Geheimrat Dr. Oldenburg trifft Ingrid Marie in Meschede

🖊️ Ellen Sonneborn   📷 S. Droste

Pater Jorge, Johannes Bünner (Vertiebsleiter), Prior Pater Abraham,
Sascha Orzel-Schwill (Leiter Lebensmittel) bei der Späternte 2018 (vlnr).


„Ingrid Marie“ und „Jakob Lebel“ sind spät dran. Als die Spätapfelsorten der urigen Streuobstwiese der Abtei Königsmünster sind sie jedoch genau im Zeitplan. Mitten in der Stadt teilen sie sich ihren sonnigen Standort mit zahlreichen weiteren alten und seltenen Apfelsorten, mit klangvollen Namen wie „Geheimrat Dr. Oldenburg“ oder „Der Schöne von Boskoop“, der uns gemeinhin als „Boskop(p)“ bekannt ist.
 

Sensationelle Apfelernte 2018


Die Sonne steht tief und in herbstlicher Erwartungshaltung über Meschede. Sie wirft ihr besonderes Licht in den klösterlichen Apfelhain. Es ist Ende September. Prior Pater Abraham und Vertriebsleiter Johannes Bünner blicken auf Meschedes letzte große innerstädtische Streuobstwiese. „Eine Kostbarkeit“, schwärmt Prior Abraham. Und Vertriebsleiter Johannes Bünner, gebürtiger Mescheder und Heimkehrer ist fasziniert von der „sensationellen Apfelernte 2018“. „Während meines Studiums habe ich ein Praktikum im Alten Land, Europas größtem geschlossenem Obstbaugebiet gemacht. Damals war ich begeistert von der Vielfältigkeit des Apfels und habe so bei mir gedacht, wie schön es doch wäre, wenn wir so etwas auch im Sauerland hätten. Und da steh ich nun, auf einer großen und alten Streuobstwiese, an meiner alten Schule, in meiner Heimatstadt, mitten im Sauerland“, erzählt Bünner enthusiastisch.
 
 

Bewahrte Tradition, heimischer Vitaminlieferant und Sündenfall

Pater Abraham weiß derweil zu berichten, dass die Obstbäume wohl in der Gründungszeit des Klosters, also den frühen 30er Jahren des letzten Jahrhunderts gepflanzt worden sind. „Früher war der Apfel für unsere Region ein wichtiger Vitaminlieferant und aufgrund seiner langen Lagerfähigkeit auch ein unverzichtbarer Vitaminspeicher“, erklärt er. Und fügt mit einem Augenzwinkern hinzu: „Als christliche Ordensgemeinschaft haben wir natürlich auch eine unmittelbare Beziehung zum Apfel(baum), wobei es sich im Sündenfall um einen Granatapfel gehandelt haben dürfte.“ Aus seinem persönlichen Nähkästchen, das 30 Jahre Abteileben in sich trägt, sinniert Prior Abraham abschließend: „ Als ‚Klosterlehrlinge’ haben wir seinerzeit im November die letzten Äpfel aus dem Schnee aufgelesen. Die Apfelernte hat sozusagen Tradition auf dem Klosterberg und ich würde mir wünschen, dass der heimische Apfel wieder mehr Wertschätzung erfährt.“
 

Aromatisches Geschmackserlebnis

Überprüfung des Reifegrades mit dem Jod-Stärke Test


Ein Hauch von Muskat oder feines Nelkenaroma verbirgt sich in den alten Apfelsorten “’Ingrid Marie“, „Berlebsch“ oder „Jakob Lebel“. „Das will man heute nicht mehr haben“, erklärt uns Johannes Bünner. „Der moderne Apfel wird auf den Punkt unreif geerntet, in kontrollierter Atmosphäre gelagert, sodass er dann auf dem Küchentisch die Vollreife erlangt“, doziert er weiter und zückt eine Jodtinktur nebst Reife-Bestimmungstabelle aus seinem Korb. „Unsere Äpfel hingegen werden in Vollreife geerntet. Die Jodtinktur dient dazu den Reifegrad zu bestimmen, sie macht den Stärkegehalt sichtbar“, ergänzt er. Ein Biss in die kleine rote „Ingrid Marie“ überzeugt. Trotz leicht mehliger Konsistenz ein überraschendes Geschmackserlebnis. Fruchtig, süß-sauer und würzige Nuancen.
 

Mit Vielfältigkeit durch die kalte Jahreszeit

Die Äpfel mit dem tollen Geschmack erfahren vielfältige Verwendung im Mescheder Kloster. Sascha Orzel-Schwill, Leiter des Lebensmittelbereichs der Abtei erörtert: „Das Gros der Ernte wird vermostet. Neben Apfelsaft und Apfelwein werden alkoholfreier Apfelpunsch, Bratapfelkonfitüre, Apfel-Sacher-Torte, winterliche Ragoutgerichte für die Patres und Abteigäste gezaubert. Dieses Jahr ist auch der erste Apfelbrand ausgereift“, wirft Johannes Bünner ein und deutet auf zwei Eichenfässer im Apfellager.
„Insgesamt haben wir 2018 auf unserer Streuobstwiese bisher 5,7 Tonnen Äpfel geerntet, bei den Spätsorten rechnen wir mit zusätzlichen 1,3 Tonnen“, schließt er den klösterlichen Rundgang im Mescheder Apfelparadies ab und füllt uns ein „Kostpröbchen“ Apfelwein 2018 ein. Na dann, Prost, woll!