Musikkapelle Eversberg

Die Blasmusik und die Geselligkeit fördern

„Es gibt Musikkapellen, die haben deutlich weniger Termine. Wir sind sehr präsent hier im Ort, denn wir spielen zu ziemlich vielen Anlässen“, erzählt Tristan Kotthoff und deutet auf den gut gefüllten Jahresplan, der an der Wand des Probenraums hängt. Kotthoff ist seit 2002 im Verein aktiv, spielt selber Tuba und ist nun seit 2014 1. Vorsitzender. Und das, obwohl er eigentlich inzwischen in Aachen wohnt. Natürlich könnte er auch dort Musik machen, aber das wäre einfach nicht dasselbe. Und so verbringt er viele Wochenenden im Sauerland. Denn die sind verplant für Schützenfeste und Festumzüge und natürlich für das Gimmentalfest, das jedes Jahr am 2. Augustwochenende stattfindet und auch über Eversberg hinaus bekannt und beliebt ist. „Da muss man dann aber wieder gucken, dass wir nicht jedes Wochenende verplanen, da gibt’s auch viele, die haben natürlich Familie, die können nicht dauernd sagen: Tschüss, Familie, ich bin dann mal weg!“ Kotthoff organisiert im Hintergrund und behält den Überblick, damit alles reibungslos abläuft und alle Spaß haben.

Immer unterstützend an Kotthoffs Seite ist Jens-Uwe Becker. Seit Ende 2017 ist er 2. Vorsitzender der Musikkapelle, nachdem er im letzten Jahr nach einer „kleinen Pause von knapp 20 Jahren“ wieder angefangen hatte, aktiv in der Musikkapelle zu spielen. Er ist bei den Proben dabei, ist das interne Sprachrohr für die Mitglieder und hat für sie immer ein offenes Ohr. „Jeder Einzelne hier, gleich ob junger oder alter Musiker, hat Mitspracherecht und da lege ich persönlich auch großen Wert darauf, dass Ideen umgesetzt werden. Egal, ob ich jetzt ein halbes oder 30 oder 40 Jahre dabei bin. Jeder hat die Möglichkeit seine Vorschläge einzubringen.“

Und mit Jung und Alt meint er tatsächlich genau das. Der Verein hat zurzeit rund 70 Mitglieder, von denen jedoch nicht alle aktiv sind. „Davon sind auch berufs-, studien- oder ausbildungsbedingt manche in andere Teile Deutschlands gezogen. In den vergangenen Jahren ist das mehr geworden, dass viele zum Studium aus dem Sauerland erst einmal weggehen“, stellt Kotthoff fest. Aber es gibt auch solche Mitglieder, die dem Verein schon seit über 60 Jahren treu sind, wie der 75-jährige Karl Trudewind, den man schon in den ganz alten Fotoalben der Kapelle findet. Die jüngsten Musiker sind 15 und haben zuvor in der „kleinen“ Musikkapelle gespielt.

„Man muss wissen: Die Musikkapelle in Eversberg – das sind eigentlich eher zwei Vereine. Wir haben einen Förderverein der Musikkapelle und die Musikkapelle an sich“, so Kotthoff. Die Ausbildung organisiert der Förderverein, dafür spielt die Musikkapelle dann an mehreren Anlässen, wie zum Beispiel dem Osterfeuer, kostenlos für das Dorf und auch der Erlös, der auf dem Gimmentalfest erwirtschaftet wird, kommt der Jugendarbeit zugute.

Die Förderung beginnt bereits in der Grundschule: „In der 2. Klasse geht es los mit Blockflötenunterricht, anschließend folgt die Instrumentalausbildung und dann können die Kinder sich ein Instrument aussuchen, mit dem sie drei Jahre lang Einzelunterricht bekommen“, erklärt Kotthoff. Der Einzelunterricht findet unter der Leitung von professionellen Ausbildern statt, die teilweise von der Bundeswehr kommen, also tatsächlich Berufsmusiker sind. Nach diesen drei Jahren Einzelunterricht steht dann die D1-Prüfung an. „Man kann es vielleicht mit dem Seepferdchen vergleichen“, so Kotthoff. Danach beginnt dann das Leben in der Jugendkapelle. Nach zwei bis drei Jahren wird dort entschieden, wer schon für die „große“ Musikkapelle bereit ist. Der kann dann zu den Proben kommen und nach und nach auch an Auftritten teilnehmen.

Das soll sich allerdings nun ändern: „Wir wollen im 3. und 4. Schuljahr eine sogenannte Bläserklasse einführen. Die Kinder fangen direkt mit einem Instrument an. Sie haben dann Registerunterricht, das heißt dann zum Beispiel, dass alle Klarinetten einmal die Woche zusammen spielen. Gleichzeitig sollen sie aber auch schon einmal die Woche alle zusammen in der Bläserklasse üben, damit sie sofort ein Gefühl dafür bekommen, was es heißt in einer Gemeinschaft zu spielen.“

Schwierigkeiten mit Nachwuchs gibt es bisher nicht: „Es gibt nicht nur ein Hobby, es gibt heute viele Hobbys und die konkurrieren dann auch miteinander, deswegen springen natürlich auch immer mal junge Musiker ab. Aber bisher haben wir mit Nachwuchs keine großen Probleme. Es sind immer welche, die nachkommen.“ Gerade sind zehn neue Musiker in die Musikkapelle aufgenommen worden. Zwei davon sind Eric Arens und Hannah-Marie Schröder.

Eric Arens ist seit letztem Jahr Mitglied in der Musikkapelle und seit Dezember auch aktiv dabei. Er spielt Bariton und obwohl er zu den Jüngeren gehört, fühlt er sich sehr wohl: „Wir sind in der gesamten Kapelle ein gut zusammengewürfelter Haufen. Wir verstehen uns einfach alle.“

Hannah-Marie Schröder, die seit 2017 aktives Mitglied ist und davor auch schon zwei Jahre lang mit ihrem Tenorhorn mitgespielt hat, sieht das ähnlich: „Es herrscht generell eine gute Stimmung und auch wenn es mal stressig ist, man sieht im Ergebnis, dass es etwas bringt, immer zu den Proben zu kommen, dass wir was auf die Beine gestellt bekommen.“

Auch Becker sieht das so. Er erinnert sich an das Adventskonzert im vergangenen Jahr: „Wir haben schon nach dem Gimmentalfest im Sommer, also quasi in kurzen Hosen, angefangen Konzertstücke auf weihnachtlicher Basis einzuüben. Und wenn es dann so weit ist, in der Kirche zu sitzen, die voll ist mit Menschen, und dann zu zeigen, was man geschafft hat und man dann noch Tage später Rückmeldung von Besuchern bekommt, wie toll das gewesen ist, dann merkt man, dass sich die ganze Vorarbeit gelohnt hat und das Ergebnis wirklich sehr professionell und auf den Punkt rübergebracht wurde.“

Arens findet die Reaktionen des Publikums besonders bestärkend: „Wenn man zum Beispiel in einem langen Zug mitläuft und drumherum stehen die ganzen Leute, das ist schon der Wahnsinn. Da bekommt die Musik noch einmal einen ganz anderen Charakter. Das ist dann das i-Tüpfelchen.“

„Vor allem der Rosenmontagszug in Warstein macht immer viel Spaß“, bestätigt Schröder. „Wenn die Straßen voll sind und ohnehin schon jeder gute Laune hat, weil Karneval ist.“

Für gute Laune wird im Verein auch durch nicht-musikalische Aktivitäten gesorgt. Letztes Jahr wurde ein Ausflug in das Besucherbergwerk nach Ramsbeck unternommen und in diesem Jahr geht es nach Aachen. Ein besonderes Highlight ist jedoch auch das jährliche ‚Kränzchen‘. „Wir haben am 2. Adventswochenende immer unsere Generalversammlung am Freitag und am Samstag dann die Weihnachtsfeier. Dort werden die Ehrungen vorgenommen und da kommt dann immer der Nikolaus mit seinem Freund, dem Knecht Ruprecht. Dummerweise hat der immer eine Rute dabei. In der Nikolausrede erzählt uns der Nikolaus dann, was wir im vergangenen Jahr wieder für Dummheiten gemacht haben und dann kommt Knecht Ruprechts Rute zum Einsatz. Der Vorstand kriegt leider immer einen drüber“, lacht Kotthoff. Aber sie alle haben Spaß, egal, wie alt sie sind und egal, wie lange sie schon dabei sind. „Es gibt keinen Alterskonflikt“, so Becker. „Alle machen alle Dummheiten mit. Es herrscht ein sehr guter Zusammenhalt in der Kapelle.“

Überhaupt ist Musik ein schönes Hobby, findet Kotthoff: „Musik, die kannst du ein Leben lang machen. Als Jugendlicher, im mittleren Alter, aber auch im hohen Alter, wie man bei uns ja auch gut sehen kann. Wenn man Fußball spielt, dann hört man irgendwann auf. Bei uns ist das anders. Und dadurch, dass immer junge Leute dazustoßen, bleibt man auch selber jung.“

Seit 1901 existiert der Musikverein Eversberg nun schon. In drei Jahren feiert er sein 120-jähriges Jubiläum und auch nach so langer Zeit ist das Vereinsziel der Gründerväter noch aktuell: „Die Blasmusik und die Geselligkeit fördern.“ Und das gelingt Kotthoff und seiner Truppe augenscheinlich sehr gut.

Text: Sonja Nürnberger, Fotos: Sonja Nürnberger, S. Droste
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