Abschied vom Markt in Freienohl

Nach 36 Jahren mit Obst und Gemüse ist Schluss
Freienohl. „Das war eine schöne Zeit“, sagt Inge Ante, „aber leider, leider ist sie vorbei.“ 36 Jahre lang hat sie mit ihrem Mann Heinz-Günter einen Marktstand in Freienohl betrieben. Donnerstags auf dem Marktplatz, dienstags und freitags auf dem Platz „Am Hügel“. Obst und Gemüse von A wie Apfel bis Z bis Zucchini gab es bei Antes – und mit ihnen geht eine Ära zu Ende: Sie betrieben seit einigen Jahren den letzten Marktstand in Freienohl. Nun geht das Ehepaar Ante in Rente. Ein Nachfolger hat sich bisher nicht gefunden.
Vor 36 Jahren begann alles mit einem kleinen Anhänger mit einer grünen Plane, erzählt das Ehepaar. „Da waren wir immer donnerstags am Hügel – und hatten noch eine alte Pendelwaage mit Gewichten“, erinnert sich die gebürtige Wildshausenerin Inge Ante. Später kam der Standort am Marktplatz hinzu.
Krank sei er in all den Jahren nie gewesen, sagt Heinz-Günter Ante: „Wir waren immer an der frischen Luft, bei Wind und Wetter, bei Eis und Schnee.“ Das härtete ab. Vier Mal pro Woche stand der heute 65-Jährige um 1.30 Uhr auf, fuhr zum Großmarkt nach Dortmund und kaufte Obst und Gemüse ein. Morgens um 6 ging es dann mit Gattin Inge los, abends um 18 Uhr kamen sie nach Hause. „Wir sind immer um 20 Uhr mit den Hühnern ins Bett gegangen“, lachen sie. Anders war das anstrengende Programm nicht zu schaffen.
Nicht nur auf dem Markt wurde verkauft, auch zahlreiche Hotels und Gaststätten im weiten Umkreis belieferte die Familie. Selbst zur Freilichtbühne nach Elspe fuhr der Verkaufswagen: „In der Pause kamen die Schauspieler alle zu uns“, erinnert sich Inge Ante. Pierre Brice sei oft mit seinem Pferd herbei geritten: „Das bekam immer eine Möhre.“ Einmal habe er kein Geld dabei gehabt für seinen Einkauf: „Da schrieb er uns einen Schuldschein und hat die Woche drauf bezahlt.“
In den Straßen von Oeventrop fuhr der Verkaufsanhänger 40 Stopps an. Dazu kam der Lieferservice in Freienohl: Wer seine Einkäufe vom Markt nicht selbst tragen konnte, bekam die Ware nach Hause gebracht. Ein gern genutztes Angebot. „Man muss wissen, wie man mit den Leuten umgeht“, erklärt die 64-jährige Marktfrau. Und wenn es mal eine neue Obstsorte gab, ließ sie die Kunden probieren: „Es muss ja schmecken.“ Nach der Devise kaufte ihr Mann auf dem Großmarkt ein: „Wenn es mir nicht geschmeckt hat, habe ich die Ware auch gar nicht erst mitgebracht.“ Inge Ante hatte gute Tipps für die Verwendung der Obst- und Gemüsesorten für ratlose Kunden parat: Ob Spitzkohl oder Auberginen, Kohlrabi oder Ruccola – die Marktfrau konnte immer mit einer leckeren Art der Zubereitung aushelfen.
Die ersten drei Jahre als Marktbeschicker seien schwer gewesen, sind sich Inge und Heinz-Günter Ante einig. Dann ging es aufwärts. Vor allem in der Spargelzeit war besonders viel zu tun: „Zentnerweise haben wir Spargel verkauft.“ Bestens lief immer vor allem die Ware, die gerade Saison hatte: Erdbeeren zum Beispiel waren ein Renner. Weggeworfen wurde selten etwas bei Familie Ante: „Alles, was übrig ist, wird bei uns zu Hause verwertet.“
Für das Ehepaar Ante ändert sich jetzt vieles: „Mir fällt es sehr schwer, zu Hause zu sein“, gesteht Inge Ante. „Ich kann mich noch gar nicht daran gewöhnen, dass ich jetzt nur noch kochen, putzen, waschen, bügeln soll. Das habe ich früher nebenbei erledigt.“ 36 Jahre lang sei sie „immer unter Leuten gewesen“: „Das wird mir sehr fehlen.“
Den Kontakt zu den Menschen wird die 64-Jährige vermissen: „Man war hier wie eine Familie. Wir hatten viele Stammkunden.“ Viel geschwatzt wurde am Marktstand – und auch bei abendlichen Telefonaten mit Bestellungen: „Die Leute haben von ihren Familienverhältnissen erzählt. Dass das alles künftig wegfällt, tut mir wirklich leid.“ Letztes Jahr habe ihr Mann schon aufhören wollen: „Aber ich habe ihm jeden Tag in den Ohren gelegen, da haben wir noch ein Jahr dran gehängt“, lacht Inge Ante.
Heinz-Günter Ante hat schon eine neue Beschäftigung: Er hilft seinem Sohn in dessen Werkstatt. Erhalten bleibt der Lieferservice auf telefonische Bestellung unter 02937/1429 und der Verkauf dienstags und donnerstags von 9 bis 12 Uhr zu Hause im Brumlingser Weg 30.
Den Schlafrhythmus, der sein Leben so viele Jahrzehnte prägte, kann Heinz-Günter Ante so schnell nicht ablegen. Selbst wenn das Ehepaar mit dem Wohnmobil unterwegs ist, endet die Nacht für ihn um 1.30 Uhr: „Dann bin ich ausgeschlafen. Meistens gehe ich angeln.“
Eins wollen sie noch loswerden: „Wir danken unseren Kunden für die jahrelange Treue. Sie sind bei Wind und Wetter immer gekommen.“ Meschedes Bürgermeister Christoph Weber und Verena Kappen, bei der Stadt Meschede zuständig für den Markt, dankten dem Ehepaar Ante für die vielen Jahre guter Zusammenarbeit und überreichten zum Abschied einen Blumenstrauß.
„Der Wochenmarkt fehlt vielen Leuten“, weiß Verena Kappen. Trotz vieler Bemühungen habe sich bisher leider kein neuer Marktbeschicker gefunden: „Interessierte können sich sehr gerne bei mir melden“, betont sie. Kontakt: E-Mail: verena.kappen@meschede.de, Tel 0291/205207.