Peter Baumhoff sammelt Spielzeug aus längst vergangenen Zeiten

WOLL Sauerland Baumhoff

Von altem Spielzeug geht ein ganz besonderer Reiz aus. Was uns heute digital geboten wird, diese ganze virtuelle Welt, reizt uns zumeist nur über die Augen. Früher musste es auch für die Hände geschaffen werden. Besonders gefragt waren dabei kleine mechanische Meister-werke, in denen ein aufziehbares Uhrwerk für ein möglichst raffiniertes Eigenleben sorgen sollte. Autos aus Blech fuhren eine Acht wie von Geisterhand, Katzen tollten rasselnd ihrem Ball hinterher, Dampfmaschinen betrieben einen Generator und ließen sensationell eine echte Glühbirne im Spielzimmer aufleuchten.
Peter Baumhoff aus dem Röllecken im unteren Repetal hat sich die Faszination für diese Präzisionswerke im Westentaschenformat bis heute bewahrt. Der Schlossermeister war auch als Kind schon begeistert von allen Arten der Mobilität, schließlich betrieb sein Vater Karl bereits in den Vierziger Jahren ein Fuhrgeschäft, zuerst noch auf einem Mercedes-LKW mit einem Ungetüm von Holzvergaser. Den Fahrtwind hatten die Jungs also schon früh um die Nase, und gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder Karl jun. drehte Steppke Peter schon in den frühen Sechzigern im alten Lloyd mit abgeschnittenem Dach seine knatternden Runden im aufgelassenen Steinbruch hinter dem elterlichen Betrieb.
Ganz früh heiratete er seine Frau Brigitte, mit der er nun bald schon Goldene Hochzeit feiern darf. Mit 21 wurde der Meistertitel erworben, mit 22 war er selbstständig und drei Töchter wurden auch geboren. Und endlich war auch wieder etwas Zeit übrig für das Hobby. Mit Mine-ralien hatte es einst angefangen, die er als Kind schon in den Felsen des Repetals gefunden hatte. Schließlich erwachsen, durften es dann rare Tropfen sein – eine Sammlung von Whisky-Raritäten, wenn möglich aus den kleinsten Destillen in den letzten Winkeln der schottischen Highlands. Irgendwann aber kaufte er ein Urviech von Traktor, einen Lanz Bulldog mit Glühkopf und die Formate der Leidenschaft nahmen andere Dimensionen an …


Schließlich war eine große Traktoren-Sammlung daraus geworden – aber die tonnenschweren Ungetüme sind halt nix für die Westentasche. Und weil Schlossermeister üblicherweise sehr praktisch denkende Menschen sind, verkleinerte Peter Baumhoff rechtzeitig die Sammlerformate auf handliche Ausführungen, bevor es zu sehr in Rücken und Gelenken zwickte. Die meisten seiner penibel restaurierten Traktoren stehen heute in einem Museum am Bodensee. Und als der letzte abtransportiert worden war, erschlossen sich dem Sammlerherz ganz neue Möglichkeiten. Plötzlich gab es Raum genug für ein paar leckere Vitrinen!
Blechspielzeug hat in Deutschland eine große Tradition. Das Zentrum dieser blühenden Industrie von einst lag in Nürnberg, wo auch heute noch die alljährliche Spielzeugmesse an diese Glanzzeiten erinnert. Märklin, Distler, Bing und Bub, Arnold, Schuco, Gama, Güso und Wilesco: Er spricht die alten Traditionsnamen aus mit jenem leichten Zungenschnalzen, das man nur bei echten Sammlern zu hören bekommt, wenn man ganz genau die Ohren spitzt. Und dann geht es an die Vitrinen. Gemeinsam mit seinem Bruder Karl detektiert er über alle erreichbaren Sammlermärkte, immer auf der Suche nach dem richtigen Stück für die letzten Parklücken, die noch frei sind. Einen großen Raum nehmen dabei – wen soll´s wundern – Nutzfahrzeuge und Traktoren ein. „Ich mag es, wenn sie nicht perfekt sind. Wenn man was dran reparieren muss, bevor es wieder geht“, und Peter Baumhoff nimmt vorsichtig eine kleine Achterbahn in Betrieb. Ein vorsichtiger Dreh mit dem Uhrenschlüssel, und im lithografierten Gehäuse fängt es an zu rascheln und zu klappern, dann macht sich eine Lore mit zwei Figuren im Aufzug auf den Weg nach oben, legt nach dreißig Zentimetern Fahrt einen Hebel automatisch um, und die Fuhre rauscht durch die Kurven der Bahn mit Schwung wieder nach unten. Man kann es ahnen, wie dieses grüne Ding vor vielleicht neunzig Jahren einen Freudenschrei unterm Weihnachtsbaum verursacht hat. Und ahnen kann man ebenfalls, dass Peter Baumhoff genau weiß, wie sich dieses kleine Glück wohl angefühlt haben dürfte.

von A. Gandras [Text/Fotos]

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