Flugplatz in Meschede-Schüren

Das Acroteam Meschede

Nur noch selten gehen am Flugplatz in Meschede-Schüren Anrufe ein, dass irgendwo über Meschede ein Flugzeug in Schwierigkeiten ist, weißer Rauch aus der Maschine tritt oder diese abzustürzen droht. Denn manches Mal formt sich der weiße Rauch zu einem Herz, Glocken läuten, ein glückliches Brautpaar schaut nach oben. Den aufmerksamen Beobachtern wird klar: Die seltsamen Flugmanöver sind gewollt, vor allem aber gekonnt. Dann sind die Kunstflugpiloten des Acroteams-Meschede am Werk und überbringen ein „himmlisches Hochzeitsgeschenk“.

Das Acroteam Meschede besteht derzeit aus sechs Piloten. In seiner Stammbesetzung, die auf Flugtagen und Events ihr Können zeigt, sind es drei erfahrene Kunstflugpiloten: Torsten „Toto“ Weiß, Carsten Hillebrand und Jan Schröjahr. Drei Familienväter, die seit Kindertagen vom „Fliegervirus“ infiziert sind und ihre Leidenschaft seit ihrem 16. Lebensjahr am Sauerländer Himmel ausleben.

Wir haben alle mit dem Modellflug bzw. dem Segelflug begonnen, erzählt Toto Weiß.

Heimat-Flugplatz Schüren

Wir sind quasi hier am Flugplatz aufgewachsen. Unsere Großväter und/oder Väter waren schon Piloten“, sagt Toto Weiß. „Jetzt verbringen unsere Kinder ihre Freizeit, manchmal auch ganze Wochenenden hier oben.“ Im alten Gebäude des Flugplatzes ist nicht nur Platz für Werkstatt, Lager und Schulungsräume, hier gibt es auch Übernachtungsmöglichkeiten mit Jugendherbergsflair, jede Menge Spielmöglichkeiten, Platz ohne Ende, Freiheit und interessante Technik, die es zu entdecken gilt.

Die Historie des Flugplatzes Meschede-Schüren beginnt bereits in den Zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts. In den Dreißiger Jahren war der Segelflugplatz Schüren sogar sehr bekannt. Ein Großflugtag 1934 und vielfältige Baumaßnahmen – eine Flugzeughalle, ein Verwaltungsgebäude und Unterkünfte – trugen dazu bei.

Nach dem 2. Weltkrieg gründete sich der Luftsportverein Meschede 1951 erneut. Dann ging es Schlag auf Schlag. 1957 erhielt Schüren die Wiederzulassung für den Segelflug. 1959 kam die Zulassung als Landeplatz für Motorflugzeuge. 1963 gründete sich die Flugplatzgesellschaft Meschede mbH. 1967 erhielt Meschede-Schüren die Genehmigung als Verkehrslandeplatz. Dank der Modernisierungen und der neusten Technik ist Schüren ein attraktiver Standort für die Kunstflugpiloten des Acroteams.

Sportwagen der Lüfte

Beim Blick durch den Schürener Hangar stechen drei Maschinen besonders hervor: Die „Doppeldecker“ kommen sportlich daher und muten an wie getunte Kleinwagen. „Das sind unsere Kunstflugmaschinen“, meint Toto. Wow, die sehen schon irgendwie anders aus. Abgesehen von der tollen Lackierung wirken die Maschinen kompakter und stabiler. „Ja, das sind quasi die Sportwagen der Fliegerei. Aufgrund der Kräfte und der höheren Leistung müssen die Maschinen beim Kunstflug ein weitaus höheres Lastvielfaches* aushalten und sind daher stabiler gebaut als ’normale’ Sportmaschinen“, erklärt der Pilot. „Also wie ein Rallyefahrzeug?“ „Ja. Aber das hat den Nachteil, dass die Maschinen wenig komfortabel sind. Auf Schnickschnack wird verzichtet. Klima oder Heizung sind Fehlanzeige. Wenn im Sommer eine Lufttemperatur von 30º C herrscht, sind es in der Maschine locker 50º C. Im Winter friert man sich den Hintern ab. Längere Flüge können sehr anstrengend werden. Auch die Sitze sind nicht wirklich gepolstert.“

Wöchentliches Training in der Kunstflugbox
Wenn ihr da am Himmel eure Kunstflugfiguren übt, dann seid ihr doch ziemlich starken Kräften ausgesetzt?“ frage ich Toto. „Ja, das ist so. Zwischen +7g und -3g können beim Kunstflug auftreten. Das heißt, wir werden mit dem Siebenfachen unseres Körpergewichts in den Sitz gepresst, bzw. mit dem Dreifachen herausgezogen. Untrainierte Personen können bereits bei +4g einen Blackout haben.“ „Also sind regelmäßiges Kunstflugtraining und körperliche Fitness unerlässlich“, schlussfolgere ich. „Ja, unbedingt. Wenn möglich, üben wir zwei Mal wöchentlich in der Kunstflugbox. Das ist ein Areal von einem Kubik-Kilometer, beginnend 200 Meter über Grund, quasi unsere Trainingsstrecke. Sie befindet sich hier in der Nähe des Flugplatzes“.
Die Formation

Wenn sich gleichzeitig drei der fliegenden „Hochleistungsmaschinen“ in der Luft befinden und ihre Loopings oder „Kubanischen Achten“ üben, dann ist mächtig was los am Sauerländer Himmel. Das Training ist unverzichtbar, extrem wichtig für das Beherrschen der Formation. Denn in der Formation muss man sich nicht nur auf die Übungen konzentrieren, sondern auch auf den Abstand zum Teamkollegen, der gerade mal 10 Meter beträgt, und auf dessen Flug-Stil. „Wir harmonieren sehr gut miteinander. Wir fliegen schon so lange miteinander und wir haben den gleichen Flug-Stil. Außerdem haben wir blindes Vertrauen zum Formationspartner“, bestätigt Toto Weiss.

Sicherheit und Vertrauen beim Acroteam

Als WOLL dem Acroteam-Meschede seinen Besuch abstattet, bereiten sich die drei Kunstflieger gerade auf einen Flugtag in Bergneustadt vor. Die Kinder der drei Piloten haben auf ihren „Auto-Sitzerhöhungen“ Platz genommen und freuen sich auf den Ausflug. Die Frage an eine der Mütter, ob sie keine Angst habe, wenn die Kinder mit dem Flugzeug unterwegs seien, wird klar und deutlich verneint. Irgendwie aber auch logisch. Denn ein Kunstflugpilot hat sich während seiner Ausbildung mit den Grenzen seiner Fähigkeiten und der seines Flugzeugs intensiv auseinandergesetzt. Er hat gelernt, außergewöhnliche Flugzustände zu beherrschen, seine fliegerischen Fähigkeiten einzuschätzen und in brenzligen Situationen überlegt zu handeln.

Text: Ellen Sonneborn
Fotos : Susanne und Stefan Droste (=S. Droste)

Flugplatz in Meschede-Schüren, das Acroteam


Flugplatz in Meschede-Schüren, das Acroteam – Wolkenformationen


Flugplatz in Meschede-Schüren, das Acroteam