"Schutz durch Nutzung"

Geschäftsführer Detlef Lins vom Naturpark Sauerland Rothaargebirge im Gespräch

von Tiny Brouwers und Hermann-J. Hoffe
Seit dem 29. April 2015 gibt es den Naturpark Sauerland Rothaargebirge. Dieser wurde von den vier Kreisen Hochsauerlandkreis, Kreis Olpe, Märkischer Kreis und Kreis Siegen/ Wittgenstein, 41 Kommunen und einzelnen Verbänden wie zum Beispiel Waldbauern, Jägerschaft, ehrenamtlicher Naturschutz sowie den touristischen Dachorganisationen Siegerland/Wittgenstein und Sauerland gegründet. Wir sprachen mit Detlef Lins, dem ehemaligen Bürgermeister von Sundern und seit dem 1. November 2015 Geschäftsführer des Naturparks Sauerland Rothaargebirge.
WOLL: Wann und warum ist eigentlich der Naturpark entstanden?
Detlef Lins: Den neuen Verein Naturpark Sauerland Rothaargebirge gibt es seit dem 29. April 2015. Vorher kannten wir die drei kleineren selbständigen Naturparks Ebbegebirge, Homert und Rothaarsteig mit den üblichen Problemen: wenig Personal, sehr wenig Geld und dadurch auch eine geringe Schlagkraft.
WOLL: Es heißt Naturpark Sauerland Rothaargebirge. Warum dieser Name?
Detlef Lins: Die beiden prägnanten und bekanntesten touristischen Begriffe sind in diesem Namen zusammengeführt. Und es gibt keinen Bindestrich dazwischen. Man wollte nicht, dass es so aussieht, als sei das Rothaargebirge ein Anhängsel des Sauerlandes. Es sind zwei eigenständige Regionen, die gleichberechtigt nebeneinanderstehen.

Vier Säulen

WOLL: Was sind die Funktionen und Aufgaben des Naturparks Sauerland Rothaargebirge?

Foto: Klaus-Peter Kappest


Detlef Lins: Wir hatten im September in Eisenach ein Treffen des Verbands Deutscher Naturparke. Da wurden die modifizierten Ziele der Naturparkarbeit festgelegt. Die
Naturparke stehen auf vier starken Säulen. Da sind zu allererst natürlich der Naturschutz und die damit verbundenen Themen wie zum Beispiel die Biodiversität. Wir sind auch für die Umweltbildung einschließlich der Bildung für eine nachhaltige Entwicklung zuständig, des weiteren für die regionale Entwicklung. Das bezieht sich insgesamt auf die Verhältnisse innerhalb des Naturparkgebietes, aber auch auf die Vermarktung regionaler Produkte mit entsprechender Hilfestellung für die Landwirtschaft und so weiter. Und natürlich bemühen wir uns letztlich um die Entwicklung von naturverträglichen touristischen Angeboten. Das bedeutet die Natur zu erleben, ohne die Natur zu belasten. Bei Quads im Wald sind wir nicht der passende Partner, aber bei Themen wie Wandern, Naturerlebnis, Führungen, also
da, wo man die Natur näher kennenlernen kann, sind wir zusammen mit dem großen Partnernetzwerk dabei. Und diese vier Säulen stehen gleichberechtigt nebeneinander.
WOLL: Was ist bis jetzt passiert?
Detlef Lins: Das ist eine gute Frage. Man muss bedenken, dass wir in November 2015 im Büro in Bad Fredeburg bei null angefangen haben. Wir haben uns alle Anlagen der alten Naturparke angesehen. Insgesamt 400 Anlagen hatten die drei Vorgänger zu verwalten. Davon sind heute 180 interessante Anlagen übriggeblieben. Alle anderen sind auf andere Trägerschaften wie die Heimatvereine vor Ort oder auf die Kommunen übertragen worden. Wir haben zu Beginn erst einmal Strukturen aufbauen müssen, den Vorstand besetzen, Ausschüsse bilden etc. Und dann galt es das Thema „Naturpark“ in unserem gesamten Gebiet greifbar zu machen. Den Landeswettbewerb „Naurpark.2018.NRW“ konnten wir auf Anhieb gewinnen und gut 300.000 € Fördergelder in die Region holen. Damit haben wir die Kommunen unter anderem im Rahmen eines eigenen Wettbewerbes, gebeten, Räumlichkeiten für Infozentren vorzuschlagen. Fünfzehn Kommunen haben mitgemacht und sechs Raumangebote wurden letztendlich ausgewählt, als Tore zum Naturpark. Diese Besucherinformationszentren werden schrittweise eröffnet: in Bad Berleburg, Burbach, Hemer, Meinerzhagen, Lennestadt-Kirchhundem und Medebach.

Naturparkplan

WOLL: Was ist für das kommende Jahr in Planung?
Detlef Lins: Dieses Jahr werden die ersten zwei Zentren eröffnet und 2019 die anderen vier. Im Grunde haben wir jetzt erstmals überhaupt Anlaufstellen für Naturparke, in denen wir über unsere Arbeit informieren und erklären können, welche Höhepunkte, sog. „Juwelen“, die Region zu bieten hat.
Im Moment ist der Naturparkplan in Arbeit und zwar unter großer Beteiligung der Öffentlichkeit. Wir haben bereits in Fachkonferenzen, in öffentlichen Planungsgesprächen, durch Expertengespräche, mit einer Onlineumfrage und vielem mehr ein Meinungsbild eingeholt: „Was erwarten Sie vom Naturpark und was soll in den nächsten zehn Jahren
alles umgesetzt werden?“ Das läuft seit anderthalb Jahren und wir sind jetzt dabei, das Ganze zusammenzufassen und zu analysieren. Für nächstes Jahr im Sommer hoffen wir, dass der Naturparkplan soweit steht und in der Mitgliederversammlung verabschiedet werden kann. Wir werden wieder eigene, zertifizierte Natur- und Landschaftsführer ausbilden und ein eigenes Programm mit Themenwanderungen in den verschiedenen Orten auflegen. Das sind Führungen unter dem Dach des Naturparks. Die finden immer statt, auch wenn sich beispielsweise nur zwei Personen einfinden. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.
WOLL: Was haben die Menschen aus Schmallenberg und Eslohe von den Aktivitäten?
Detlef Lins: Diese Frage ist wichtig. Unsere Verantwortung besteht erst einmal darin, eine intakte Wanderinfrastruktur anzubieten. Wir haben bis jetzt jedes Jahr zwischen 170.000
und 200.000 Euro in Wanderanlagen wie Wanderparkplätze, Schutzhütten, Lehrpfade und so weiter investiert. Das ist gerade für touristisch orientierte Kommunen wie Schmallenberg und Eslohe ein großer Mehrwert. Wenn ich jetzt überlege, was eine Anlage kostet, mit einer Schutzhütte vielleicht noch dabei, dann sind wir oft im fünfstelligen Bereich. Aktuell optimieren wir den Wennepfad in Eslohe-Wenholthausen. Der wird damit nochmals deutlich aufgewertet, weil er auch für Menschen mit Beeinträchtigung erlebbar wird. Dann sind da unsere Umweltbildungsangebote. Die Kardinalvon-Galen-Schule in Eslohe ist zum Beispiel seit ein paar Monaten unser Partner als neue Naturparkschule. Ich bin sicher, dass es durch diese und weitere Maßnahmen einen erheblichen Mehrwert für diese Region gibt und dass wir als starker Partner auch eine Bereicherung für Schmallenberg und Eslohe sind.
WOLL: Sie bündeln die Interessen derjenigen, die eine nachhaltige Entwicklung der Region wichtig finden. Was sehen Sie als nachhaltige Entwicklung an und wie versuchen Sie das zu steuern?
Detlef Lins: Nachhaltig bedeutet für uns, dass die ökologische, ökonomische und soziale Entwicklung im Einklang stehen. Das ist erstmal die Grundmaxime, nach der wir arbeiten. Wir versuchen im Rahmen der Regionalentwicklung als Großschutzgebiet einen Beitrag zu leisten. Dabei stellen wir insbesondere die ökologischen Aspekte in den Vordergrund. Und für uns gilt: „Schutz durch Nutzung“. Das heißt: Die Menschen sollen die Natur besser kennenlernen. Gleichwohl muss diese Inanspruchnahme der Natur in deren Sinne gesteuert werden. Besucherlenkung ist dabei ein ganz wichtiges Thema. Das heißt, wir führen die Leute gezielt zu sorgsam ausgewählten Gebieten, um andere, sensible Naturschutzgebiete zu schonen. Man denke hier an die Brutgebiete von Vögeln oder bestimmte Zeiträume, die für den Aufwuchs von Pflanzen wichtig sind. Dazu kommt natürlich die Aufgabe oder das Ziel, den Naturpark Sauerland Rothaargebirge für alle, die ihn nutzen wollen, und für alle, die ihn schützen wollen, in Einklang zu bringen. Wir sind davon überzeugt, dass wir als Vernetzungsstelle, als runder Tisch, an dem alle Akteure sitzen, dazu bestens in der Lage sind.
WOLL: Wie wollen Sie die Einwohner und Einwohnerinnen im Naturpark über die Ziele und Vorhaben informieren?
Detlef Lins: „Binnenmarketing“ ist hier ein wichtiges Thema. Die Menschen müssen wissen und es wertschätzen, dass sie in einem Naturpark leben. Als mittelfristiger Erfolg sollte es sicherlich so sein, dass die Menschen nicht mehr bei uns nachfragen müssen: Wo ist denn der Eingang zum Naturpark? Die gesamte Systematik der Naturparke soll den Menschen kommuniziert werden. Das ist sicherlich ein wichtiges Anliegen, welches wir zum Beispiel über die Infozentren nun angehen. Aber um dahin zu kommen, mussten wir erst mal unsere Hausaufgaben machen. Da sind wir, so will ich das für alle Beteiligten sagen, ein gutes Stück vorangekommen.
WOLL: Danke für Ihre Antworten, Detlef Lins, und viel Erfolg weiterhin mit dem Naturpark Sauerland Rothaargebirge.