Christbaumständer mit Geschichte

Märkischer Kreis. (pmk) . Vorsichtig zieht Holger Lüders, Restaurator bei den Museen des Märkischen Kreises, mit einem alten Schlittschuhschlüssel die Mechanik auf. Unter leisem Glockengeläut dreht sich der Christbaum majestätisch um die eigene Achse.  Passend zur Vorweihnachtszeit schenkte Ursula Kordal den Kreismuseen den tipptopp gepflegten historischen Christbaumständer der Firma J.C. Eckhard (Stuttgart) aus dem 19. Jahrhundert. „Gloriosa“, so der Name des guten Stücks, besitzt neben dem Drehmechanismus und dem Glockenspiel auch noch eine Spieluhr. Jetzt ziert er als Objekt des Monats eine Vitrine in den Museen der Burg Altena.

Der Christbaumständer aus dem 19 Jahrhundert mit Drehautomatik und Musikwalze ist Objekt des Monats auf Burg Altena, Foto Ulla Erkens


„Ich wollte nicht, dass er in der Versenkung verschwindet oder beim Sperrmüll landet“, erzählt die Lüdenscheiderin. Dafür verknüpft die 79-Jährige zu viele Kindheitserinnerungen mit dem antiken Kleinod. „Ich freue mich, wenn die Museumsbesucher sehen können, wie früher Weihnachten gefeiert wurde.“ Die zweite Ehefrau ihres Vaters hat den „O Tannebaum“ spielenden Weihnachtsbaumständer 1946 mit in die Ehe gebracht. Er befand sich schon seit 1914 im Besitz der Familie Borgmann, die es an ihre älteste Tochter weiter gaben. „Mein Großvater hütete das Gestell wie ein Heiligtum“, erinnert sich die Seniorin. An Heiligabend schloss er sich im guten Wohnzimmer ein, schmückte den Baum für die Kinder mit bunten Kugeln, drehte die Kerzenhalter mit echten Kerzen in den Stamm und legte das Lametta einzeln über die Zweige. „Es gab auch drei verschiedene Tannenbaumspitzen.“ Ein Glöckchen rief die Familie zur Bescherung, natürlich erst, wenn die Kinder alle Tiere versorgt hatten. Dazu gehörten Schweine, Hühner, Enten, Gänse und die (verhassten) Puten. Mit großen Augen ließen sich die Kinder von der Pracht des sich drehenden und tönenden Weihnachtsbaums verzaubern. Beim Abschmücken wurde das Lametta übrigens fürs nächste Jahr wieder geplättet. Damals lebte die Familie Wischnewski noch in Bad Freienwalde. Bei der Flucht der Eltern nach Bremen blieb der Ständer zunächst bei den Großeltern und wurde erst 1959/60 nachgeholt. Als älteste Tochter erbte Ursula Kordal 1973 das Prunkstück. Brückenbauten an der A45 verschlugen schließlich ihren Mann mitsamt Familie und Christbaumständer nach Lüdenscheid.
Die Geschichte des aus Eisen, Zink und Holz gefertigten Ständers reicht in die Zeit zwischen 1877 und 1889 zurück. Das fand Sina Petermann bei ihren Recherchen heraus. Sie absolviert seit September ihr Freiwilliges Jahr in der Denkmalpflege bei Restaurator Holger Lüders und verfolgte das Thema mit Akribie. „Erste Hinweise erhielt ich im Internet über diverse Ebay-Auktionen“, erklärt sie. Den richtigen Treffer erzielte sie aber erst über www.alte-spieluhren.de. Dort erfuhr sie, dass der Mechaniker Johannes Carl Eckhard 1877 den ersten automatisch drehenden Weihnachtsbaumständer mit Walzenspielwerk herstellte und sich entsprechende Patente sicherte. Wie das Exponat auf der Burg Altena konnten die ersten Exemplare nur ein Musikwerk spielen. Nach Veränderung des Triebwerks wurde es ab 1884 möglich, mehrere Musikwalzen einzubauen. Danach entwickelte der Christbaumständer zum Kassenschlager und wurde bis nach England und die USA exportiert. Während der Drehmechanismus und das Glockenspiel beim „Objekt des Monats“ noch gut funktioniert, scheint sich allerdings die Musikwalze etwas verschobenen zu haben. Sie gibt nur verzerrte Laute von sich. „Da muss im nächsten Jahr ein Experte ran“ meint Holger Lüders und hat bereits Kontakt zu dem Schweitzer Raphael Lüthi aufgenommen. Im Dezember ist der Christbaumständer mit weiteren Informationen und Werbeplakaten als Objekt des Monats in den Museen der Burg Altena zu sehen.