Klein, aber oho – Das Sauerländer Rotkehlchen

Foto: Thorsten Hinke

Das Rotkehlchen ist der wahrscheinlich am einfachsten zu bestimmende Singvogel im Sauerland. Sein deutlichstes Merkmal, die rote Kehle, wird bereits im Namen genannt. In den Wintermonaten sind die Tiere Dauergast in Futterhäuschen und auch im Sommer sind sie häufig zu sehen. Rotkehlchen gehören zu den Sperlingsvögeln und gelten als die mutigsten Vögel Europas, bedingt durch eine sehr spezielle Jagdtaktik: Sie suchen bewusst die Nähe großer Tiere und Menschen, weil sie wissen, dass die Großen nicht nur Staub aufwirbeln, sondern dabei auch Insekten aufscheuchen.
Ansonsten ist das Rotkehlchen eher ein Bodenjäger, der entweder auf dem Waldboden unter Blättern nach Würmern, Spinnen, Schnecken und Insekten sucht oder aber aus geringer Höhe beobachtet, ob am Boden etwas Schmackhaftes krabbelt. Eine weitere Form der Nahrungsbeschaffung ist die Jagd in seichten Gewässern, wo die flinken Vögel neben Insekten sogar kleine Fische fangen.
Das Rotkehlchen ist ein begabter und ausdauernder Sänger, der das ganze Jahr und besonders im Frühjahr zu hören ist. Die kleinen Vögel sind wahre Frühaufsteher und beginnen mit Gesang oder Nestbau bereits eine Stunde vor Sonnenaufgang. Um in der Dämmerung sehen zu können, haben Rotkehlchen in Relation zu ihrem Körper größere Augen als vergleichbare, rein tagaktive Vögel. Zum Teil sind unsere heimischen Rotkehlchen Zugvögel, zum Teil bleiben sie aber auch einfach hier. Vor allem die Weibchen ziehen nach Süden, manchmal jedoch mit fatalen Folgen (s.u.).
Freunde gepflegter Rotkehlchen-Eier gibt es viele: Kuckucke, Ratten, Wiesel, Eichhörnchen und Eichelhäher sind ständig auf der Suche. Das ist der Grund, warum Rotkehlchen das eigene Nest sehr sorgfältig verstecken und auch beispielsweise nach dem Schlüpfen der Jungvögel die Eierschalen vom Nest fortbringen. Einer der größten Feinde des ausgewachsenen Rotkehlchens ist neben dem Sperber der Mensch. In Italien gelten die kleinen Vögel umwickelt mit Speck und garniert mit Salbei gebraten als absolute Delikatesse. Der Vogel wird dort bis auf den Schnabel komplett vertilgt!
Der schlaue Sauerländer aber weiß natürlich, dass hier das Fleisch-Schnabel-Knochen Verhältnis alles andere als ideal ist, und fängt sich lieber ein Wildschwein …
Text: Kerstin Matthies