Unterkunft für minderjährige Flüchtlinge in Meschede. Um die deutsche Sprache möglichst schnell zu lernen, verließen sie auf eigene Initiative die Wohngruppe und wurden von einer Pflegefamilie in Heringhausen aufgenommen. Beim Besuch der Jobbörse im Berufskolleg Meschede kamen sie dann mit Unterstützung ihrer Pflegemutter in Kontakt mit Meinolf Ewers, dessen Firma regelmäßig zehn bis zwölf Auszubildende in vier Berufsfeldern ausbildet.

Quelle: Firma Ewers Meschede

In Zukunft begehrte Fachkräfte (vlnr): Mohammad Amini, Klajd Quazimi sowie Mirza Amini, hier mit Firmenchef Meinolf Ewers


Dem ersten Kennenlernen folgten ein Praktikum und ab August 2017 eine erfolgreiche Teilnahme an einer Einstiegsqualifizierungsmaßnahme, so dass beide zum 1.8.2018 in das 2. Lehrjahr übernommen werden konnten, Mirza als Mechaniker für Karosserie- und Fahrzeugbau, Mohammad als Fahrzeuglackierer. Firmenchef Meinolf Ewers: „Uns ging es nicht in erster Linie darum, Flüchtlinge einzustellen, sondern für uns ist es ist wichtig, gute Facharbeiter zu bekommen. Und wenn wir einen handwerklich begabten Menschen finden, ist es uns egal, ob er Deutscher, EU-Bürger oder Flüchtling ist. Die für alle Bewerber gleichen Voraussetzungen sind handwerkliches Geschick, Zuverlässigkeit und ein hohes Maß an Motivation und Verantwortungsbewusstsein.“ Für die Migranten kommt eine weitere Voraussetzung hinzu. Mirza Amini erinnert sich, was sein Chef ihm anfangs gesagt hat: „Drei Dinge sind ganz wichtig: Deutsch lernen, Deutsch lernen, Deutsch lernen …“.
Dass die Zusammenarbeit für beide Seiten große Vorteile bringt, wird im Gespräch deutlich. Die Azubis fühlen sich sehr wohl, die Arbeit macht ihnen Spaß, dem theoretischen Unterricht in der Berufsschule können sie gut folgen und das Umfeld könnte nicht besser sein. Mirza Amini: „Wir haben hier die besten Kollegen der Welt!“ Und die Firma Ewers sieht, dass sich aller Einsatz für die Migranten lohnt, weil sie bereits jetzt wertvolle Mitarbeiter und Kollegen sind und für die Zukunft als dringend benötigte Facharbeiter unentbehrlich werden können.
Dabei sind die beiden jungen Männer nicht die ersten Migranten, die einen Ausbildungsplatz bei Ewers bekommen haben. Klajd Quazimi, als Angehöriger der Volksgruppe der Sinti und Roma Ende 2014 aus Albanien nach Deutschland geflohen, begann seine Ausbildung im November 2015 und wird nach dreieinhalbjähriger Lehre als Karosserie- und Fahrzeugbauer im Januar 2019 seine Gesellenprüfung ablegen. Der 28-Jährige ist verheiratet und hat zwei kleine Kinder. Er stellt seine guten Erfahrungen mit der Ausbildung in der Firma Ewers selbstbewusst und überzeugend dar und wünscht, dass möglichst alle Migranten erkennen, dass der Gesellenbrief viele Möglichkeiten für eine gute Zukunft eröffnet. Für ihn hat Meinolf Ewers im engen Kontakt mit den zuständigen Behörden bisher alle Hindernisse, die einer Beschäftigung von geduldeten oder abgelehnten Asylbewerbern im Weg stehen, ausräumen können. Ob Klajd Quazimi nach seiner Gesellenprüfung auch mit seiner Familie in Meschede bleiben darf, ist nach Aussage von Meinolf Ewers zur Zeit leider noch nicht klar.

Im WOLL Interview (vlnr): Mohammad Amini, Klajd Quazimi, Mirza Amini,
WOLL Mitarbeiter Berthold Zeppenfeld, Meinolf Ewers und Rita Stehling


Für alle drei Azubis gilt, dass sie derzeit keine Aussicht auf Anerkennung als Asylanten haben, da ihre Herkunftsländer als „sicher“ gelten. Während der Ausbildung sind sie in Deutschland geduldet. Sie hoffen, anschließend als Facharbeiter bleiben zu dürfen. Da sie um die Gefahren bei einer Rückkehr in ihre Heimat wissen, kommt diese Option für sie derzeit nicht in Frage.
Meinolf Ewers befürwortet in diesem Zusammenhang sehr die Verabschiedung eines Einwanderungsgesetzes für die Bundesrepublik und wünscht, dass die als „Spurwechsel“ bezeichnete Möglichkeit, die für gut integrierte Migranten ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht vorsieht, möglichst bald in Kraft tritt.