Maurermeister, Musikgenie, Familienvater und Alphornbauer

Karl Plett, ein wahres Multitalent aus Altenilpe, erzählt von harter Arbeit und brillanter Musik

von Kerstin Thielemeier

Auf einem Feuerwehrfest in Fleckenberg haben sie sich 1956 kennengelernt. Ursula Plett war damals auf dem Heimweg. Sie kam gerade von Jagdhaus, wo sie als Köchin im Hotel Wiese beschäftigt war, als ihr Karl auf sie aufmerksam wurde. „Sie war frech und schön, ganz nach meinem Geschmack. Seitdem sind wir zusammen“, erzählt Karl Plett. Er war damals aber eigentlich nicht zum Feiern auf dem Fest, sondern vielmehr zum Musizieren. Sein harter Arbeitsalltag hat ihn nie davon abgehalten, die Liebe zur Musik zu leben. „Meine Eltern hatten einen Baubetrieb in Altenilpe“, erzählt der heute 87-jährige Karl Plett. „Da war es keine Frage, dass ich auch Maurer werde.“
Neben der Arbeit auf dem Bau galt es damals aber auch noch, die eigene Landwirtschaft zu betreiben. Ein 10 bis 12-Stunden-Tag voller Arbeit und Schweiß stand an der Tagesordnung. Damals hatten die Pletts neben den Ländereien noch Kühe, Rinder und Schweine. „Die Kühe brauchten wir, um zu eggen, zu pflügen und zu säen. Da war ich 14 Jahre alt.“ Er atmet einmal tief durch und sagt: „Da können Sie sich drauf verlassen, das war harte Arbeit. Wir waren sechs Kinder zu Hause, die mussten alle ran.

„Da musste man schon was können, sonst konntest du nach Hause gehen.“

Einen Ausgleich zum Arbeitsalltag fand die Familie Plett in der Musik. „Musikalisch sind wir alle“, freut sich Karl Plett. Mit 17 Jahren bekam er endlich seine eigene Klarinette. Nach dem Krieg wurden Instrumente gegen Butter getauscht. Fünf Jahre lang hat er sie gespielt. Dann kam der Beruf dazwischen: „Ich war Maurer, da hatte ich immer die Finger kaputt, somit war es eine Frage der Zeit, bis ich meine Klarinette nicht mehr spielen konnte.“
Nach seiner Prüfung zum Maurermeister in Köln kam er zurück nach Altenilpe und fand schnell Ersatz für die Klarinette. So folgten im Laufe seiner Musikerlaufbahn Althorn, Tenorhorn und Waldhorn. Viel, viel später sollte das Alphorn folgen. Eigentlich gibt es im Schmallenberger Sauerland keinen Ort, kein Schützenfest und keine Messe, wo er nicht gespielt hat. In den 50er Jahren spielte er in einer Kapelle, die als Vorläufer der heutigen Stadtkapelle gilt. Tanz- und Streichmusik wurde damals gespielt. „Es war eine feine Truppe mit zwölf Berufsmusikern. Ich durfte das Waldhorn blasen. Da musste man schon was können, sonst konntest du nach Hause gehen“, erinnert sich Karl Plett. Acht Jahre spielte er in diesem Ensemble. Aus Altersgründen wurde diese musikalische Verein igung Ende der 50er Jahre aufgelöst. Kurze Zeit später ist im Jahre 1959 die heutige Stadtkapelle Schmallenberg gegründet worden.

„Dann baue ich mir eben – wie ich es bereits schon damals vorhatte – selber so ein Ding.“

Im Musikverein Lyra Wenholthausen spielte er zwölf Jahre das Tenorhorn. 20 Jahre hat er als erster Tenor im Gesangsverein Dorlar gesungen. Mitbegründer war er vom Panik-Orchester Altenilpe/Sellinghausen und von der Kur- und Knappenkapelle Bad Fredeburg war er sogar einer der Hauptgründer. „Ich bin Musiker durch und durch“, berichtet Karl Plett. Das Notenlesen habe er in Sellinghausen damals ganz früh von Toni Schneider gelernt. Aber eigentlich hat er es sich selber beigebracht. Seinen musikalischen Durchbruch hatte er, nach eigenen Aussagen, allerdings erst nach seinem 70. Geburtstag. Das Alphorn weckte seine Leidenschaft für Blasinstrumente. „Ich wollte ein eigenes haben. Förster Klaus Hogrebe sollte mir einen Baum besorgen, der eine Krümmung hat.“ Das war aber nicht so einfach. Auf der Suche nach Noten für das Instrument stieß Karl Plett schließlich auf einen Alphorn-Bauer oder besser die Generalvertretung der Alphorninstrumente in Offenburg. „Dann habe ich mir einfach eins gekauft“, freut sich Karl Plett noch heute.
Durch einen Zufall schlossen sich Förster Klaus Hogrebe und Alexander Grell (beide Jagdhornbläser im Hegering Bad Fredeburg) dem Vorhaben von Plett an. Unter seiner musikalischen Leitung wurde fortan geübt. Schweizer Klänge aus den Altenilper Bergen, das war ein echter Knaller. Ein Name wurde gefunden und „Das Hunau-Alphorn-Trio 2001“ war gegründet. Es folgten unzählige Auftritte und Pressetermine. Fast zwölf Jahre gehörte Karl Plett mit seinen Freunden zu den besten Alphornisten in der Region. Eine ärztliche Anweisung hat ihm schließlich das Spielen verboten. „Zu anstrengend für ihr Alter“, hieß es damals. Aus lauter Enttäuschung über diese Diagnose habe er Hals über Kopf sein Alphorn verkauft. „Doch einige Jahre später habe ich mir selbst ein Alphorn gebaut, wie ich es bereits damals vorhatte“, erzählt Karl Plett. Ausgelacht hat ihn anschließend so mancher. Keiner habe es ihm zugetraut. Das war für ihn offensichtlich Ansporn und Herausforderung zugleich.
Die hochgewachsene Konifere, direkt vor seinem Haus in Altenilpe, die sollte es sein. In mühsamer Handarbeit hat er es tatsächlich geschafft. Grobe und filigrane Schnitzarbeiten ließen aus dem Baum schließlich ein Alphorn werden. Nicht nur optisch, sondern auch akustisch perfekt.
„Wenn ich mir etwas vorgenommen habe, habe ich es auch durchgezogen.“ Wohl wahr! Viel geschafft hat er in seinem Leben. Und dabei immer an seiner Seite: seine Frau Ursula (84 Jahre). „Sie ist von allem das Beste, was mir passiert ist. Ohne sie hätte ich nichts!“