„10.000 Euro sind für mich gar nichts.“

Wenn aus Spiel Sucht wird
„Nur beistehen darf man nicht! Haben die Leute von der Spielothek mir gesagt, so hat das mit dem spielen angefangen“, erzählt eine Patientin aus der Johannesbad Fachklinik Hochsauerland in Bad Fredeburg. Hier werden Patienten mit Sucht- und Abhängigkeitserkrankungen behandelt. Von derzeit 180 Patienten werden 19 Patienten mit der Diagnose Spielsucht betreut. Hier handelt es sich vor allen Dingen um Automatenspieler. In der Glückspielindustrie ist die Nachfrage groß und somit werden immer mehr Menschen, auch Jugendliche, von der Glücksspielsucht betroffen. Allein in NRW gibt es 40.000 Glücksspielsüchtige und 40.000 die Probleme haben und auf dem Weg sind süchtig nach den Spielautomaten zu werden.
Dabei werden die Angehörigen oft vergessen. Auf jeden Patienten kann man drei bis vier Angehörige rechnen die oft genauso betroffen sind. Es kommt nicht selten vor, dass Spieler an die Altersvorsoge der Eltern oder an die Sparbücher der Kinder gehen um weiter spielen zu können und um den Einsatz zu erhöhen.
Bei den Patienten werden neben der Spielsucht oft auch andere Störungen festgestellt. Nikotin, Cannabis und Alkohol sind übliche Suchtstoffe die noch zusätzlich konsumiert werden. Außerdem haben die Spieler oft Depressionen oder Herzkreislaufstörungen. Wenn sie den ganzen Tag vor dem Autoamten sitzen, bewegen sie sich wenig und haben keine Zeit zu kochen oder sich zu bewegen. Also gibt es schnelles, ungesundes Essen auf die Hand. Außerdem werden durch den Aufenthalt in den Spielotheken Menschen gemieden, man spielt für sich alleine, macht keine großen Bekanntschaften und isoliert sich immer mehr von der Außenwelt.
„Oft fängt die Spielsucht mit einem Gewinn an“, sagt Dr. med. Jens Schneider, Chefarzt der Johannesbad Fachklinik Hochsauerlandkreis. „Die Spieler fangen das spielen an und setzten ihren Einsatz immer höher, sie machen Verluste und wollen diese wieder ausgleichen. Also spielen sie weiter um den Gewinn wieder aufzuholen. Daraus entsteht ein Kreislauf und die Spieler kommen nur schwer aus diesem Kreislauf wieder raus“, so der Chefarzt.
80 % der Glücksspielsüchtigen sind Männer im Alter von 30 bis 35 Jahren. Die 20% der Spielsüchtigen Frauen sind im Schnitt 10 Jahre älter. Zwei Patientinnen der Fachklinik Hochsauerland haben über ihre Erlebnisse und ihren Einstieg in die Spielsucht erzählt. „Ich habe das Gefühl für Geld komplett verloren. 10.000 Euro waren für mich gar nichts“, sagt die Patienten die seit einigen Wochen zum dritten Mal in Behandlung ist. Auf die Frage, wie viel Geld sie in all den Jahren verspeilt hätte, meinte die Patientin: „Wir reden nicht über genaue Summen, aber mit Sicherheit zwei Familienhäuser und mehrere Autos.“ Sie war mehrmals in Behandlung und hatte immer wieder Rückfälle, sie weiß dass darunter das Verhältnis zu ihrer Familie und vor allem das Verhältnis zu ihren Kindern enorm gelitten hat. „Meine Kinder vertrauen mir nicht mehr, auch wenn sie es nie zugeben würden, aber ich weiß das.“ , sagt die 51 jährige Patientin.
Die zweite Patientin fing mit dem Glückspielen an, als sie 19 Jahre alt war. „Ich hatte einen Freundeskreis der hauptsächlich aus Jungs bestand und die wollten in die Spielothek gehen. Ich bin mitgegangen und die Mitarbeiter der Spielothek meinten: Nur beistehen darf man nicht! So hat das dann mit dem spielen angefangen“, erzählt die junge Mutter. Nach ihrem ersten Besuch in der Spielhalle folgte gleich der zweite und der dritte Besuch und ihre Einsätze wurden immer höher. Das Geld nahm sie von ihrem Sparbuch. Als sie ihr Sparbuch verspielt hatte, ging sie immer weiter ins minus. Die Eltern wurden aufmerksam und die 19 Jährige mussten ihnen beichten, dass sie ihr gesamtes Ersparnis in der Spielhalle verspielt hatte. „Für mich war das wie eine Scheinwelt. Manchmal habe ich mir einen anderen Namen und einen anderen Beruf ausgedacht.“, erzählt die Patientin.
Diese Scheinwelt ist für viele Spielsüchtige, die oft unter einer Persönlichkeitsstörung leiden viel interessanter und aufregender als das triste graue Leben das sie führen. Sie flüchten in die Spielhallen und befinden sich in einem Kreislauf aus dem sie nur schwer wieder raus finden. Die zwei Frauen sind beide in Behandlung und fühlen sich in der Johannesbad Fachklinik Hochsauerland wohl und wollen alles dafür geben, aus diesem Kreislauf wieder aus zu brechen.