Sauerländer bauen Rennstrecken auf der ganzen Welt

Johannes Hogrebe und sein Kollege Christian Epp aus Cancun/Mexiko auf dem Kurs in Austin/Texas.

Die Luft flimmert über der heißen Start- und Zielgeraden des „COTA“, des „Circuit of the Americas“ im texanischen Austin. Steil steigt das schwarze Asphaltband von dort den Hügel aufwärts, um sich auf dem Scheitelpunkt in einer Haarnadelkurve spektakulär wieder hinabzustürzen. In wenigen Wochen vom 31. Oktober bis 2. November 2013 wird hier der Formel-1-Grand-Prix-Zirkus erneut halt machen und Tausende begeistern.
Überall beginnen bereits die Vorbereitungen für dieses gigantische Spektakel, aber vor wenigen Jahren gehört die Rennstrecke auch irgendwie noch ihm: Johannes Hogrebe aus Attendorn stand mit seinem Kollegen Christian Epp aus dem mexikanischen Cancun in eben dieser Kurve, die von den Fahrern der Königsklassen im Motorsport mit Respekt und Vorfreude diskutiert wird.

hermann tilke

Hermann Tilke aus Olpe gründete 1983 sein erstes Büro in Aachen


Der aus Olpe stammende Hermann Tilke hat mit seinem Team von rund 350 Ingenieuren und Architekten die texanische Rennstrecke samt der meisten Bauten im Umfeld realisiert. Johannes Hogrebe leitet das Büro in Olpe, denn dem Sauerland ist Hermann Tilke treu geblieben, obwohl die Zentrale des 1983 gegründeten Unternehmens in Aachen liegt.
Die Brüder Heribert (=) und Ludwig Tilke hatten das Architekturbüro einst in der Kreisstadt gegründet. Heriberts Sohn Hermann ging an die TH nach Aachen, Ludwig und dessen Sohn Matthias sind als Tiefbauspezialisten in Olpe geblieben.
Der vom Motorsport begeisterte Hermann Tilke bekam irgendwann den ersten kleinen Auftrag am Nürburgring. Schnell ging es dann aufwärts, bis gemeinsam mit Kompagnon Peter Wahl bald ganze Rennstrecken konzipiert wurden. Den Auftakt machte 1996 der A1-Ring in der Steiermark; inzwischen sind es Dutzende Prestigeprojekte geworden, denn eine Formel-1-Rennstrecke ist immer auch ein internationales Aushängeschild für die austragende Nation. „Hier eine architektonische Lösung zu finden, die auf den ersten Blick etwas über die Identität des Ortes aussagt, das mag einer der Schlüssel zu unserem Erfolg sein“ – was Johannes Hogrebe mit einem Blick auf zahlreiche Fotografien erläutert. Das geht so weit, dass man in der Streckenführung des Shanghai International Circuit sogar ein chinesisches Schriftzeichen nachgezeichnet hat, das im Namen der asiatischen Mega-Metropole zu finden ist.
Aber auch all die anderen Tilke-Motodrome bieten so ihre ganz persönlichen Markenzeichen, wie Sepang in Malaysia, die Kurse von Bahrain, Istanbul und im italienischen Imola, die Strecken von Abu Dhabi, Japan, Korea, Indien oder im russischen Sotschi und noch einige mehr.
 Johannes Hogrebe und sein Kollege Christian Epp aus Cancun/Mexiko auf dem Kurs in Austin/Texas.

Johannes Hogrebe und sein Kollege Christian Epp aus Cancun/Mexiko auf dem Kurs in Austin/Texas.


Eine andere Spezialität des Unternehmens sind ganze Testzentren für die Automobilindustrie, mit Hochgeschwindigkeitskurs, Marterstrecken und allem, was benötigt wird, um neue Modelle möglichst wirklichkeitsnah standfest und zuverlässig zu entwickeln. „Wir bauen zum Beispiel Rundkurse ein, die so gerechnet sind, dass gefühlt eine ewige Gerade dabei herauskommt“, wie Hogrebe schmunzelnd von diesem dem Laien wie Hexenwerk erscheinenden Bauwerk erzählt. „Wir konstruieren eine räumliche Parabel, auf der man so in eine Steilkurve einfährt, dass sich die wirkenden Kräfte gegeneinander aufheben. Wenn man in dieser Kurve die Augen schließt, fährt man gefühlt genau gerade aus, obwohl man sich fast in der Steilwand befindet.“ Was schwer zu verstehen ist, zeigt er gern auf einem der zahlreichen großen Pläne, die allerdings nicht fotografiert werden können, da einige der Projekte unter Geheimhaltung stehen, wie zum Beispiel der neue Kurs für VW in China. Bei diesen Mammutprojekten ist neben der Erfahrung das Wichtigste die Kommunikation, um erfolgreich und vor allem pünktlich zum Ziel zu kommen.
In der Formel 1 gibt es kein „dann eben erst morgen“. Tilke betreibt dafür Büros in Manama/Bahrain, Abu Dhabi und Singapur, im mexikanischen Cancun, im kasachischen Almaty, in Neu Delhi, Baku/Aserbaidschan und natürlich in Aachen, Berlin – und Olpe.
Johannes Hogrebe ist seit 1993 mit an Bord; und man muss sich nicht wundern, dass er bis heute Spaß an seiner Arbeit hat, denn langweilig kann das wohl nicht werden. Und das nächste Projekt? „Wir entwickeln gerade einen Stadtkurs in New York, direkt an den Ufern des East River.“ Hogrebe lächelt verschmitzt. „Da gibt es dann auch ein schönes neues Tilke-Büro, mit direktem Blick von oben auf die Start- und Zielgerade.“
Das Olper Team von „Tilke Ingenieure und Architekten“: Vorne Kerstin Breidebach und Ming Cheng, dahinter von links: Christopher Schulte, Henning Meser und Johannes Hogrebe, Frederik Schmidt, Thomas Welfens und Paul Burghaus. Es fehlen Irene Merklinger und Hubert Ohm.

Das Olper Team von „Tilke Ingenieure und Architekten“: Vorne Kerstin Breidebach und Ming Cheng, dahinter von links: Christopher Schulte, Henning Meser und Johannes Hogrebe, Frederik Schmidt, Thomas Welfens und Paul Burghaus. Es fehlen Irene Merklinger und Hubert Ohm.


 
von Achim Gandras [Text/Foto], Tilke GmbH [Fotos]
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