Wenn ein Sauerländer einen Preis bekommt…

Es war schon ein besonderer Tag, der 27. Oktober dieses Jahres. Auf dem Kulturgut Haus Nottbeck, dem Museum für Westfälische Literatur in Oelde-Stromberg, erhielt der Esloher Peter Bürger den nur alle zwei Jahre vergebenen Rottendorf-Preis für niederdeutsche Sprache. WOLL berichtet vom Tag der Preisverleihung und veröffentlicht an dieser Stelle auszugsweise einige Passagen aus dem Grußwort von Werner Beckmann, der Laudatio von Prof Dr. Walter Gödden von der LWL-Literaturkommission für Westfalen in Münster und den Worten des Preisträgers selbst.

Peter Bürger und Bildhauer Johannes Dröge aus Sundern

Peter Bürger und Bildhauer Johannes Dröge aus Sundern


Angespannt und unruhig suchte der Preisträger in den Minuten vor Beginn der Laudatio und Preisverleihung die sichere Nähe und den beruhigenden Schutz der anwesenden Familienmitglieder und Freunde aus der sauerländischen Heimat sowie guter Freunde. „Es gab überraschende Teilnahmen von Freunden, die mich riesig gefreut haben, so von dem ostfriesischen Mundartautor Carl-Heinz Dirks und seiner Frau Marie-Anne. Oder von Johannes Dröge, dem Bildhauer aus Sundern, der ein Vetter meiner Mutter ist, gut Platt spricht, und mit dem ich herzlich verbunden bin. Sie alle waren ebenso wie mein Zwillingsbruder Paul und Verwandte, wie Werner Beckmann, Bürgermeister Stephan Kersting und viele weitere Esloher Freunde, ein großer Rückhalt, bei dieser Preisverleihung“, so Peter Bürger nach der Veranstaltung.
Marie-Anne und Carl-Heinz Dirks mit Peter Bürger.

Marie-Anne und Carl-Heinz Dirks mit Peter Bürger.


Bildhauser Johannes Dröge aus Sundern ist herzlich mit Peter Bürger verbunden.

Bildhauser Johannes Dröge aus Sundern ist herzlich mit Peter Bürger verbunden.


Was da so im Sauerland passiert
Prof. Dr. Walter Gödden stellte in seiner Laudatio das umfangreiche und vielseitige Wirken von Peter Bürger in den Mittelpunkt.

Prof. Dr. Walter Gödden stellte in seiner Laudatio das umfangreiche und vielseitige Wirken von Peter Bürger in den Mittelpunkt.


Prof. Dr. Walter Gödden , Geschäftsführer der LWL Literaturkommission für Westfalen in Münster stellte in seiner Laudatio unter dem Titel „Leutegut und Leuteleben“ das außerordentlich umfangreiche und vielseitige Wirken von Peter Bürger in den Mittelpunkt. „Ja und plötzlich war er da. Man nimmt das ja aus den Augenwinkeln irgendwie wahr – auch von Münster aus. Das, was da so im Sauerland passiert. Und man rieb sich verwundert die Augen. Peter Bürger, durchaus kein Name aus dem germanistischen Vereinsregister, sprich Uni-Forschungs-Literaturgesellschafts-Zusammenhängen, also vertrauten Kontexten. Vielmehr, meiner Wahrnehmung nach, die wohl nicht ganz falsch war, eher ein Quereinsteiger. Oder doch nicht? – Also den Blick durchaus öfter mal gen Süden gerichtet. Und geschaut und wieder geschaut und …gestaunt. Was passierte da plötzlich alles? Und mit welcher Schlagzahl? Ausrufezeichen! Drei Ausrufezeichen. Mindestens. Und welche Bandbreite! Als läge das alles mal so eben mundgerecht/mundartgerecht parat und müsste nur aufgeschrieben werden.“ Und mit Erstaunen verweist Gödden in Stichworten auf die Arbeit: Sauerländer Mundartforschung, Christine Koch, Mundartarchiv im DampfLandLeute-MUSEUM ESLOHE, Leben der „kleinen Leute“, Diskussionen über Straßenname – und, und und. Prof. Dr. Walter Gödden wörtlich: „Welcher Mut, welche Courage. Kein Eisen zu heiß, um nicht angepackt zu werden, kein Materialberg zu hoch, um ihn nicht zu erklimmen. …. Hier flackerte kein kurzzeitiges Strohfeuer auf. Nein, hier wurden ganz neue Fundamente gelegt. Höchst solide. Quellenkundlich abgesicherte. Basisarbeit, Kärnerarbeit im ureigentlichen Sinn.“
Freunde und Förderer der niederdeutschen Srache wohnten dem Festakt auf dem Kultugut Nottbeck bei.

Freunde und Förderer der niederdeutschen Srache wohnten dem Festakt auf dem Kultugut Nottbeck bei.


„Das alles wurde“, so der LWL-Geschäftsführer, „schon von anderer Seite gewürdigt und belobigt.“ Prof. Walter Gödden nannte den 2010 an Peter Bürger verliehenen Preis für Landeskunde und den 2014 verliehenen Johann-Saß-Preis der Vereinigung „Bevensen Tagung“, auf der seinerzeit Robert Langhanke eine viel beachtete Laudatio hielt, in der das Wirken von Peter Bürger ausführlich und nachhaltig gewürdigt wurde. (Text der Laudatio 2014 im Anschluss an diesen Bericht).
Zum Abschluss seines Vortrages meinte der Literaturprofessor: „Das Schöne an Peter Bürgers Forschungen ist also: Sie sind weder abseitig noch nostalgisch und erst recht nicht eskapistisch. Sie sind motiviert von der „Verantwortung und Sorge um das Überlieferte: um Sprache und das, was man in ihr sagen kann und gesagt hat. Weltaneignung und Weltorientierung durch Sprache. Das sauerländische Platt gehört als ein immaterieller Wert zu dieser Landschaft. Peter Bürger hat gezeigt, dass es mehr ist als eine folkloristische Ranke. Danken wir es ihm“ (Zitat von Siegfried Kessemeier).“
Pater Klein überreicht Peter Bürger die Urkunde für die Verleihung des Rottendorf Preises an Peter Bürger

Landrat a.D. Franz-Josef Harbaum und Peter Bürger bei der Verleihung des Rottendorf Preises.


Und was sagt der Preisträger, was sagte Peter Bürger zu all den lobenden Worten?
„Weitere Danksagungen wären jetzt angesagt. Sehen Sie – und seht Ihr – es mir bitte nicht als Respektlosigkeit an oder als irgendeine Eskapade, dass ich keine Namen nenne. Es ist einfach nicht möglich, es ist nicht lösbar. Hinten im Saal steht das sauerländische Mundartliteratur-Lexikon „Im reypen Koren“. Darin ist bis 2010 dokumentiert, mit wie vielen Orten und mit wie vielen Menschen besonders seit 1994 in der zweiten Phase, nach Abschluss der Christine Koch-Editionsarbeit, sich Kontakte entwickelten, mit wie vielen Frauen und Männern da zusammengearbeitet worden ist, die ihre Schubladentexte gebracht haben, die ich besucht habe oder die nach Eslohe gekommen sind. Es sind so viele Mentoren, Helfer, Gewährsleute, es wären hunderte von Namen zu nennen. Und das ist hier nicht möglich, dann wäre meine Redezeit um. Und es wäre auch nicht angemessen, eine Liste herunterzuleiern. Ich werde noch einen Dankesbrief schreiben, in dem man erkennt, wie viele Autoren und andere Menschen im Sauerland das Projekt unterstützt haben. Ohne diese Menschen stände ich heute nicht hier. Denn: Es ist ein kommunikatives Unternehmen in drei Jahrzehnten seit 1987 gewesen.“
Peter Bürger bei seiner Dankesrede.

Peter Bürger bei seiner Dankesrede.


Was Du da machst, ist kein Quatsch
Im Nachgespräch ist es Peter Bürger doch wichtig, zwei Namen zu nennen, die seine Arbeit unterstützt haben: Rudolf Franzen, der als Esloher Museumsmacher die Mundartarbeit seit 1987 sofort und durchgehend unterstützt hat, auch durch eigene Recherchen, und Manfred Raffenberg aus Schmallenberg, der seit 1988 die Christine Koch-Ausgabe mit betreut hat und dann immer die Arbeit des Literaturprojektes begleitete. Und dann doch noch ein Name aus dem Munde von Peter Bürger: „Ich bin dankbar für alle Begleitung und Hilfe auf dem Weg. Frau Kessemeier, Ihren Namen nenne ich jetzt doch, weil Ihr Mann ein Mentor war, der gesagt hat: „Peter Bürger, was Du da machst, ist kein Quatsch, bleib da an der Stange.“
Peter Bürger bedankt sich bei Frau Kessmeier für die Unterstützung durch ihren Mann.

Barbara Graf, älteste Düsseldorfer Freundin Peter Bürgers, gratuliert zum Rottendorf-Preis


Werner Beckmann, Leiter des Mundartarchives Sauerland und regelmäßiger Kolumnist für Sauerländer Platt im WOLL-Magazin, hatte danach in seiner Gratulation noch ein bibelfestes Zitat für Peter Bürger parat: „Du bist Petrus, muss ich jetzt sagen, und auf diesem Felsen ist ein großes literarisches, unter anderem auch viel beachtetes plattdeutsches Werk entstanden.“
Dr. Werner Beckmann

Dr. Werner Beckmann


 
 
 
 
 
 
Hier der Link zum Archiv Sauerland Mundart (www.sauerlandmundart.de).