Der Neuanfang des SSV Meschede in der Bezirksliga

Das waren bessere Zeiten für den SSV Meschede: Nach dem Verbandsligaaufstieg ging es mit Cabrios durch die ganze Stadt. Foto: Privat

Es ist schon schmerzhaft, nach mehr als 35 Jahren mindestens immer Landesliga, den Abstieg der 1. Fußballmannschaft des SSV Meschede in die Bezirksliga zu erleben“, sagt eine Persönlichkeit, die den Verein über Jahre mitgeprägt hat: Jochen Kriebel. „Mir blutet das Herz.“ „Aber“, so meint er auch, „so wie es lief, konnte es sicherlich nicht weiter gehen.“

In den letzten Jahren wurde nicht mehr ausreichend in die Jugendarbeit investiert, die jungen guten Burschen gingen weg. Es musste immer mehr auf Auswärtige gesetzt werden. Zudem war es um das Image nicht zum Besten gestellt. „Irgendwann packst du es nicht mehr“, war die Situation vorhersehbar. Im Winter 2016/17 wurde es dann richtig deprimierend. Die Mannschaft stand bereits ganz unten, weitere Abgänge schwächten die Truppe zusätzlich. Da sagten sich die Verantwortlichen: „Lassen wir es laufen.“

Auch wenn das Leistungsniveau nicht für die Landesliga reichte, kann vor dem Team nur der Hut gezogen werden. Unter Trainer Heiko Hofmann und Chefcoach Georg „Schorsch“ Niglis, der angesichts der Lage das Handtuch warf, war kein Klassenerhalt  möglich. Die Moral stimmte allerdings bis zuletzt. Denn die Jungs trainierten und spielten bis zum bitteren Ende, versuchten im Rahmen ihrer Möglichkeiten alles.

Trainer Heiko Hofmann will den SSV Meschede wieder in die Spur bringen. Foto: Peter Benedickt

Trainer Heiko Hofmann will den SSV Meschede wieder in die Spur bringen. Foto: Peter Benedickt

Der jetzige Übungsleiter Heiko Hofmann hatte bereits von Juli 2013 bis Dezember 2015 das Sagen an der Seitenlinie. Damals ist ihm der SSV ans Herz gewachsen, sodass ihm der Abschied vom SV Hüsten nicht schwerfiel. Nun soll er den Neuaufbau tatkräftig mitgestalten.

Doch zuerst sei ein kleiner Rückblick in die Historie gestattet: 1882 wurde der TV (Turnverein) Meschede aus der Taufe gehoben.  Der erste Fußball rollte 1911 beim damaligen BC (Ballspiel-Club). In den folgenden Dekaden ging der Namenwechsel munter weiter. 1922 gab es den DJK (Deutsche Jugendkraft), sieben Jahre später folgte der FC Grünstern. 1933 vereinigten sich DJK und FC Grünstern. 1934 schlossen sich die Turner und Sportler in Meschede zum TuS 1882 zusammen. Nach dem 2. Weltkrieg war ein Fußballverein in der Kreisstadt nicht genug, die Sportfreunde Blau-Weiß wurden ins Leben gerufen (1954). 17 Jahre bröselten TuS und BW auf den Sportplätzen nebeneinander her, bevor  sie 1971 zum  Spiel- und Sportverein (SSV) Meschede fusionierten. Zeitgleich nahm ein Damenteam den Spielbetrieb auf.

„Bevor eine gewisse Kontinuität in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts eintrat, waren die Mescheder Fußballer eigentlich Fahrstuhlmannschaften“, sagt Jochen Kriebel, damals hautnah dabei. Erst als es gelang, Jochen Wegat als Spielertrainer zu holen, änderte sich dies. „Wir hatten ein klares Konzept entwickelt, das auch funktionierte“, erklärt Kriebel. Es begann die große Zeit des SSV. Bis hinauf in die Verbandsliga führte der Weg. Bekannte Persönlichkeiten trainierten die Truppe. Alfred Link, Heinz Brüning, wieder Jochen Wegat, diese Namen hatten im Sauerland und darüber hinaus einen sehr guten Klang.

Historie und Neuzeit: Der aktuelle Abteilungsleiter Franz Schamoni mit einem Foto aus den 70er Jahren. Foto: Peter Benedickt

Historie und Neuzeit: Der aktuelle Abteilungsleiter Franz Schamoni mit einem Foto aus den 70er Jahren. Foto: Peter Benedickt

Dann kam der Ex-Profi des BVB Borussia Dortmund, Wolfgang Paul.  Nach einer aufreibenden Saison mit schleppendem Start sorgte er für den größten Erfolg in der Vereinsgeschichte: Verbandsligaaufstieg.

Doch nicht nur prominente Trainer gaben ihre Visitenkarte im Dünnefeld ab. Auch talentierte Kicker zeigten ihr Können. Frank Tillmann, Sascha Eickel, Ferdi Rudolphi, Jochen und Andre Büsse, Rouven Schröder, Roland Novaczek, Willi Brock, Jürgen Betten – alles Namen, die mit der besten Zeit des SSV untrennbar verbunden sind.

Und nun Bezirksliga. Wie verkraften Verein und Umfeld diesen Abstieg? „Wir müssen und werden es als Chance nehmen“, ist sich Abteilungsleiter Franz Schamoni sicher. „Wir sind uns der Situation voll bewusst, dass wir von Beginn an alles geben müssen, weil die Gegner hochmotiviert sein werden.“ Er als Verantwortlicher sieht nicht nur die Senioren: „Ich habe die ganze Abteilung im Blick.“ Aber er ist guter Dinge: „Mit Heiko Hofmann haben wir einen absoluten Fachmann, der neue Ideen einbringt.“ Außerdem wird nun mehr  Augenmerk auf die Jugend gelegt: „Da müssen wir stärker werden und die Jungen an den Seniorenbereich heran- und hineinführen.“ Deshalb ist die Verzahnung Jugend/Senioren nun enger gestaltet. Und dazu sind jetzt die richtigen Leute an den entsprechenden Positionen. Die erste Mannschaft soll sich erst einmal in der neuen Liga positionieren und wenn möglich, einen einstelligen Tabellenplatz erreichen.

Trainer Heiko Hofmann war sich im Januar bewusst, ein „Himmelfahrtskommando“ zu übernehmen. „Es war klar, dass es einen Neuaufbau geben musste“, meint der 42-Jährige. Ein Konzept hatte der A-Lizenz-Inhaber bereits in der Tasche: „Ich habe das Projekt, das eigentlich für Hüsten geplant war, mit nach Meschede gebracht.“ Dabei stimmt er mit Franz Schamoni überein: Nachwuchs und Senioren enger zusammenzuführen. Größtes Problem war allerdings, erst einmal eine wettbewerbsfähige Mannschaft zu präsentieren. Aus dem sowieso schon geschwächten Team gingen weitere zehn Akteure. „Wir haben unzählige Gespräche geführt, 15 Neue geholt“, beschreibt der Übungsleiter die Anstrengungen. Besondere Kriterien: Alle sollten Bock darauf haben, für den SSV zu spielen, außerdem hinter dem Konzept stehen und es mittragen. Zudem die Bedingung, dass alle aus der unmittelbaren Umgebung kommen sollten. Und sie sollten natürlich auch kicken können. „Hungrig, für die SSV-Farben zu spielen, das muss zu spüren sein“, lächelt Hofmann: „Wir geben ihnen nun eine Plattform, sich zu zeigen, sie können die Möglichkeit nutzen, eine gute Rolle zu spielen, sich als intakte Mannschaft zu präsentieren.“

Der SSV Meschede spielt in dieser Saison in der Bezirksliga. Foto: Peter Benedickt

Der SSV Meschede spielt in dieser Saison in der Bezirksliga. Foto: Peter Benedickt

Dafür wurden die Voraussetzungen geschaffen. Alle Fußballabteilungen sind jetzt digital vernetzt. Regelmäßig sitzen die Verantwortlichen zusammen. Der Nachwuchsbereich wird nicht nur für die Kinder interessant sein, auch für Eltern. Ein Ausrüstervertrag  mit Jako wurde geschlossen. „Wie gesagt, wir bieten die Plattform“, meint der Key-Account-Manager bei Bueroboss/Kissing in Menden.

Sein Saisonziel? Da gibt er keine Platzierung aus: „Ich will, dass alle, die mit dem SSV verbunden sind, am Ende der Spielzeit zufrieden sind.“ Dazu zählt nicht nur die erste Seniorenmannschaft, dazu zählt die komplette Abteilung. Ob Reserve, ob die Jugendteams, die Alten Herren, die Eltern der Kinder, die Zuschauer. „Wir wollen stolz auf unsere Leistungen sein, das ist ein großes Ziel“, so Heiko Hofmann.

Er selbst freut sich auf die Derbys. Auf Arpe, Eslohe, Sundern, Herdringen, natürlich auf die TuRa aus der Nachbarschaft. „Dies sind besondere Begegnungen für uns“, ist er gespannt, was dann so alles passiert. Auf der Rechnung für ganz oben hat er die üblichen Verdächtigen, aber auch Langenholthausen und Freienohl. „Was in unmittelbarer Nachbarschaft in den letzten Jahren abgelaufen ist, kann für uns sogar zur Nachahmung dienen“, schaut der Trainer auch mal über den Tellerrand. Und er hofft darauf, dass diejenigen, die sich mit dem SSV verbunden fühlen, am Ende der Saison sagen: „So ein Abstieg tut auch mal gut.“

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Text: Peter Benedickt