Wo die Kirchen noch mitten im Dorf stehen – Gleidorf

Die katholische Herz-Jesu-Kirche Gleidorf

Eigentlich sollte die alte katholische Pfarrkirche, die erst Anfang des 20. Jahrhunderts gebaut wurde, im Jahr 1981 saniert werden. Als sich jedoch herausstellte, dass die Bausubstanz völlig marode war, kam nur ein Neubau in Frage. Drei Jahre später konnte die neue Herz-Jesu-Kirche geweiht werden. Die Steine der alten Kirche wurden teilweise wieder verwendet.

„Die Herz-Jesu-Kirche ist eine steinsichtige Kirche, der Kirchbau war geistig durchdacht“, erklärt Gemeindereferentin Monika Winzenick.
Im Innern findet man einige Besonderheiten: Ambo, Altartisch und Taufstein haben eine markante Stellung im Kirchenraum, der alte Barockaltar aus dem 17. Jahrhundert, eine Himmelsleiter, die Madonnenfigur mit Malereien im Hintergrund, die Figuren einiger Heiliger, eine Darstellung des Mönchs Odilo sowie ein Marienbild bilden ein harmonisches Zusammenspiel von Alt und Neu. Ein schmiedeeiserner, großer Kerzenständer in Form eines Baumstammes lädt zum Gebet ein und auch die alten Farbfenster, die lange Jahre vermauert waren, haben nach einer Restauration einen würdigen Platz gefunden.

Im Mai 2009 konnte die Orgelweihe einer aus London stammenden, historischen Orgel aus dem Jahr 1872 gefeiert werden. Von einem ortsansässigen Orgelbauer war die alte Pfeifenorgel komplett restauriert und in der Gleidorfer Kirche aufgebaut worden. Insgesamt ist die Kirche sehr hell und durch die klaren, großen Fenster hat man einen tollen Ausblick in die umliegende Natur. Das zeltförmige Dach versinnbildlicht, dass das wandernde Gottesvolk gemeinsam unterwegs ist.

Einen neuen und in dieser Weise einzigartigen Weg geht die katholische Kirchengemeinde Gleidorf mit dem Projekt der Themenkirche. Als Lichter- und Zuspruchskirche ist der Besucher – egal welcher Glaubensrichtung – eingeladen, je nach Stimmung und Bedürfnis zur Ruhe und Besinnung zu kommen. Mit Hilfe eines Bildschirms können Texte, Andachten oder Lieder ausgewählt werden, die dezent durch Lautsprecher vorgetragen werden und persönliche Gedanken und Empfindungen begleiten oder auch neue Impulse geben. Der Kircheninnenraum kann durch eine passende, dezente Farbgebung individuell beleuchtet werden, je nach Stimmung.

„Die Idee dazu kam nach einem Adventskonzert von einem Besucher“, erinnert sich Monika Winzenick. Und wurde schon bald nach intensiven Gesprächen realisiert. Im November besteht das Angebot seit drei Jahren und wird ständig weiter ausgebaut. „Die Entwicklung ist spannend“, sagt die Gemeindereferentin. „Es kommen alle Altersklassen und es finden Gespräche unter den Besuchern statt.“ Die Lichter- und Zuspruchskirche ist täglich von 9 bis18 Uhr geöffnet und bietet sicher eine neue, moderne Begleitung im Glauben, die alle ansprechen soll. Und sie ermöglicht die oftmals gesuchte Ruhe und Besinnung – gemeinsam oder allein.

Die evangelische Auferstehungskirche Gleidorf

Erstmals errichtet wurde die evangelische Kirche in Gleidorf im Jahr 1873 – an derselben Stelle ist die heutige Auferstehungskirche zu finden. Nachdem die alte Kirche gegen Ende des Zweiten Weltkrieges durch Artilleriebeschuss zerstört worden ist, wurde sie unter schwierigen Umständen von 1947 bis 1949 auf den alten Grundmauern wieder aufgebaut – etwas größer und mit einer Orgelempore. Wichtige Bestandteile der Kirche sind das Altarrundfenster des bekannten Wittgensteiner Künstlers Wolfgang Kreutter sowie eine alte Bronzeglocke aus dem Jahr 1723. Zur Auferstehungskirche wurde sie erst im Jahr 2008, was mit einem großen Gemeindefest gefeiert wurde.

Die evangelische Kirchengemeinde Gleidorf zählt zum Kirchenkreis Wittgenstein und ist die älteste Diasporagemeinde im Hochsauerland. Sie besteht heute aus rund 2.200 Gemeindemitgliedern und umfasst ein Gebiet von mehr als 160 Quadratkilometern. Dazu gehören Bad Fredeburg, Bracht, Fleckenberg, Gleidorf, Grafschaft, Holthausen, Huxel, Jagdhaus, Latrop, Nordenau, Oberkirchen, Schmallenberg, Sorpetal, Westfeld, Winkhausen und Wormbach. Bis zur Entwidmung der Friedenskirche Bad Fredeburg im Jahr 2011 gehörten zur Gemeinde drei Kirchen. Heute sind es nur noch die Auferstehungskirche in Gleidorf und die Christuskirche in Schmallenberg.

Seit dem 12. März dieses Jahres ist Ursula Groß Pfarrerin in Gleidorf, doch das Gemeindeleben hat sie schon länger kennengelernt: Seit 2008 betreut sie hier regelmäßig die Fachkliniken und Seniorenzentren. Ähnlich wie in der katholischen Kirche sind auch in den evangelischen Kirchengemeinden enorme Veränderungen spürbar. Daher ist für Pfarrerin Groß neben vielen neuen Wegen auch die Ökumene ein wichtiger Aspekt. „Wenn wir auf Dauer Bestand haben wollen, geht es nur zusammen“, ist sie sich sicher. Eine Zusammenarbeit und gegenseitige Einbeziehungen, aber auch Akzeptanz und gegenseitiger Respekt sind dabei das A und O. „Man muss mit beiden Seiten ins Gespräch kommen und wir sind glücklich, wenn die ökumenische Bestrebung wächst. Denn eine gelebte Ökumene ist auch eine Entlastung.“

Es gibt viele neue Aufgaben, die es in Zukunft anzugehen gilt. Gemeinsam mit einem Leitungsteam aus vier Presbyterinnen und Presbytern und dem Gesamtpresbyterium werden Ideen gesammelt und umgesetzt. Zu den wöchentlichen Gottesdiensten im Wechsel zwischen Schmallenberg und Gleidorf werden Fahrdienste für die umliegenden Ortschaften eingesetzt, es ist im kommenden Jahr ein Gemeindefest geplant, in den Kirchen finden Konzerte und Kunstausstellungen statt und es gibt Vorträge zu aktuellen Themen wie etwa zur Flüchtlingsproblematik. Für die Beerdigungen in den umliegenden Ortschaften werden auch die katholischen Kirchen und Friedhöfe genutzt. Es gibt Frauengruppen, Jugendkreise und viele ehrenamtliche Helfer, ohne die die vielen Aufgaben nicht zu bewältigen wären. Die Jugendarbeit ist im Aufbau und ein elementares Thema ist die „offene Kirche am Radweg“, ins Leben gerufen durch die ehemalige Pfarrerin Elisabeth Grube. „Es gibt viele Radfahrer und Wanderer, die der Kirche einen kurzen Besuch abstatten“, erzählt Pfarrerin Groß. Von Ostern bis zum Erntedankfest ist die Auferstehungskirche täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet.

Es ist einiges in Bewegung, es gibt viele Ideen für neue Wege und ein Miteinander ist in beiden Glaubensrichtungen zu erkennen. Und dennoch ist es sicher noch ein langer Weg mit vielen Herausforderungen, der vor allen liegt. Doch wenn man sich diesen Herausforderungen stellt, sich respektiert und toleriert und sich selbst die Zeit gibt, an den eigenen Aufgaben zu wachsen, ist schon ein wichtiger Schritt in die Zukunft getan. Wie heißt es doch: Rom ist auch nicht an einem Tag erbaut worden.