G. Verdi: Don Carlos – corridors of power

Mit der Realisierung der Oper Don Carlos von Guiseppe Verdi betritt das Landesjugendorchester NRW echtes Neuland. Regisseur Bernd Schmitt und Bühnenbildnerin Birgit Angele entwickeln eine zeitgemäße Inszenierung, die das Werk für ein breites Publikum neu erfahrbar macht. Das Orchester wird aktiv in das Geschehen auf der Bühne eingebunden.
Die Opernproduktion „Don Carlos – corridors of power“, eine Kooperation von Landesjugendorchester NRW und Zukunft Kultur e.V., wirft ab August 2018 spannende
Fragen auf. Welchen Anteil hat der Einzelne an der Bündelung der Macht in der Welt und
wie aktuell ist die Oper Don Carlos für junge Menschen heute? Wie wird Wissen zu Macht?
In der Inszenierung werden durch mutige Eingriffe in das Original Themenkomplexe
sichtbar, die für das Publikum von heute relevant sind. „Wir planen keine historisch
korrekte Aufführung, weder in Bezug auf Verdi, noch in Bezug auf Schiller. Wir nutzen die Oper vielmehr als Diskussionsgrundlage“, so Bernd Schmitt über die Inszenierung. Der Untertitel (corridors of power – Schaltzentralen der Macht) verweist dabei auf den
inhaltlichen Ansatz und auf die Anbindung der Thematik an die gesellschaftlichen
Strukturen des 21. Jahrhunderts. Digitale Daten und deren Nutzung spielen in diesen
Schaltzentralen eine wichtige Rolle. In einem eindrucksvollen Bühnenbild von Birgit Angele hebt das auf der Bühne improvisierende Orchester die Verdische Welt für kurze Zeit aus den Angeln, und für einen utopischen Moment werden die Machthaber ihren Einfluss verlieren.
Jede Oper birgt so viele Einzelaspekte, dass Schwerpunkt-Entscheidungen sinnvoll
erscheinen. Die Produktion des Landesjugendorchester NRW kreist um die Fragen, wie
viele Daten und Informationen jeder einzelne in das System einspeist, was er dabei
gewinnt und ob es eine Macht im Hintergrund gibt, die sammelt und steuert. „Don Carlos – corridors of power“ möchte diese Themen sinnlich erfahrbar machen. Die Figuren der Handlung werden in ihren Charakteren eindeutig inszeniert und entsprechend bekleidet: König Philippe trägt nur eine Lederhose, schwarze Handschuhe und spielt – männlich aber verletzlich – mit bloßem Oberkörper. Er ist Produkt des Systems. Don Carlos wird als Clown entwickelt: ihm gelingt nichts, aber er hat unsere Sympathie. Marquis von Posa versucht sich in unterschiedlichen Erscheinungen und Tarnungen des Systems zu bedienen, immer um Unabhängigkeit bemüht und Eboli flirtet sich als „Hure“ des Stückes durch die Handlung.
Mit „corridors of power“ schafft das Landesjugendorchester NRW ein innovatives
Opernformat und zeigt einmal mehr lustvolles Experimentieren mit klassischer Musik.

Regie, Bühne und Orchester

Bernd Schmitt hat seit Mitte der 90er Jahre über 60 Opern inszeniert, unter anderem in Trier, Ulm, Kassel und Linz, darunter fast alle großen Mozart-Opern und über 10 Uraufführungen. Er arbeitet auch als Autor sowie als Dozent an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart. Seine prägendsten Lehrer waren Ruth Berghaus und Helmut Lachenmann. Die Produktion „Don Carlos – corridors of power“ ist seine erste Zusammenarbeit mit dem Landesjugendorchester NRW.
Künstlerin und Bühnenbildnerin Birgit Angele entwirft Bühnenbilder und Kostüme für große europäische Festivals und Theaterbühnen, darunter die Schwetzinger Festspiele, die Wiener Festwochen, die Ludwigsburger Schlossfestspiele, das Theater Göteborg und die Oper Stockholm. Bereits während ihre Studiums an der Akademie der Bildenden Künste befasst sie sich mit Spartenübergreifenden Projekten. Die Verbindung und Erforschung von Raum und Bühne ist ein besonderes Interesse von Birgit Angele.
Das Landesjugendorchester NRW sucht beständig nach innovativen Konzerformaten und hat sich deren Entwicklung und Präsentation zur Aufgabe gemacht. Neben traditionellen Aufführungen großer Symphonik haben neue Formen der Darbietung seit einigen Jahren immer wieder Platz in den Programmen des Orchesters. Die musikalische Leitung von „Don Carlos – corridors of power“ liegt in den Händen von Sebastian Tewinkel, der seit Anfang 2018 Chefdirigent des Landesjugendorchester NRW ist.

Kooperation mit Zukunft Kultur e. V. und Begleitprogramm

Der im Mai 2014 gegründete gemeinnützige Stuttgarter Verein Zukunft Kultur e.V. hat den Zweck, Kunst, Kultur und Völkerverständigung zu fördern. Ziel ist Integration durch Kultur. In der Produktion „Don Carlos – corridors of power“ werden Geflüchtete mitwirken, die seit mehreren Jahren durch die Projekte des Vereins Bühnenerfahrung gesammelt haben.
Um die Produktion außerdem an die Bürgerinnen und Bürger der jeweiligen Aufführungsorte anzubinden, wird in den einzelnen Städten ein Begleitprogramm zu den Aufführungen von „corridors of power“ geplant. Das Begleitprogramm wird von Zukunft Kultur e.V. entwickelt.
So werden zum Beispiel kulturinteressierte Bürger/innen der einzelnen Städte ab Juli
als Kulturpaten für die ProdukRon fungieren. Die Kulturpaten können Proben in Nottuln besuchen sowie einzelne Mitwirkende als Gastfamilie im Aufführungszeitraum aufnehmen. In den Wochen vor der Aufführung wird es außerdem Vorträge des künstlerischen Teams zu Themen der Oper geben. Geplant ist beispielsweise ein Vortrag von Regisseur Bernd Schmitt über „Das Politische in der Musik“.
Einführungsveranstaltungen, „Speedfriending Events“ mit Mitwirkenden und Bewohnern örtlicher Flüchtlingseinrichtungen sowie transkulturelle Caterings in Zusammenarbeit mit Gastronomie und Einzelhandel vor Ort runden das Begleitprogramm ab.
Don Carlos – corridors of power
Eine Kooperation von Landesjugendorchester NRW und Zukunft Kultur e.V.
Mitwirkende:
Philippe II: Simon Stricker
Don Carlos: Raymond Sepe
Rodrigue: Vladislav Pavliuk
Le Grand Inquisiteur (singend):
Tibor Brouwer, Gabriel Klitzing, Andrejs Krutojs,
Benoit Pitre, Patrick Ruyters, Pascal Zurek
Sechs spielende Großinquisitoren
Élisabeth de Valois: KrisGn Ebner
Eboli: Cornelia Lanz
Thibaut/ Une voix céleste: Maria Bernius
Landesjugendorchester NRW
Musikalische Gesamtleitung: Sebastian Tewinkel
Regie: Bernd Schmitt
Bühnenbild und Kostüm: Birgit Angele
Choreografie: Pia Neises
TERMINE:
18. August, 21 Uhr Öffentliche Generalprobe Mehrzweckhalle Nottuln
31. August, 18.30 Uhr Premiere im Kulturhaus Lüdenscheid
25. September, 20 Uhr Floralienhalle Gent, Flandernfestival
26. September, 20 Uhr Floralienhalle Gent, Flandernfestival
07. Oktober, 18 Uhr Theater Düren
Das Projekt wird gefördert und unterstützt vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW, vom Landesmusikrat NRW, der Kunststiftung NRW, vom Kultursekretariat NRW Gütersloh, Bayer Kultur, vom Landschaftsverband Rheinland, der Andreas und Ute Kohm Stiftung, Julian Prégardien, und von Unterstützer/innen beim crowdfunding auf startnext.