Das weiße Gold vom Elberskamp

WOLL Sauerland - „Klettern ist einfach ein Abenteuer.“ Fritz Blach in seinem Element.

„Klettern ist einfach ein Abenteuer.“ Fritz Blach in seinem Element.


Sportklettern und Bergsteigen? Da denkt der Sauerländer vermutlich zunächst an die Zugspitze, die Alpen und beeindruckende Bilder vom Mount Everest. An Reinhold Messner und die Huber-Brüder. Doch auch im Kreis Olpe wächst die Zahl derer, die sich mit Begeisterung selbst daranbegeben, steile Felswände zu erklimmen.
Zwischen Attendorn und Finnentrop und unmittelbar nach der Abzweigung in Richtung Dünschede ragt sie zur Linken weit sichtbar hervor, die mächtige Wand aus Fels und Stein. Hier am Unteren Elberskamp im gleichnamigen Industriegebiet der Gemeinde Finnentrop in der Nähe von Heggen finden Klettersportler aus dem Kreis Olpe ein wahres Paradies für ihr beeindruckendes Hobby.
WOLL Sauerland - Frank Burghaus aus Neu-Listernohl entdeckte vor vier Jahren das Sportklettern für sich.

Frank Burghaus aus Neu-Listernohl entdeckte vor vier Jahren das Sportklettern für sich.


So wie Frank Burghaus (36), Christian Rüsche (37), Anke Reinitz (41), Simone Krause (39), Jana Willeke (24) und Marco Sonnenberg (25). Mit diesen Kletterfreunden aus Attendorn, Lennestadt und Finnentrop bin ich an einem der lauschigen Abende dieses Sommers zusammen mit unserem Fotografen Björn Bernhardt verabredet. Und der beweist direkt Mut. Trotz seiner Höhenangst findet Björn mit Hilfe der erfahrenen Kletterer den Weg bis fast nach ganz oben. 28 Meter über dem Boden wird unser Foto-Profi mit einer Bandschlinge und einem Karabiner am Fels gesichert, damit er die spektakulären Bilder, die wir unseren Lesern in dieser Ausgabe präsentieren, schießen kann.
„Fantastische Aussicht“, strahlt Björn uns stolz von oben an. Das entlockt Frank Burghaus ein Lächeln: „Sag ich doch immer.“ Erst vor drei Jahren entdeckte der Neu-Listernohler das Sportklettern für sich, nachdem er schon viele Jahre zuvor beim Alpinklettern und Bergsteigen in den Alpen erste Felskontakte hatte.
Der Unterschied zwischen Bergsteigen und Sportklettern? Beim Bergsteigen besteht das Ziel darin, den Gipfel zu erreichen. Die Verfeinerung der Technik am Fels und das Bezwingen des nächsthöheren Schwierigkeitsgrades sind es, die den Sportkletterer motivieren, hoch hinaus zu klettern. Während der Bergsteiger ganz anderen Gefahren ausgesetzt und abhängig von Wetter, Gletscherspalten und Lawinen ist, geht der Sportkletterer seinem Hobby sozusagen in „Ein-Seil-Länge“ an. Kurz gesagt: Der Sportkletterer steht am Boden, klettert an einen bestimmten Punkt und seilt sich dann wieder ab.
WOLL SAuerland - Sichtlich Spaß bei dem spektakulären Fotoshooting mit Björn Bernhardt hatten (v. l.): Marco Sonnenberg, Jana Willeke, Anke Reinitz, Christian Rüsche und Frank Burghaus.

Sichtlich Spaß bei dem spektakulären Fotoshooting mit Björn Bernhardt hatten (v. l.): Marco Sonnenberg, Jana Willeke, Anke Reinitz, Christian Rüsche und Frank Burghaus.


Beim Sportklettern geht es dabei nur selten um einen Wettkampf unter Gleichgesinnten. Also alleine gegen die Wand? „Nein, mit der Wand, vor der man allezeit Respekt haben sollte“, so Frank Burghaus. Und allein schon mal gar nicht. Zusammen mit dem Attendorner Christian Rüsche bildet er heute eine der drei Seilschaften. Schon hier wird deutlich, worauf jeder Klettersportler vertraut. Auf gutes Material und einen Partner, der ihn sichert.
Blindes Vertrauen also. Auch für Jana ist dies das „A und O“ beim Sportklettern. „Beim Klettern blende ich aus, wie hoch ich eigentlich schon über dem Boden bin, denn ich weiß ja, dass mich mein Partner sichert.“
Bei einem Abrutschen am Fels ist durch das Sichern von unten so gewährleistet, dass es höchstens ein kurzes Stück, aber jederzeit durch das Seil gesichert, abwärts gehen kann. „Das gibt mal ein paar blaue Flecken oder Abschürfungen an den Fingern“; auch Janas Partner Marco hat keine Angst, sich am Fels schwer zu verletzen. Beide lieben es, den höchsten Punkt an der Südwand am Elberskamp, der ungefähr bei 34 Metern liegt, Stück für Stück und Haken für Haken mit ihren eigenen Händen und ihrem Seil zu erobern.
Dem stimmen Anke Reinitz, die bereits Erfahrungen beim Indoor-Klettern sammelte, und Simone Krause, die über Freunde zum Klettern kam, zu: „Die verschiedenen Sicherungsarten wie Vorstieg oder Nachstieg lernt man von den erfahrenen Kletterern, bei denen man abgucken kann. Dazu ist es sehr empfehlenswert, entsprechende Kurse zu besuchen, die regelmäßig angeboten werden.“
Über die teilweise martialischen oder kurisosen Namen der Routen am Unteren Elberskamp wie „Blutgemetzel“, „Elefantenrücken“ oder „Schmittchen Schleicher“, die im Übrigen von den Erstbezwingern einer Route vergeben werden, können die Kletterfreunde nur lächeln.
Klettern im Sauerland

Jeder Klettersportler vertraut auf gutes Material und auf einen Partner, der ihn sichert.


Was ist das Faszinierende am Sportklettern? Simone Krause und Anke Reinitz sprechen ihren Kletterkollegen aus dem Herzen: „Du wächst beim Klettern über Dich hinaus und gehst oft über physische und psychische Grenzen. Am Felsen sind wir in einer anderen Welt.“
Diese andere Welt scheint für Neueinsteiger auf den ersten Blick nicht ganz günstig. Für eine vernünftige Grundaus-stattung, zu der Gurte, Express-Sets (Zwischensicherungen), Seile, spezielle Schuhe, Karabiner, Sicherungsgerät und ein Helm gehören, können zwischen 300 und 1.000 Euro anfallen. Belohnt wird man jedoch schnell mit faszinierenden Erfahrungen. Und das Material hält sehr lange.
Nach so viel Theorie geht es für die Kletterfreunde dann zum Fotoshooting endlich an die Wand. Aber nicht, ohne sich vorher die Hände mit reichlich Chalk (Magnesium) einzureiben, um besseren Halt am Felsen zu haben. „Diese Kreide wird auch ,das weiße Gold vom Elberskamp‘ genannt“, schmunzelt Frank Burghaus.
Felskletteraktivitäten lassen sich zeitlich im Kreis Olpe auf den Beginn der 1980er- Jahre festlegen. Heimische Kletter-Legenden wie Hubert Fuhge, Tonis Halbe, der verstorbene Pepi Nusterer, H. Köster und Fritz Blach gründeten im SGV Olpe eine Klettergruppe, um ihrem Hobby in den Heggener Steinbrüchen, in der Hohen Ley und am Unteren Elberskamp offiziell nachgehen zu können. Waren es Naturschutzgründe, die den Fels an der Hohen Ley in den 1990er-Jahren für Kletterer zur Tabuzone werden ließen, führte die Brüchigkeit der Felswände im Unteren Elberskamp dazu, dass die Anzahl der aktiven Klettersportler in der Region anfangs überschaubar blieb. Darüber hinaus sorgten die Schwierigkeiten der meisten Routen dafür, dass nur wahre Kletterexperten diese angehen konnten. Erst mit der Einführung und breiten Verwendung von Bohrhaken setzte die Wende ein. Durften sich die Klettersportler zuvor ausschließlich mit Seil und Steigklemme sichernd von oben nach unten am Fels bewegen, konnten seit Beginn der 1990er-Jahren die Kletterrouten nun im sportlich sauberen „Vorstiegsstil“ von unten nach oben angegangen werden.
Sichern ist das „A und O“ beim Sportklettern. Anke Reinitz macht es vor.

Sichern ist das „A und O“ beim Sportklettern. Anke Reinitz macht es vor.


Die damit einsetzende Popularität des Klettersports sorgte dafür, dass am Unteren Elberskamp heute über 60 Kletterrouten mit Bohrhaken eingerichtet sind. Verschiedene Schwierigkeitsstufen zwischen „2“ und maximal „10“ und die gerade am Wochenende sehr ruhige Lage über dem Industriegebiet sorgen für eine große Beliebtheit. So reisen mittlerweile Klettersportler aus dem gesamten Bundesgebiet zum Elberskamp. Mit einem Schwierigkeitsgrad von sage und schreibe „10+“ gehört die „Katharsis“-Route zu den anspruchsvollsten Kurzkletterrouten in ganz Deutschland. Darüber hinaus werden am „Elbi“, wie die Felswand am Unteren Elbers-kamp auch liebevoll genannt wird, immer wieder Kurse für Anfänger und Fortgeschrittene angeboten.
Hin und wieder wird auch an einigen weiteren Felsen in der Umgebung – sofern das Klettern dort mit dem Naturschutz in Einklang zu bringen ist – geklettert. So im „Borghauser Holz“ oder am „Scharpenbeul“ in der Nähe der Listertalsperre.
Ganz egal, wo geklettert wird: Das Gefühl, an der Wand im Einklang mit der Natur zu sein, die Erleichterung, wenn die Expresse in den nächsten Bohrhaken klickt, der Kick, der sich mit jedem Zentimeter Höhe einstellt, die Aussicht „von oben“ und das gute Gefühl, am Ende wieder festen Boden unter den Füßen zu haben, machen die Faszination des Klettersports aus. Fragen Sie mal unsere drei Seilschaften aus Attendorn, Lennestadt und Finnentrop. Und natürlich unseren mutigen Fotografen.
 
von Katja Schneider [Text], Katja Schneider und Björn Bernhardt [Foto]
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