Eslohe und Schmallenberg sind sich sehr ähnlich!

Bürgermeister Stephan Kersting über Chancen und Perspektiven der gemeinsamen Tourismusgesellschaft

Der Tourismus war in Eslohe traditionell, wie in anderen Gemeinden und Städten auch, eine Aufgabe der Kommunalverwaltung. Entsprechend verwaltungsmäßig und bürokratisch organisiert hatten sich das Marketing und die Tourismuswerbung für die Gemeinde und ihr touristisches Angebot aufgestellt. Schon vor der Gründung der Kur- und Freizeit GmbH in Schmallenberg gab es in Eslohe Überlegungen und Kontakte nach Schmallenberg für gemeinsame Aktivitäten. Die Zusammenarbeit verstärkte sich nach der Gründung der neuen Tourismusgesellschaft in Schmallenberg und Ende 2003 erfolgte dann der komplette organische Zusammenschluss: Die Gemeinde Eslohe wurde Gesellschafter der Kur- und Freizeit GmbH. Im Gespräch mit WOLL erinnert sich Bürgermeister Kersting an den Weg.
WOLL: Wie sah der Tourismus in Eslohe um 1992 aus?
Stephan Kersting: 1992 hatten wir in Eslohe natürlich auch schon Tourismus, der aber war in einer völlig anderen Struktur organisiert. Der Tourismus war an die Gemeindeverwaltung mit ihrer bürokratisch-hierarchischen Struktur angegliedert und damit auch der öffentlich-rechtlichen Gedankenwelt verhaftet. Und das war natürlich etwas, was die Dynamik im Tourismus nicht wirklich befördern konnte. Dann kam die in meinen Augen wirklich gute Idee auf, die Gastronomen – diejenigen also, die mit dem Tourismus ihren Lebensunterhalt bestreiten – mit in die Verantwortung zu nehmen. Es galt, mehr Kreativität und Input in die ganze Sache zu bringen. Dazu kamen dann auch die Überlegungen, ob man als kleine Kommune gezwungen ist, so etwas eigenständig zu machen, oder ob es nicht schon Strukturen gibt, die das vielleicht besser machen können. Da fiel naheliegenderweise der Blick nach Schmallenberg, weil man dort auch schon in diese Richtung gedacht und gehandelt hatte.

WOLL:
Gab es auf dem Weg zu einer gemeinsamen Gesellschaft auch Probleme und Schwierigkeiten?

Stephan Kersting:
Natürlich! Wie immer steckte der Teufel auch da im Detail. Ein großer Knackpunkt war die Namensgebung. Da muss man aber einfach auch über bestimmte Schatten springen und sich von Fachleuten aufklären lassen, dass das, was man für wichtig erachtet, aus Sicht des Gastes letztlich ohne große Bedeutung ist. Da haben damals noch Thomas Weber und in der Nachfolge auch Hubertus Schmidt uns vor Augen führen können, dass ein Gast die Wahl seines Urlaubsziels an einer Region festmacht und weder Kommunalgedanken noch Kirchturmdenken im Sinn hat. Diese Erkenntnis wirkt bis heute nach. Wenn wir erfolgreich sein wollen, dann müssen wir eben als deutlich
kleinerer Partner mit dem Begriff „Schmallenberger Sauerland“ leben. Die Vorteile überwiegen und das kann man vor allem bei der Vermarktung beobachten. Wir haben
jetzt eine Professionalität, die wir als Gemeinde niemals alleine hätten stemmen können. Und ich muss sagen, dass die konsequente Weiterentwicklung dieses Gedankens der
Region unheimlich geholfen hat. Zuletzt lässt sich da beispielhaft auf die Einführung der Schmallenberger Sauerland Card verweisen, die als Gästekarte verschiedene Leistungen einschließt, welche dem Gast über die ganze Region hinweg zur Verfügung stehen. Davon profitieren bei uns in Eslohe zum Beispiel das DampfLandLeute- Museum oder das Esselbad mit seinen familienfreundlichen Eintrittspreisen.
WOLL: Hat sich in den letzten 25 Jahren die Einstellung in der Bevölkerung zum Wirtschaftsfaktor Tourismus geändert?
Stephan Kersting: Die Medaille hat auch hier zwei Seiten. Eslohe selbst lebt ja primär nicht vom Tourismus. Wenn man die reine Bruttowertschöpfung der Betriebe anschaut, dann muss man feststellen, dass das eher marginal ist und alleine nicht rechtfertigen würde, erhebliche Summen aus dem Gemeindehaushalt in diesen Bereich zu geben. Aber da muss man auch ein wenig anders denken. Wenn ein Unternehmen hier bei uns in Eslohe einen Ingenieur sucht und eine sehr gute Stelle anbieten kann, dann wird vermutlich die Familie des Ingenieurs die Frage stellen, was sich denn in Eslohe alles machen und unternehmen lässt. Der SauerlandRadring und das Esselbad, vielleicht der Skihang in Schmallenberg, vor allem aber die wunderbare Landschaft – auch das können wichtige Faktoren für die Entscheidung sein, nach Eslohe zu ziehen. Und es ist wohl auch so, dass, wenn ich über den SauerlandRadring fahre, ich auch ohne exakten statistischen Nachweis davon ausgehen kann, dass die Mehrzahl der mir entgegenkommenden Radfahrer wohl eher Bürgerinnen und Bürger dieser Kommunen sind und nicht unbedingt Gäste. Das Bewusstsein, dass Investitionen in den Tourismus auch die Lebensqualität einer Region im Allgemeinen erhöhen können, wächst langsam, aber es wächst.
WOLL: Wie würden Sie heute – rückblickend nach 25 Jahren Tourismus im Schmallenberger Sauerland und vorausschauend – die Zukunft des Tourismus in der Gemeinde Eslohe sehen?
Stephan Kersting: Wir haben einen reichen Schatz an Erfahrungen und Erfolgen und sollten den Weg weiterentwickeln: hin zu einem sanften und qualitativ hochwertigen Tourismus. Wenn wir nicht so sehr auf Masse setzen, sondern wirklich die Qualität hochhalten, dann können wir nicht viel falsch machen. Sowohl das Schmallenberger Sauerland als auch die Ferienregion Eslohe haben ihren Charakter und ihre Eigenständigkeit bewahren können. Da sehe ich wirklich gute Chancen und Perspektiven, dass das so bleiben und weiter gedeihen wird.
WOLL: Vielen Dank, Herr Bürgermeister Kersting, für das Gespräch!