Sauerländer Schneckenviecher

von Kerstin Matthies
In dieser Ausgabe widmen wir uns der Spanischen Wegschnecke, der am häufigsten vorkommenden Nacktschnecke in Deutschland. Sie gehört zur Gruppe der Mollusken, der Weichtiere, und gilt als Schrecken aller Gartenbesitzer. Kein Wunder, der kleine Feinschmecker ernährt sich fast ausschließlich von Kulturpflanzen und meidet die natürlichen Bitterstoffe von Wildwuchspflanzen. Nacktschnecken können nicht hören, sehen sehr schlecht und kompensieren all dies mit einer herausragenden Fähigkeit zu riechen; frischen Salat und Setzlinge zum Beispiel.
Man vermutet, dass die ersten Spanischen Wegschnecken aus Südeuropa kamen, da dort die Bekleidungsvorschriften nicht so streng waren. Von dort breiteten sich die Tiere mittels menschlicher Transporthilfe nach Norden und Osten aus. Vermutlich haben schon in frühester Zeit Gartenbesitzer hundertfach ganze Schneckenpopulationen aus den Salatbeeten gesammelt und nach Norden zu den nächsten Nachbarn geworfen. Manche Besserwisser behaupten, dass sich die Tiere über Gemüsetransporte ausbreiteten, daher
kenne der Osten Deutschlands die Tierchen erst seit der Maueröffnung.
Die meisten Menschen, die eine oder mehrere Spanische Wegschnecken sehen, bekommen spontane Mordgedanken. Es gibt ganze Industrien und Bevölkerungsgruppierungen, die sich ausschließlich mit dem Thema der Vernichtung dieser Schnecken beschäftigen. Schneckenzäune, Kaffeesatz, Eierschalen und mehr haben eine Gemeinsamkeit: Die meisten Schnecken lachen sich darüber regelrecht tot. Leider nur regelrecht, nicht wörtlich. In besonders regenreichen Sommern sind die Tiere einfach überall. Den Rekord hält angeblich Großbritannien mit bis zu 1.000 Schnecken auf einem Quadratmeter, vermutlich mehrfach übereinander geschichtet. Der Einzelmord mittels Messer, Bierfalle oder Salz ist auch wenig hilfreich, wenn man bedenkt, dass eine einzige Schnecke bis zu 500 Nachkommen in einem Gelege zeugt. Glücklicherweise begnügt sich die Spanische Wegschnecke mit einem Gelege pro Jahr. Sinnvoller für eine wirkungsvolle Dezimierung ist der Einsatz natürlicher Feinde wie Laufenten oder getigerten Nacktschnecken, den Tigerschnegeln, die unsere spanischen Freunde samt Gelege schlicht und einfach verputzen.
Was den kulinarischen Teil dieser Kolumne angeht: Ein Verlag aus Österreich hat mit einem Schneckenkochbuch auch unseren Nacktschnecken gebührende Aufmerksamkeit gewidmet. Angeblich eignen sich die kleinen Schleimer für vielfältige Gerichte von Suppe über Salate bis hin zu raffinierten Aufläufen. Das Testen überlassen wir in diesem Fall aber gerne dem geneigten Leser.