Die Heimat im Miniaturformat

Fotos: Heidi Bücker

von Heike Schulte-Belke
Woran denkt man, wenn man einen Schwibbogen sieht? Richtig, ans sächsische Erzgebirge. Und auch wenn man Google fragt, kommt prompt als Antwort: „Als Schwibbogen bezeichnet man einen Lichterbogen aus dem Erzgebirge, welcher vor allem der Weihnachtsdekoration dient. Hier sind Schwibbögen ein fester Bestandteil der Erzgebirgischen Volkskunst.“
„Warum gibt es die eigentlich nicht auch typisch sauerländisch?“,dachte sich Ralf Voss aus Bad Fredeburg und begann vor etwa zehn Jahren, seine ersten Lichterbögen herzustellen.
Schon Jahre zuvor, als er krankheitsbedingt früh in den Ruhestand gehen musste, widmete er sich immer mehr seiner großen Leidenschaft, dem Holz. Die Idee, Schwibbögen herzustellen, kam ihm nach einem Besuch im Erzgebirge. Mit viel Liebe zum Detail und handwerklichem Können entstanden die ersten Schwibbögen, und die Schmuckstücke aus
Holz wurden immer einfallsreicher. Ob die Buchhagenkapelle, die Bad Fredeburger Pfarrkirche, das alte Hotel zum Rathaus, das Grafschafter Tor zum Kloster oder eine große Schwibtanne mit integrierter Minikrippe: Die Lichterbögen werden nach eigenen Vorstellungen aus vielen kleinen Einzelteilen gefertigt. Und in 3-D-Optik, mit kleinen Lichtern ausgestattet, sind sie ein echter Hingucker. Mal etwas anderes sind auch die wunderschönen Windlichter und der typische Nordsee- Schwibbogen mit Windmühle, Schiff, Strandkorb und Muscheln in Miniatur. Jede Anfertigung des Hobbyhandwerkers ist ein Unikat, oft entdeckt man die liebevollen Details erst beim näheren Hinsehen. Und was darf bei einem Sauerländer Schwibbogen nicht fehlen? Eine klitzekleine WOLL-Bank schlage ich vor, die natürlich sofort die Herkunft des Kunstwerkes verrät.
Wie bekommt man nur diese vielen kleinen, naturgetreuen Details hin? „Man kann sich das Original vor Ort ansehen, es reicht aber auch ein gut getroffenes Foto“, erklärt Ralf Voss. Umgesetzt mit einem computergesteuerten Malprogramm und einem kleinen Hilfsmittel, der CNC-Technik, geht die eigentliche Arbeit los. „Sägen, schleifen, kleben – trotz der technischen Hilfsmittel ist es immer noch Handarbeit“, sagt der 68-Jährige. Jedes einzelne Teil und jedes Licht muss verklebt und der doppelte Bogen auf einer Platte befestigt werden. Für einen Laien sieht das locker nach tagelanger Arbeit aus, bis solch ein Lichterbogen fertig ist. Für Ralf Voss sind es gerade einmal 20 Stunden, dann erstrahlt ein neues Kunstwerk in seiner kleinen Werkstatt.
Auf dem ein oder anderen Weihnachtsmarkt hat er seine Holzarbeiten bereits ausgestellt, aber ihm geht es dabei nicht um den Verkauf; es ist vielmehr die Leidenschaft, mit der er seinem Hobby nachgeht. Vielleicht ist als Nächstes ja meine Idee dran, denn wer hat schon sein persönliches Lieblingsmöbelstück als Miniatur-Lichterbogen zu Hause? Die kleine WOLL-Bank hat bereits ihren Ehrenplatz bei mir gefunden.