Von Meschede-Bonacker in die weite Welt:

Markus Wilmers lebt und arbeitet in New York

 

Markus Wilmers aus Meschede-Bonacker feiert in diesem Jahr 10-jähriges: 10 Jahre leben und arbeiten in New York City. New York ist seine Traumstadt. Trotzdem kommt er ungefähr vier mal im Jahr zurück ins Sauerland, um Familie und Freunde zu sehen und die Stille zu genießen.

Auf seiner Facebookseite hat Markus Wilmers vor einiger Zeit ein ganz besonderes Foto gepostet. Das Foto ist 2008 entstanden. Markus Wilmers sitzt mit einem Laptop auf dem Schoß auf einer Bank in New York. Über dem Foto hat er nur ein paar Zeilen geschrieben, die es auf den Punkt bringen, wie sich sein Leben in den letzten Jahren verändert hat. „Vor neun Jahren kam ich nach New York. Ich hatte vor, ein Jahr oder so zu bleiben. Ich wusste nicht, was mich erwartet. Mein Abenteuer ging mit einer fetten Rezession los. Ich habe weniger verdient als meine Miete. Aber irgendwie habe ich es gepackt. Und heute kann ich definitiv sagen: Ich liebe dich sehr, NYC!!!“

Gegen Ende seines Architektur-Studiums hätte Markus Wilmers zum ersten Mal die Chance gehabt, nach New York zu gehen. Er hatte sich für ein Praktikum in Brooklyn beworben und den Platz auch bekommen. Allerdings war das ein unbezahltes Praktikum. Um aber trotzdem in dem Büro arbeiten zu können, das ganz zufällig gegenüber seiner heutigen Wohnung liegt, wollte der Sauerländer zuhause sein Motorrad und sein Auto verkaufen. „Mein Motorrad wurde mir geklaut. Mein Auto ist mir beim Reparieren abgebrannt, also musste ich den Job wieder absagen“, erzählt der 40-Jährige. Es blieb bei einem Praktikum in Berlin. Und wieder wurde Markus Wilmers aufmerksam auf New York, weil er während seines Praktikums immer wieder mit Architekten zu tun hatte, die für Stars wie den Schauspieler Brad Pitt arbeiten. Der Sauerländer schrieb seine Diplom-Arbeit über die US-amerikanische Millionenstadt und für die Recherche ist er dann auch hingeflogen. „Da war mir klar! Ich muss nach dem Studium unbedingt dahin, mindestens erstmal für ein Jahr!“ Im Oktober 2008 war es soweit: der damals 31-Jährige hatte seinen ersten Job in NYC. Der Start in der knapp 8,5 Millionen Einwohner großen Stadt lief denkbar ungünstig für den Sauerländer. Die US-Wirtschaft war komplett am Boden, deswegen war er seinen ersten Job schon nach drei Monaten wieder los. Nach drei Monaten Suche hatte er den nächsten Job gefunden, bei dem er weniger verdiente als er für seine Miete zahlen musste. Nach einem Jahr hat sich Markus Wilmers gesagt: „Das hat keinen Zweck mehr. Ich gehe zurück nach Deutschland.“ Nach zwei Wochen in Deutschland packte ihn wieder die Sehnsucht nach New York. Also arbeitete er drei Monate auf dem Bau, um sich genug Geld zu verdienen für eine Rückkehr.

 

Der Blick aus dem Schlafzimmerfenster in Brookl


Markus Wilmers mit seinem Hund Otto, den er auch zu Baustellen mitnimmt


Markus Wilmers leitet eine Team-Besprechung bei Laufs Engineering

Beim zweiten Anlauf lief es wesentlich besser für den Sauerländer: er fand auf Anhieb einen Job bei dem laut Wilmers innovativsten und bekanntesten Ingenieur, den es gibt auf der Welt – bei dem Deutschen Werner Sobek. Und dann ging es „endlich los für mich, dass ich den Lebensunterhalt in New York finanzieren konnte“. In der Zeit lernte Markus Wilmers seinen Mentor kennen und folgte ihm später zum Büro Happold Engineers auf der Wall Street.

Mittlerweile leitet der Sauerländer ein Büro von Laufs Engineering Design in New York mit 16 Leuten. Sein Boss sitzt in Berlin, Wilmers managt den Laden in NYC. Das Start Up-Unternehmen hat längst einige internationale Projekte an Land gezogen. Markus Wilmers hat also eine interessante Karriere hinter sich, die holprig startete, dann aber immer weiter bergauf ging. Das passt auch zu einem seiner ganz besonderen Projekte, das er zu seiner Zeit im Büro Happold mit umgesetzt hat. Markus Wilmers war am Wiederaufbau des World Trade Centers beteiligt, er hat die Statik und die Fassade der Spitze des Wahrzeichens mitgeplant. Vor kurzem hat sein jetziges Büro Zwillingstürme am East River fertig gestellt. „Die sind in der Mitte mit einer gläsernen Brücke verbunden, wo ein Pool drin ist. Damit haben wir den Preis für das innovativste Gebäude 2017 gewonnen“, erzählt der 40-Jährige stolz. Seit 2013 entsteht in Manhattan das künftig höchste Wohngebäude auf der westlichen Halbkugel mit 95 Geschossen, auch daran ist das Büro von Markus Wilmers beteiligt. Die besten Ideen kommen dem Sauerländer, wenn er nicht am Schreibtisch sitzt. „Ich fahre morgens mit dem Boot zur Arbeit. Dabei höre ich Musik und da fällt mir immer was Gutes ein“, sagt Wilmers, der sich mittlerweile auf Fassaden spezialisiert hat. „Ich versuche die architektonischen Ideen ins Realistische umzusetzen und das ist manchmal ganz schön knifflig.“

Die Welt von Markus Wilmers in New York ist so eine ganz andere als die in der Sauerländer Heimat in Meschede-Bonacker. Auf der einen Seite die Stadt „voller Energie“ aber auch voller Hektik, was „einen schon mal richtig auslaugt“. Auf der anderen Seite das kleine Heimatdorf mit knapp über 30 Einwohnern, der Bauernhof der Familie, die Ruhe, die Wälder. Deswegen kommt Markus Wilmers auch immer wieder gerne nach Hause. „Im vergangenen Jahr war ich mindestens vier mal hier“, erzählt der 40-Jährige. Dann genießt er das Familienleben mit Eltern, Geschwistern, Nichten und Neffen, trifft Freunde und geht joggen. Joggen im Sauerland ist laut Wilmers der Hammer. Der Geruch im Wald, gerade wenn es geregnet hat, „da könnte ich mich tot laufen, weil ich nicht wieder aus dem Wald raus will“.

Wenn er in New York ist, haut er fast jedes Wochenende ab aus der Stadt. Raus ans Meer oder nördlich am Hudson River hoch und nach einer Stunde „sieht es da aus wie im Sauerland – mit Bergen, kein Mensch mehr, alles ruhig und da muss man dann wieder auftanken“.

Markus Wilmers hat eine Zeit gebraucht, um zu wissen, wie man in New York lebt. Das hat der Sauerländer mittlerweile geschafft, er hat sogar eine Green Card. „Wenn Donald Trump sie mir nicht wieder abnimmt“, lacht er. Am Anfang der Präsidentschaft von Trump ist er in New York auf die Straße gegangen. Er persönlich hat auch schon gespürt, dass sich in den USA was geändert hat. In seinem Büro arbeiten z. B. Asiaten und Europäer. Jetzt ist es schwierig geworden, für sie Aufenthaltsgenehmigungen zu bekommen. „Und wenn Trump in New York ist, wohnt er in der Nähe von meinem Freund – drei Blocks die Straße runter“, sagt Wilmers. „Dann geht in der Gegend gar nichts mehr, dann kann man nur noch laufen, weil die ganze Stadt dicht ist.“

Fast zehn Jahre lebt Markus Wilmers in New York City. Eine Zeit, die ihn geprägt hat. Vor unserem Interview meinte seine Schwägerin Nadine mit einem Augenzwinkern: „Ich hab ihm gesagt, er soll nicht so hochgestochen reden, sondern auch mal woll sagen“. Für seine Familie, Freunde und Leute, die ihn schon immer kennen, ist er immer noch der sympathische Sauerländer, der nach der Schule eine Lehre zum Zimmermann bei Risse in seinem Heimatdorf Bonacker gemacht hat. Der Start einer besonderen Karriere.

 

Text: Nicola Collas

Fotos: Nicola Collas und privat