Jüdische Gemeinschaften in Westfalen und Lippe

Mit diesem 3. Regionalband für den Regierungsbezirk Arnsberg vollendet die Historische Kommission für Westfalen nach 15 Jahren umfangreichster Arbeit mit dem Grundlagenband – Grundlagen-Erträge-Perspektiven – (2013) und den Bänden für die Regierungsbezirke Münster (2008) und Detmold (2013) das vierbändige „Historische Handbuch der jüdischen Gemeinschaften in Westfalen und Lippe“. In dem Dezember 2016 erschienenen abschließenden und zugleich umfangreichsten Band über die Gemeinden im heutigen Regierungsbezirk Arnsberg werden auf 860 Seiten in 101 Artikeln von 57 Autorinnen und Autoren alle Orte behandelt, für die im Laufe der Jahrhunderte entweder die Existenz einer Betstube oder eines jüdischen Friedhofs ermittelt werden konnte. Um die einzelnen Komplexe leichter erfassbar und vergleichbar zu machen, werden die Entwicklungsprozesse der jüdischen Gemeinschaften in den Ortsartikeln anhand eines einheitlichen Schemas gegliedert:

  • Kurzinformationen zur verwaltungsrechtlichen und kultischen Zugehörigkeit,
  • Geschichte der Gemeinschaft,
  • Verfassung, Organisation und Tätigkeitsfelder der Gemeinschaft,
  • Tätigkeitsfelder einzelner Gemeindemitglieder,
  • Bau- und Kunstdenkmäler,
  • Quellen und Literatur.

Die im Band erwähnten jüdischen Gemeinden und Gemeinschaften sind auf einer detaillierten Karte wiedergegeben. Den Ortsartikeln vorgelagert sind sechs regionale Übersichtsartikel zu den Juden in den Grafschaften Limburg, Mark, Wittgenstein sowie im Herzogtum Westfalen (bis um 1700 und im 18. Jahrhundert) und im Fürstentum Siegen, in denen generelle und übergreifende Sachverhalte zentral erörtert werden um Wiederholungen und Redundanzen zu vermeiden.
Das Gesamtwerk beschreibt die lange Geschichte jüdischen Lebens in Westfalen und Lippe in seiner ganzen Vielfalt. Unter Rückgriff auf die wenigen Erwähnungen von Juden im Hochmittelalter stehen dann im Mittelpunkt die Nachrichten über die seit dem 16. Jahrhundert in vielen Orten entstandenen jüdischen Gemeinden.
Juden konnten überall dort siedeln, wo sie die Landesherren duldeten und sich Erwerbsgrundlagen fanden. Herausgearbeitet werden die unterschiedlichen Lebensbedingungen in der Stadt und auf dem Land, wie auch die Gegensätze zwischen liberalen und orthodoxen Gemeinden. Dem friedlichen Miteinander von Juden und Christen im 19. Jahrhundert, als sich viele Juden fast vollständig integriert hatten oder sogar weitgehend assimiliert waren, wird der erschreckende Absturz nach 1933 gegenübergestellt. Die Historische Kommission legt Wert darauf, dass das „Handbuch der jüdischen Gemeinschaften kein Gedenkbuch für die Opfer der nationalsozialistischen Judenverfolgung sein“ will. Für jeden Ort wird die Zeit der Verfolgung zwar eingehend beschrieben, Verzeichnisse aller Opfer hätten aber, auch im Hinblick auf die großen jüdischen Gemeinden im Ruhrgebiet, jeden Rahmen gesprengt. Die Neuanfänge nach 1945 werden knapp dargestellt.
Heiko M. Kosow
Historisches Handbuch der Jüdischen Gemeinschaften in Westfalen und Lippe – Die Ortschaften und Territorien im heutigen Regierungsbezirk Arnsberg ­– Veröffentlichung der Historischen Kommission für Westfalen,860 Seiten ISBN: 978-3- 87023-284-9, Hrsg. Frank Göttmann, Ardey-Verlag Münster 2016, im Buchhandel 79,00 Euro