Gute Gründe

Es wird einige ganze Menge unternommen, um den vorhergesagten Auswirkungen des demografischen Wandels und der vermeintlichen Landflucht, gerade junger Menschen, entgegenzuwirken. Das Projekt „Heimvorteil HSK“ versucht gezielt, junge Sauerländerinnen und Sauerländer, die außerhalb des Sauerlandes leben und arbeiten, wieder für eine Tätigkeit im Sauerland zu begeistern und von den Vorteilen im Sauerland zu überzeugen. WOLL hat drei junge Frauen aus dem Sauerland, die nach der Ausbildung oder wegen des Studiums aus dem Sauerland weggegangen sind und die nach einiger Zeit aus unterschiedlichen Gründen wieder ins Sauerland zurückgezogen sind, zu einem Gespräch in Eslohe-Frielinghausen getroffen. Was bewegt junge Sauerländerinnen dazu, die Heimat zu verlassen und dann nach Jahren wieder zurückzukommen?
Warum bist du vom Sauerland weggezogen?
Karin: Nach dem Abitur wollte ich unbedingt ein Studium im Bereich Kommunikationswissenschaften machen und das war nur außerhalb des Sauerlandes möglich. So hat es mich nach Münster gezogen. Münster ist eine schöne Stadt und man spürt dort schon ein bisschen die Atmosphäre der großen, weiten Welt!
Sandra: Die Arbeitsmöglichkeiten in meinem Traumberuf waren damals im Sauerland begrenzt, es hat mich daher nach Düsseldorf gezogen. Ich wollte unbedingt etwas Kreatives lernen. Ich wäre gerne im Sauerland geblieben, aber es bot sich damals nichts Passendes an.
Lisa: Meine Ausbildung als Grafik-Designerin habe ich im Sauerland absolviert, danach wollte ich aber unbedingt mal weg. Zwei Jahre nach der Ausbildung habe ich den nächsten Schritt gemacht und ein Studium in Düsseldorf begonnen. Zusammen mit meinem Freund, meinem heutigen Mann, sind wir vom Sauerland nach Düsseldorf und später nach Köln gezogen.
„Mit 18, 19 Jahren will man in die Welt hinaus. Da wird einem das Sauerland zu klein!“
Gründe für eine Heimkehr ins Sauerland
Das Leben in der Stadt ist für junge Menschen ohne Zweifel reizvoll. Was aber gibt den Anstoß, was sind die wesentlichen Gründe, doch wieder zurück ins Sauerland zu ziehen?

Im Interview: Karin Gottfried-Triphaus, Sandra Schmitt und Lisa Masur


Lisa: Die Familie. Wenn Kinder da sind, ist zum Beispiel die Nähe zu Oma und Opa ganz schön und angenehm. Und die Immobilienpreise in der Stadt lassen es einfach nicht zu, dort etwas Geeignetes und überhaupt Bezahlbares für eine Familie mit kleinen Kindern zu finden. Wenn man die Kinder einigermaßen stressfrei großziehen möchte, ist das Sauerland schon eine Oase. Aber der Weggang aus der Stadt fühlte sich am Anfang wie ein Rückschritt an.
Sandra: Die kulturellen und sonstigen Angebote in der Stadt, die immer wieder als Vorteile des Lebens in der Stadt genannt werden, habe ich kaum wahrgenommen. Und dann stehen die Kosten für Wohnung und Lebensunterhalt in keinem Verhältnis zu dem vermeintlichen Vorteil der Angebote. Ein Kino gibt es auch in Winterberg und viele andere Angebote habe ich ebenfalls vor der Haustür. Dazu ein Sportangebot, das seinesgleichen sucht. Die Nähe zur Familie war auch ausschlaggebend. Jetzt bin ich wieder ein Teil der Familie.
Karin: Hätte mir jemand vor vier Jahren gesagt, dass ich wieder zurück ins Sauerland gehe, hätte ich ihm wohl einen Vogel gezeigt. Doch mit den Kindern hat sich die Meinung geändert. Stadt ist gut, aber kein guter Platz für Kinder. Auch das Abwägen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die Kosten für Haus, Lebensunterhalt, Nebenkosten und Kinderbetreuung haben den Ausschlag gegeben, den Ruf aus der Heimat anzunehmen. Mein Mann hat jetzt den passenden Job und ich hoffe, für mich gibt es auch bald eine gute Beschäftigung im PR-Bereich.
„Das Wissen über die Berufsfelder – gerade für Frauen und deren Berufswünsche – könnte verbessert werden.“
Was müsste nach eurer Meinung geschehen, um das Sauerland noch attraktiver für Heimkehrerinnen und Heimkehrer zu machen?
Karin: Gerade für Frauen müsste das Sauerland attraktiver dargestellt werden. Wenn der Mann einen Job hat, sucht auch die Frau nach einer passenden Stelle. Es sind auch Jobs für Mütter gefragt. Junge Frauen wollen ihre Talente und Fähigkeiten in geeigneten Jobs einbringen. Das Sauerland muss sich selbstbewusst darstellen. Man möchte schließlich stolz sein auf die Region, in der man lebt und arbeitet. Es fehlen meiner Meinung nach Webportale, auf denen das kulturelle, sportliche und gesellschaftliche Angebot im ganzen Sauerland zu finden ist. Schöne Merchandising-Artikel, die das Sauerland präsentieren, sind auch immer eine gute Möglichkeit für die Darstellung einer attraktiven Region.
Sandra: Ich wohne im tollen Winterberg. Ich kann jeden Tag Party machen, wenn ich möchte. Ich habe alles, was ich mir wünsche und was ich brauche. Gut wären meiner Meinung nach Informationsmöglichkeiten für das ganze Sauerland, um zu sehen, wo etwas los ist. Früher gab es mal das Nachtflug-Magazin, da wusste man immer, wo es Partys und Feten gibt.
Lisa: Die Arbeitgeber müssen meiner Meinung nach Leistungen anbieten und kommunizieren, die gerade für uns Frauen wichtig sind: Kinderbetreuung, Betriebskindergarten, Elternzeit für Väter, Fitnessangebote, Home-Office und andere Angebote. Hiermit werden Arbeitgeber gerade für Frauen, die beruflich tätig sein wollen, interessanter.
Lisa Masur, 32, verheiratet, 2 Kinder – wohnt in Eslohe-Frielinghausen. Grafik-Designerin, hat nach der Ausbildung bei namhaften Werbeagenturen in Düsseldorf und Köln gearbeite. Seit 2014 lebt sie wieder im Sauerland, arbeitet jetzt in Teilzeit beim WOLL-Magazin.
Sandra Schmitt, 28, ledig – wohnt in Winterberg. Ausbildung als Kauffrau für Marktkommunikation in Düsseldorf, hat dann dort bei einem Handelsunternehmen im Marketing gearbeitet, ist seit 2015 wieder im Sauerland – Projektleiterin der Initiative Heimvorteil HSK.
Karin Gottfried-Triphaus, 35, verheiratet, 2 Kinder – wohnt in Velmede-Bestwig. Hat in Münster Kommunikationswissenschaften studiert, dann in Hamburg und Hannover als PR-Fachfrau gearbeitet, ist seit Sommer 2016 wieder zurück im Sauerland.